Gewaltbereite Jugendbande: Bad Oeynhausener verabreden sich im Internet zu Schlägereien

Bad Oeynhausen. Am Schulzentrum Nord hat es am Donnerstag einen erneuten Polizeieinsatz gegeben. Kurz vor 14 Uhr sei eine Auseinandersetzung zweier Schüler am Busparkplatz gemeldet worden, teilte die Polizei auf Anfrage der NW mit. "Dabei konnten die Streithähne von einem Lehrer getrennt werden. Ein 12-Jähriger wurde leicht verletzt. Er wollte sich mit seinem Vater selbst in ärztliche Behandlung begeben. Gegen einen 14-Jährigen fertigten unsere Beamten eine Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung", so Polizeisprecher Nils Schröder. Der 14-jährige Bad Oeynhausener habe zudem "eine Gefährderansprache" erhalten. Mindestens seit Herbst 2022 verbreitet eine Bande von sechs bis zehn Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren - wie berichtet - Angst und Schrecken im Stadtgebiet. Die Jugendlichen dieser Gruppe, die zum Teil noch nicht strafmündig sind, zeichnen für zahlreiche Straftaten von der Sachbeschädigung über Ladendiebstahl bis hin zu Körperverletzungen verantwortlich. Die Namen der Jugendlichen sind sowohl den Schulen, dem Jugendamt als auch der Polizei bekannt. Massive Bedrohungslage für einen Schüler und seine Freunde "Das ist ein richtig großes Fass. Die Jugendlichen verabreden sich auf Instagram zu Schlägereien, die werden dann gefilmt und hochgeladen", weiß Ulrike Credo, Leiterin der Realschule Nord. "Wir haben das bei der Polizei angezeigt." Auch den Eingang dieser Anzeige bestätigte die Polizei am Freitag. Die Schulleiterin hat davon Kenntnis, weil auch Schüler ihrer Schule von der Jugendbande bedroht und verprügelt worden sind. "Für einen unserer Zehntklässler und seine Freunde gibt es seit Längerem eine massive Bedrohungslage", fügt sie hinzu. Dem habe die Bande bereits aufgelauert und er sei mit einem Messer bedroht worden. "Heute Morgen wurde einem unserer Schüler das Handy gestohlen", sagte Ulrike Credo am Freitag im Gespräch mit der NW. Etliche aus dieser Bande gingen zur benachbarten Europaschule, so Credo. Oder seien bereits der Schule verwiesen worden und würden den Schulbesuch verweigern. Aber auch eine 14-jährige Schülerin der Realschule gehöre zu dieser kriminellen Bande. Die hatte - wie berichtet - vor gut zwei Wochen eine gleichaltrige Schülerin der Europaschule so heftig attackiert, dass diese im Krankenhaus behandelt werden musste. Realschule Nord verstärkt die Aufsicht am Bushalteplatz Die Tatorte, an denen die Bande agiert, sind über das Stadtgebiet verteilt - die meisten Auseinandersetzungen finden am Bushalteplatz am Schulzentrum Nord und am ZOB in der Innenstadt statt. Diese beiden Orte werden zwar regelmäßig von der Polizei angefahren. Aber die Jugendlichen bewegen sich nach NW-Informationen zwischen den beiden Schulzentren und dem ZOB hin und her. Um auf dem Bushalteplatz am Schulzentrum Nord die Sicherheit für Schüler zu erhöhen, will die Realschule Nord dort ab sofort die Aufsicht verstärken. "Dann werden wir die Aufsicht in Doppelbesetzung fahren", kündigt Credo. Das soll zum einen die Situation für die Schüler verbessern, aber auch die der Aufsicht führenden Lehrkräfte. Denn: Auch für die Lehrer gab es bereits brenzlige Situationen. "Eigentlich müsste es am Bushalteplatz eine dauerhafte Aufsicht geben und auf dem Schulzentrumsgelände ein niederschwelliges Angebot für herumstromernde Schüler", fordert Ulrich Credo. "Denn wir sind am Ende unserer Kapazitäten angelangt." Bislang wechseln sich Lehrkräfte beider Schulen ab. Laut Polizei sind seit 1. Juni 2022 allein elf Strafverfahren bearbeitet worden, deren Vorfälle sich im Bereich der Europaschule ereignet haben. "Beteiligt waren hier meist Einzelpersonen im Alter von 10-15 Jahren. Die Deliktfelder waren Bedrohungen, Beleidigungen oder Körperverletzungen", teilt Schröder weiter mit. Bad Oeynhausener Gruppe kein Einzelfall im Kreisgebiet Die marodierende Jugendgruppe stellt im Kreisgebiet laut Polizei keinen Einzelfall dar. "Ähnliche Strafverfahren gibt es an nahezu allen Schulen des Kreisgebiets ab der 5. Klasse", so der Polizeisprecher weiter. Nach Einschätzung der Polizei handele es sich um eine typische Jugenddelinquenz. Übliche polizeiliche Maßnahmen bestünden zunächst darin, Kontakt mit der jeweiligen Schule aufzunehmen, um abzuklären, welche erzieherischen Maßnahmen wie Klassenkonferenz oder Abmahnung bereits erfolgt seien. Bei den Maßnahmen zur Schulwegsicherung seien von den Beamten keine Auffälligkeiten festgestellt worden. "Allerdings findet aus anderem Grund seitens unseres Bezirksdienstes seit mehreren Wochen eine verstärkte Präsenz an der gemeinsamen Bushaltestelle des Schulzentrums Nord statt. Anlass dafür ist das unachtsame und verkehrsgefährdende Verhalten von Schülerinnen und Schülern bei nahenden Bussen", teilte Schröder weiter mit. "Hinsichtlich der genannten Straftaten sind unsere Bezirksdienstbeamten von der Schulleitung der Europaschule nicht informiert worden", so der Polizeisprecher. In beiden Schulen, in der Europaschule wie auch in der Realschule Nord, finden regelmäßig Sprechstunden der Bezirksbeamten statt. "Dabei wurden unseren Bezirksdienstbeamten keine Hinweise auf die geschilderte Problematik gegeben. Es bestand lediglich Bedarf einzelner Lehrkräfte an einer Präventionsveranstaltung zum Thema Gewalt- und Drogenprävention", fügt der Polizeisprecher hinzu. Es habe aber in letzter Zeit Opferschutzgespräche mit Betroffenen gegeben. Angebote des Jugendamtes nur auf freiwilliger Basis Das Kommissariat für Kriminalprävention und Opferschutz bietet speziell für Schulen unterschiedliche Präventionsangebote an, deren Umsetzung nach Auskunft der Polizei in der Verantwortung der Schulen steht. Dabei handelt es sich um Veranstaltungen zu Sucht-, Drogen- und Gewaltprävention. Darin inbegriffen sind Inhalte zu Anti-Mobbing und Cybermobbing. Hinzu kommt die Ausbildung von Cyberscouts. Über die jugendlichen Straftaten - auch die von noch nicht strafmündigen Jugendlichen begangen wurden - informiert die Polizei das Jugendamt. Und das macht den Jugendlichen und deren Eltern dann Hilfsangebote. "Allerdings beruhen diese Angebote auf Freiwilligkeit", so Stadtsprecher Volker Müller-Ulrich auf Anfrage der NW. Zwingen, diese Angebote anzunehmen, könne das Jugendamt weder Jugendliche noch Eltern. Sanktionen zu verhängen, sei nicht Aufgabe des Jugendamtes. Dafür ist das Jugendgericht zuständig, sofern der Jugendliche strafmündig ist, also das 14. Lebensjahr erreicht hat. Komme es zu einem Strafverfahren, werde das Jugendamt aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. Darin werde auch aufgeführt, ob die Hilfsangebote angenommen wurden oder nicht. In vielen Städten gibt es für solche Fälle Sozialarbeiter oder -pädagogen, die als sogenannte Streetworker versuchen, an Brennpunkten mit den Jugendlichen in Kontakt zu kommen und so Einfluss zu nehmen. Mehr zum Thema: Gewaltbereite Jugendbande sorgt für massive Probleme in Bad Oeynhausen Jugendrichter in Sorge: Immer mehr kriminelle Kinder Polizei besorgt über zunehmende Straßenkriminalität in Bad Oeynhausen

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