Projekt sorgt für 15 neue Läden in der Bad Oeynhausener Innenstadt - einer schließt bald

Bad Oeynhausen. Elnaz Wittelmeyer machte den Auftakt. "Hatoon" heißt ihr Kurstadtladen in der oberen Klosterstraße, den sie im April 2021 eröffnet hat. Seitdem brummt das Geschäft. Auch, weil sich Wittelmeyer nicht nur auf ihr Ladenlokal beschränkt. Nur wenige Meter weiter liegt Kurstadtladen Nummer zwei, eröffnet im Mai 2021. "Lieblingsstücke" heißt das Geschäft von Nicola Höschele, deren Eröffnung sie nicht bereut hat. Sie macht weiter - auch wenn bald die Förderung ausläuft. Ganz anders geht es aber Elnaz Wittelmeyer. Dank eines Sofortprogrammes des Landes NRW konnte die Stadt mittels 191.414 Euro Förderung eröffnungswillige Einzelhändler in der Innenstadt unterstützen. Das Ziel: "Leerstände senken, Attraktivität erhöhen". Kurstadt mit Sonderstatus "Wir waren die ersten in der Region, die das Landesprojekt umgesetzt haben", erinnert sich Wirtschaftsförderer Patrick Zahn. Die Erwartungen waren niedrig. "Wir sind davon ausgegangen, maximal fünf Läden an den Start zu bekommen." Denn die Stadt hatte kein großes Netzwerk zu Eigentümern und Einzelhändlern. Inzwischen aber hat Bad Oeynhausen sogar Vorbildcharakter in OWL. Auch, weil die Wirtschaftsförderung es geschafft hat, inzwischen 15 Läden zu vermieten und zwei Pop-up-Stores auf Zeit initiierte. "Wir können gewisse Erfolge vorweisen, es funktioniert", sagt Zahn. Dabei hat die Kurstadt einen Sonderstatus: Während der Werre-Park Filialisten dominiert ist, gibt es in der Innenstadt noch eigentümerbetriebene Läden. 2021 haben erste Läden eröffnet Nach dem Förderbescheid Ende 2020, eröffneten im Frühjahr die ersten Kurstadtläden. Deren zwei Jahre Förderung sind bald um. Was Julia Lerich dazu bringt, über das Danach nachzudenken. Die Mitarbeiterin der Wirtschaftsförderung hat noch etwas Geld im Topf fürs dritte Jahr. "65.000 Euro sind noch vorhanden." Allerdings nur für neue Läden. "Für die anderen ist die Förderung nach zwei Jahren vorbei. Da ist auch keine Verlängerung möglich." Das Projekt endet am 31. Dezember dieses Jahres. Hoffentlich aber nicht auch die Zeit der Kurstadtläden. "Wir haben einige mit langfristigen Mietverträgen, über unsere Förderung hinausgehend", sagt Zahn. Glasfaser-Anbieter Greenfiber zum Beispiel. Oder das neue Restaurant Stadtglück. Beide im Lenné-Karree. Und auch "JJ" im ehemaligen Schuhhaus Vorhölter wolle expandieren und die zweite Etage ausbauen. Für Wirtschaftsförderung und Ladeninhaber beginnt nun die spannende Phase. Wer überlebt und macht weiter? Wer muss aufgeben? "Das wird nicht bei allen klappen - so blauäugig sind wir nicht", winkt Zahn ab. "Aber es wird sicherlich ein Großteil sein, der weitermacht", ist er überzeugt. Das Projekt sei auch dafür da, dass sich Leute ausprobierten. "Schon dass bisher kein Laden wieder zugemacht hat, ist ein Erfolg". Hatoon, Lieblingsstücke und Pönnighaus als Beispiel Das aber wird bald passieren. Ende April ist für Elnaz Wittelmeyer Schluss. Die Inhaberin von "Hatoon" vertreibt hochwertige Designer-Mode aus Italien, allesamt Unikate. Neben dem Ladenlokal läuft bei ihr aber auch viel über den Online-Shop, über die sozialen Medien oder wird telefonisch bestellt. Das kostet Zeit. "Wer alles macht, macht nichts richtig", urteilt Wittelmeyer. Und wird sich deshalb von ihrem Ladengeschäft trennen. Schweren Herzens. "Unser Angebot ist vom ersten Tag an gut angekommen", sagt die Mutter einer kleinen Tochter. Sehr viele Stammkunden hätten sie im Laufe der Monate gewonnen. "Bad Oeynhausen hat Potenzial", ist sie überzeugt. Sie könne den Standort guten Gewissens weiterempfehlen. "Glauben Sie mir, es beschäftigt mich seit Monaten, wie es weitergehen könnte. Dass die Kunden immer wieder gekommen sind, ist meine größte Bestätigung." Trotzdem will sie sich in Zukunft auf Online und einige Veranstaltungen beschränken. "Die baldige Schließung tut weh, aber alleine schaffe ich das nicht. Und Personal einzustellen, ist mir zu riskant. Also muss ich Prioritäten setzen." Für Nicola Höschele war der Kurstadtladen die richtige Entscheidung. Sie verkauft "Lieblingsstücke" - ebenfalls in der oberen Klosterstraße. Auch sie sieht "unglaubliches Potenzial und eine gute Infrastruktur" in Bad Oeynhausen. Schüsseln, Wein, Kissen, Papier, Lampen und neuerdings auch Süßigkeiten bietet sie in wertiger Qualität, wie sie sagt, an. Höscheles Geschäft war der zweite Kurstadtladen, eröffnet im Mai 2021. "Und ich mache weiter - über den Mai hinaus", verkündet sie. Wenn auch mit sorgenvollen Gedanken. "Der Wegfall der Mietförderung, die hohen Energiekosten und der Wunsch der Kunden nach mehr Öffnungszeiten und damit mehr Personal - da kommt einiges auf mich zu." Sie lebt die Idee des direkten Kundenkontaktes, einen Online-Shop gibt es bei ihr nicht. "Diese Paketpackerei - ganz schrecklich", sagt sie. Ihr Laden sei ein Kommunikationsort, die Kunden suchten das Gespräch, fühlten sich wohl. Dass es neben ihrer, weitere Neueröffnungen gab, sieht Nicola Höschele positiv. Auch für die Stadtunterstützung ist sie dankbar. Trotzdem hat sie einen Wunsch. Den nach mehr Qualität. Und weniger Angebote, die bis spätnachts geöffnet haben. Im Mai 2022 gingen Sabine und Volker Pönnighaus mit einer kleinen Dependance ihrer Möbelmanufaktur in den Königshofkolonnaden an den Start. Die ersten Monate waren miserabel. Inzwischen lässt sich auch ausmachen, dass Kunden über den kleinen Showroom auf die heimische Firma aufmerksam werden. "Zum Appetit machen", so sagt Volker Pönnighaus, sei das Projekt gedacht. Sichtbar werden sei ein weiteres Ziel. "Die Achse dort ist nicht die schlechteste." Die Wirkung eines solchen Ladenlokals sei aber ein längerer Prozess. Das direkte Geschäft vor Ort sei dagegen nicht lohnenswert. Aber die Aufträge - auch größere - für handgefertigte Möbel summierten sich. "Wir sind auf jeden Fall bis Ende des Jahres dabei. Danach werden wir weitersehen." Sogwirkung nicht unterschätzen Die Idee hinter den Kurstadtläden ist simpel. Die Stadt mietet mit dem Geld leere Ladenlokale an und vermietet sie vergünstigt an Geschäftsinhaber weiter. Es gibt aber nicht einfach nur Geld, sondern braucht auch eine Gegenleistung: &bdquo;Der Eigentümer muss seine üblichen Mietforderungen um 30 Prozent reduzieren, sonst wird er nicht ins Programm aufgenommen“, erklärt Zahn. Und diese Reduzierung muss anhand von Belegen nachvollziehbar sein. So viel Lob, da darf Kritik nicht fehlen: Manche Bad Oeynhausener werden nicht müde zu kritisieren, dass die Stadt ausgerechnet die Immobilieneigentümer mit dem Förderprogramm unterstütze, die ihre Objekte seit Jahren heruntergewirtschaftet und nur wenig investiert haben. Das aber wischt Patrick Zahn vom Tisch: "Wie sieht denn die Alternative aus? Weiterhin Leerstände? Uns geht es pauschal um eine attraktive Innenstadt für die Bürger. Wenn ich da anfange zu sortieren, welcher Eigentümer mir passt und welcher nicht - dann ist das ganz dünnes Eis." Die Wirtschaftsförderung habe ausnahmslos mit allen gesprochen - und bis auf zwei seien alle interessiert gewesen. "Portastraße und Ilse-Lang-Gebäude sind leider rausgefallen." Sehr zum Bedauern von Wirtschaftsförderer Zahn. "Es machen unheimlich viele mit und senken massiv ihre Mieten - auch wenn sie vielleicht vorher nichts gemacht haben. Da könnte auch die katholische Kirche nachziehen - das würden wir an dieser Stelle sehr begrüßen", betont Zahn und spielt damit auf den Leerstand im Ilse-Lang-Gebäude an der Ecke Paul-Baehr-Straße/Viktoriastraße an. Und dann hat Patrick Zahn für die Viktoriastraße doch noch eine gute Nachricht zu verkünden. "Für den ehemaligen Spree-Engel gibt es sehr konkrete Sachen. Wir gehen davon aus, dass dort im Frühjahr etwas Neues an den Start gehen kann", erklärt er. Gleich zwei ernst zu nehmende Interessenten gebe es für das Objekt - zum einen Gastronomie, zum anderen "etwas ganz Neues". Mehr aber verrät der Mann hinter den Kurstadtläden nicht.

Meistgelesen