Gasversorger verärgert Kunden in Bad Oeynhausen und Löhne mit Kündigungen

Bad Oeynhausen. 35.000 Kunden beliefert die Westfalica in ihrem Verbreitungsgebiet mit Gas und Wärme. 7.000 davon haben zum 15. November per Brief die Kündigung inklusive eines neuen Vertragsangebots - von Erenja bekommen. Seit dem 1. Dezember 2021 ist die Gasversorgung Westfalica eine Marke der Erenja AG & Co. KG. Weitere 13.000 Gaskunden, deren Verträge ebenfalls zum Ende des Jahres auslaufen, haben Post von der Erenja bekommen - mit einer Preisanpassung zum 1. Januar 2023. Die Verträge der restlichen Kunden wurden bereits im laufenden Jahr angepasst oder werden es noch. Viele Kunden sind schockiert ob der Kurzfristigkeit Viele Westfalica-Kunden, zum Teil jahrzehntelange Stammkunden des Energieversorgers, sind schockiert über dieses Vorgehen. Viele Betroffene haben sich in den NW-Lokalredaktionen in Bad Oeynhausen und Löhne gemeldet und ihrem Ärger Luft gemacht. Auch im Bad Oeynhausener Servicecenter des Versorgers liefen offenbar die Telefonleitungen heiß, so war es zumindest der Westfalica-Homepage zu entnehmen. Ein Leser hatte sich extra Urlaub genommen, um im Kundencenter das Gespräch zu suchen, stand aber vor verschlossenen Türen. Bis zum 28. November bleibt den gekündigten Kunden Zeit, den neuen Vertrag zu unterschreiben. Oder sich machen sich auf die Suche nach einem neuen Anbieter. Auch wenn die Fristen gesetzeskonform sind, liebäugeln zahlreiche Erenja-Kunden offenbar jetzt mit einem Wechsel. Und just in diesem Moment starten die Stadtwerke Löhne - wie berichtet - mit einem attraktiven Angebot in den Gasmarkt. Bereits am Starttag herrschte im Löhner Kundencenter ein stattlicher Ansturm. Vertriebsleiter erklären die Preisgestaltung "Wir wollen unsere Kunden nicht loswerden. Wir möchten jeden Kunden weiter mit Gas beliefern", macht Kay-Uwe Schneider deutlich. Der ist bei Erenja als Vertriebsleiter für den Bereich Geschäftskunden zuständig. Gemeinsam mit Maik Stockmann, Vertriebsleiter für das Privatkundengeschäft, erläutert Schneider im Gespräch mit der NW die Hintergründe der Kündigungen. Und sie erklären, worin sich die Preisgestaltung der Erenja von der der Stadtwerke Löhne unterscheidet. "Für die Kündigung der Verträge, die zum 31. Dezember 2022 auslaufen, gibt es zwei Gründe", sagt Maik Stockmann. "Wegen der Verwerfungen am Energiemarkt können wir keine Preisgarantie mehr geben und der zweite Grund ist das neue Gesetz für faire Verbraucherverträge", so Stockmann. Demnach haben Kunden wie auch Anbieter das Recht, Verträge monatlich zu kündigen. "Die Rückmeldungen der Kunden zeigen uns, dass wir unser Anliegen in den Schreiben nicht optimal kommuniziert haben", gaben Schneider und Stockmann zu. Zu kurzfristig seien die Schreiben nicht rausgegangen, betonen die beiden Vertriebsleiter. "Über Preisanpassungen müssen wir Kunden sechs Wochen vorher informieren, über Kündigungen zwei Wochen vor Vertragsende", gibt Maik Stockmann die Gesetzeslage wieder. Erenja setzt auf günstigeren Grundpreis Eine Preisgarantie könne Erenja nicht mehr gewähren, aber: "Wir versuchen, die Preise konstant zu halten", sagt Schneider. Die zum 1. Oktober eingerechnete Gasumlage werde in den laufenden Verträgen rückwirkend rausgenommen. Ebenso werde die Mehrwertsteuersenkung von 19 auf sieben Prozent an die Kunden weitergegeben. Wie sehen die neuen Erenja-Tarife nun an 1. Januar 2023 aus? In der Grundversorgung kostet die Kilowattstunde Gas dann 19,87 Cent brutto (Arbeitspreis) und der monatliche Grundpreis 24,99 Euro. In die Grundversorgung fallen Menschen, die etwa durch einen Umzug vertragslos seien. Als Grundversorger für die Region ist die Westfalica verpflichtet, alle Kunden aufzunehmen. Diese können dann aber innerhalb von 14 Tagen in einen anderen Tarif wechseln. Menschen, denen ein anderer Anbieter gekündigt hat oder deren Anbieter insolvent ist, werden in die Ersatzversorgung aufgenommen. Wie kommen Kunden aus der Grundversorgung? Hier liegt der Arbeitspreis ab 1. Januar bei 20,78 Cent/kWh und der Grundpreis bei pro Monat bei 23,54 Euro. "Kunden in der Ersatzversorgung können wir häufig schon innerhalb eines Tages einen Sondervertrag anbieten", sagt Stockmann. Aktuell nimmt Erenja allerdings nur noch Neukunden in die Grund- und Ersatzversorgung auf - wozu sie gesetzlich verpflichtet ist. Und diese Pflicht fließt eben auch die Preisgestaltung ein. "Die günstigeren Sonderverträge schließen wir derzeit nicht mit Neukunden ab", fügt Schneider hinzu. Im günstigeren Sondervertrag für Stammkunden kostet das Gas ab 1. Januar 2023 19,4 Cent/kWh und 10,70 Euro beträgt der monatliche Grundpreis. Die Löhner Stadtwerke bieten zum Start einen Arbeitspreis von 13,98 Cent/kWh an bei einem monatlichen Grundpreis von 19,90 Euro pro Monat. Eine Preisgarantie gibt es auch hier nicht. Wie die Gaspreisbremse funktioniert Mit der Gaspreisbremse relativiere sich dieser Preisvergleich allerdings, fügt Kay-Uwe Schneider. Wie diese Verbraucherentlastung funktioniert und wie sie abgerechnet wird, erläutert Maik Stockmann: "In der ersten Stufe werden wir den Dezember-Abschlag von unseren Kunden nicht einziehen." Doch sei dieser Abschlag noch nicht der endgültige Betrag in diesem komplizierten Verfahren. "Basis der Berechnung ist die Verbrauchsprognose im September. Ein Zwölftel des Jahresverbrauchs wird dann mit dem Dezemberpreis multipliziert." Die centgenaue Abrechnung erhalte der Kunde dann mit der nächsten Jahresabrechnung. Für die zweite Stufe der Entlastung müsse erst das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen. Das soll aber noch vor Weihnachten passieren. Die Deckelung des Arbeitspreises auf 12 Cent für 80 Prozent des Verbrauchs gilt aber als fix. "Die Mehrkosten darüber hinaus sollen zum Sparen anreizen", sagt Schneider. Und das Energiesparen helfe schließlich allen - dem eigenen Geldbeutel, der Versorgungssicherheit und der Umwelt. Bis lang hätten Erenja-Kunden bereits deutlich Energie eingespart. "Die Marke von zehn Prozent ist, auch nach der Temperaturbereinigung, bereits deutlich erreicht", so Kay-Uwe Schneider. Der Erenja-Vertriebschef geht sogar von Einsparungen von 20 Prozent gegenüber den Vorjahren aus.

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