Nach Großbrand in Bad Oeynhausener Tischlerei: Neuanfang in der benachbarten Scheune

Bad Oeynhausen. Noch immer hängt in der Luft dezent der Geruch nach verbranntem Holz. Verkohlte Balken, von großer Hitze gezeichnete Maschinenreste und ein Dach, das den Blick auf den Himmel freigibt - die Tischlerei Grothe an der Bergkirchener Straße ist nur noch eine Ruine. Knapp vier Wochen nach dem Großbrand steht fest: Es geht weiter. "Wir produzieren bereits bei befreundeten Betrieben", sagt Inhaber Stefan Grothe. In den kommenden Wochen soll außerdem eine Scheune auf der gegenüberliegenden Straßenseite zum vorübergehenden Firmensitz werden. Es war am frühen Morgen des 17. Februar, als die Feuerwehr mit rund 100 Einsatzkräften nach Wulferdingsen ausrückte (die NW berichtete). Ein Nachbar hatte um 1.20 Uhr das Feuer bemerkt und die Rettungskräfte alarmiert. Nur wenige Minuten später wurde auch Friedhelm Grothe aus dem Schlaf gerissen. Er ist zusammen mit seinem Cousin Inhaber der alteingesessenen Tischlerei und glaubte zuerst an einen Scherz, als der Nachbar ihn über den Brand informierte. Es war aber bittere Realität, was die Beiden des Nachts mit ansehen mussten. Die Tischlerei, schon bei Eintreffen der Feuerwehr im Vollbrand, war nicht mehr zu retten. Lediglich das alte Bürogebäude steht noch. Totalschaden laute die erste Einschätzung des Versicherungsgutachters, erklärt Stefan Grothe. Wie hoch der Schaden ist - das werde derzeit ausgewertet. "Die Schätzungen der Polizei mit mehreren Hunderttausend Euro aber sind zu niedrig", ist Grothe überzeugt. Er geht eher davon aus, dass der Schaden in die Millionen geht. Denn nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch zahlreiche Maschinen, Werkzeuge und Möbel fielen den Flammen zum Opfer. "Das ist ersetzbar", sagt Grothe. "Zum Glück ist kein Mensch zu Schaden gekommen." Server und Dateien nach dem Brand gerettet Für Stefan Grothe und seinen Cousin stand noch in der Brandnacht fest: "Wir machen weiter." Nach dem Ende der Löscharbeiten hätten sie am gleichen Tag Unterlagen aus dem Bürotrakt bergen können. "Wir haben den Server, Dateien und Notizen gerettet. Das ist viel wert." Telefon und E-Mail funktionieren bereits wieder, erste Kundenanfragen trudeln ein. Auch wenn es auf den ersten Blick scheint, als sei das alte Firmengebäude im Untergeschoss verschont geblieben, musste Grothe ins Homeoffice ausweichen. "Durch das Löschwasser ist auch in der unteren Etage nichts mehr zu nutzen." Wann und wie viel die Versicherung zahlt, das wird sich in den kommenden Wochen zeigen. "Wir sind auf jeden Fall gut abgesichert", ist Stefan Grothe zuversichtlich. Ein technischer Defekt, so die Erkenntnisse der Polizei, hat offenbar für das nächtliche Feuer gesorgt. "Wenn das tagsüber passiert wäre", sagt Grothe, "dann wäre es nicht so ausgegangen." Dann wäre der Brand schnell gelöscht gewesen. "Hier standen überall Feuerlöscher in der Werkstatt." Die sind genauso verbrannt, wie nahezu fertige Küchen und Möbel der Kunden. Letztere zeigen Verständnis. "Wir haben mit allen Kunden gesprochen und angeboten, neu zu fertigen." Ein Angebot, das gerne angenommen wurde. Seit vergangener Woche Montag läuft bereits die Produktion in einem befreundeten Unternehmen. "Das ist sensationell", findet Stefan Grothe, der voll des Lobes ist. Für das Unternehmen und seine eigenen sechs Leute. "Wir waren immer wie eine große Familie - was sich jetzt auszahlt." Alle packten mit an. Die alte Scheune wird zur Übergangs-Produktion Ein Nebengebäude der Tischlerei Grothe, die es seit gut 127 Jahren gibt und die für hochwertige Holzmöbel bekannt ist, liegt auf der anderen Seite der Straße Wolferdingsen und hat den Brand - genauso wie davor geparkte Firmenwagen - unbeschadet überstanden. Die einstige Scheune wurde bisher für kleine Zusammenbauten oder für Lackierarbeiten genutzt. "Das wird jetzt unsere neue Produktion", erklärt Stefan Grothe. "Wir stehen somit nicht komplett vor dem Nichts." Das Ausweichquartier soll aber ein vorübergehendes bleiben. Solange, bis der Neubau an alter Stelle steht. Dort wird die Brandruine vermutlich in den nächsten Monaten abgetragen: "Ich denke, in vier bis sechs Monaten können wir überlegen, was auf dem Gelände passieren und wie die neue Firma aussehen soll", schätzt Innenarchitekt Grothe. Die soll auf jeden Fall Flair haben. Wie die alten Gebäude. "Bei uns sah es auch aus wie in einer Werkstatt, roch nach Holz und war keine sterile Fertigung." In Bad Oeynhausen waren die Cousins Grothe – Tischlermeister Friedhelm und Innenarchitekt Stefan -, die den Familienbetrieb in vierter Generation führen, unter anderem für die Ausstattung des Theaterfoyers, die Garderoben und Toiletten verantwortlich. Auch wenn derzeit einiges an Handwerkszeug fehlt, Hammer, Kneifzangen oder Stichsägen verbrannt sind und neu bestellt wurden - Stefan Grothe bleibt ein Optimist. Das war er immer schon, blickt lieber nach vorn, statt zurück. "Das kommt mir jetzt zu Gute", sagt er schmunzelnd. Denn es sei nun mal, wie es sei. "Natürlich haben wir uns das hier nicht gewünscht, das ist alles mehr als ärgerlich. Aber es ist nicht zu ändern. Also bleibt nur, guten Mutes zu sein." Denn es müsse schließlich weitergehen. Auch für die Mitarbeiter, die alle seit der Ausbildung bei ihnen seien.

Meistgelesen