Bad Oeynhausen. Mit deftigen Worten begründen Umwelt- und Naturschutzverbände aus Ostwestfalen-Lippe und dem Raum Hannover den Ausstieg aus dem Planungsprozess der ICE-Trasse "Hannover-Bielefeld". Das Bundesverkehrsministerium habe in dem Spitzengespräch in Berlin keine der Forderungen erfüllt und damit auch die Gelegenheit verpasst, die zugeschlagene Tür zum Planungsdialog wieder zu öffnen. Die Verbände werfen dem Bahn-Beauftragten der Bundesregierung, Staatssekretär Michael Theurer (FDP), "dogmatisches Festhalten" an der Planungsvorgabe von 31 Minuten Fahrzeit vor. Die ICE-Trassenpläne der Bahn nennen die Naturschützer ein "umweltschädliches Prestigeprojekt".
Jürgen Birtsch und Eva von Löbbecke haben die Erklärung im Namen der Umweltverbände aus NRW und Niedersachsen verfasst. Sie sehen keine Möglichkeiten, den bestandsnahen Ausbau der Bahntrasse im weiteren Planungsverfahren zu prüfen und damit ihre Befürchtung bestätigt, "dass Belange der Region und des Natur- und Klimaschutzes hinter der auf dem Reißbrett getroffenen Minutenvorgabe zurückstehen sollen". Durch die Vorgaben des Ministeriums würden "wichtige Mittelzentren, deren Wirtschaft und ihre Bewohnern von attraktiven Bahnverbindungen abgehängt".
Die Naturschutzverbände aus NRW und Niedersachsen hätten sich seit dem Start des Planungsdialogs vor zwei Jahren "mit hohem Engagement und Fachexpertise" an den Diskussionen über "Raumwiderstände" oder zur "Methodik für den Variantenvergleich" beteiligt. Dabei machten sich die Verbände stets für einen transparenten, ergebnisoffenen Dialog auf Augenhöhe stark. Nun stellen Löbbecke und Birtsch fest: "Daran hat das Ministerium offenkundig kein Interesse."
Naturschützer fordern: Kurswechsel zur Klimabahn
Das Ergebnis dieser Politik sei eine Schwächung der Bahn. Der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Michael Theurer, habe im ZDF bestätigt, dass die Umsetzung des Deutschlandtaktes noch 50 Jahre dauert. Zugleich werde der Autobahnbau aber beschleunigt, kritisieren Löbbecke und Birtsch. "Für die Bahn bleiben einzelne umweltschädliche Prestigeprojekte, die dem Gesamtsystem nicht nützen und das Gebot der Verkehrswende zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels konterkarieren."
Auf diese Weise bekomme die Bahn kein robustes Netz und werde nicht zukunftsfähig. "Der Deutschlandtakt wird zum Fake", schreiben Löbbecke und Birtsch. Die Naturschutzverbände würden dafür "keine Zeit mehr verschwenden" und aus dem Planungsdialog aussteigen. "Es handelte sich zu keiner Zeit um einen ernsthaften Dialog. Wir möchten auch die DB einladen, die für die Eisenbahn schädliche Planung zu beenden und mit uns im eigenen Interesse für eine klimafreundliche Bahn zu streiten."
Die Naturschutzverbände kündigen an, sich weiter "für den natur- und klimaverträglichen Ausbau des Bahnnetzes" einzusetzen. Dafür fordern sie jedoch einen Paradigmenwechsel, "weg von der Planung einer Superhochgeschwindigkeitsstrecke hin zu einer energieeffizient schnellen und zuverlässigen Bahn" mit flächendeckendem Angebot. Der Deutschlandtakt müsse im Sinne des Klimaschutzes und der Mobilitätswende klimafreundlich neu gedacht werden. Im Verkehrssektor bedürfe es dazu eines sofortigen Kurswechsels. Statt Straßen müssten zwischen Ostwestfalen und Niedersachsen "kurzfristig wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit des Bahnverkehrs" verwirklicht werden, damit Güter und Menschen von der Straße auf die Schiene umsteigen.
Mehr Informationen zur ICE-Trasse "Hannover-Bielefeld" gibt es hier.