Bad Oeynhausen Angriff mit dem Regenschirm nach Streit unter Hundehaltern

Bad Oeynhausen. Die Zahl der öffentlichen Hundewiesen in der Kurstadt ist überschaubar: Es gibt keine. Der mittlerweile dritte Antrag im Stadtrat zur Einrichtung von Hunde-Freilaufflächen steht vor dem Scheitern. Das Rathaus führt zahlreiche Argumente gegen die Einrichtung solcher Flächen an. Die Stadtverwaltung verweist zum Beispiel auf die absehbaren Konflikte zwischen frei herumtollenden Hunden mit Spaziergängern, Radfahrern oder dem Naturschutz. Konflikte unter Hundehaltern sieht die Verwaltung dagegen nicht voraus. Es gibt sie aber. Das Amtsgericht Bad Oeynhausen muss derzeit einen solchen Fall aufarbeiten. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld soll ein Schäferhundehalter (69) aus Bad Oeynhausen einem Labradormischlingshalter (61) in der Südstadt zweimal mit seinem Regenschirm gegen die Stirn geschlagen haben. Der angeklagte Halter des angeleinten Schäferhunds muss sich deshalb wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der 61-Jährige mit dem freilaufenden Labradormischling (und zwei Welpen) erlitt eine blutende Platzwunde am Kopf, die im Krankenhaus Bad Oeynhausen genäht wurde. Die beiden Hundehalter sollen sich bereits Wochen zuvor übers Anleinen gestritten haben. Der 69-jährige Angeklagte widerspricht dieser Darstellung der Staatsanwaltschaft grundsätzlich. Im Gegenteil sei er eigentlich der Geschädigte. Mehrfach habe er den Labradormischlingshalter aufgefordert, seine Tiere an die Leine zu nehmen. Der sei aber auf der Wiese vorm Hochbehälter Wiesental mit gleich drei freilaufenden Hunden aufgetaucht. Auf seine Aufforderung habe er mit Beleidigungen reagiert und ihm sogar ins Gesicht gespuckt. Als er das - mitten in der Coronakrise - bei der Polizei zur Anzeige bringen wollte, hätten die Beamten aber mit dem Satz abgeraten: "Wegen Corona sind alle nervös." Zwei Wochen später, am Dienstag, 2. Februar 2021, sei er dem 61-Jährigen erneut begegnet. Und wieder habe der Labradormischlingshalter provoziert. Weil es an diesem Tag regnete, habe er einen Regenschirm dabei gehabt. Als der Labradormischlingshalter ihm dann vor die Füße spuckte, habe er bloß "den Coronabstand hergestellt". Dabei habe er dem anderen den Schirm vor die Nase gehalten, um ihn auf Distanz halten. Staatsanwältin: "Ich bekomme das nicht auf die Reihe" Auf die Frage des Richters, wie die Kopfverletzung des Geschädigten zustande kam, sagt der Angeklagte wiederholt: "Das kann nicht sein." Auf Nachfragen der Staatsanwältin ("Ich bekomme das nicht auf die Reihe"), reagiert der Angeklagte zunehmend gereizt: "Das kann ich mir vorstellen..." Der Angeklagte habe ihn später bis nach Hause verfolgt. Gesehen haben soll das aber bloß ein Nachbar, der ihm das später erzählt habe. Beim Sprechen rutscht dem Angeklagten die FFP2-Maske unter die Nase, die ihn auch nicht daran hindert, immer lauter zu werden. Der Richter mahnt schließlich zur Ruhe und ruft den einzigen Zeugen, den verletzten Labradormischlingshalter herein. Der zweite Hundehalter schildert dem Gericht den Angriff mit dem Regenschirm dann lautmalerisch und mit Körpereinsatz im Gerichtssaal: "Tschung, tschung", sagt der Zeuge und wedelt mit dem Arm vorm Richtertisch. Zweimal habe der Angreifer mit dem Schirm nach ihm geschlagen. Und zweimal auf derselben Stelle getroffen. Vier Wochen sei er krank geschrieben gewesen, die blutende Wunde habe genäht werden müssen. Auf die Frage des Richters, ob er den Angeklagten angespuckt habe, lacht der Labradormischlingshalter auf: "Natürlich nicht." Und einen Coronaabstand habe der Angreifer auch nicht mit dem Regenschirm gesucht. "Im Gegenteil: Ich hatte den Eindruck, er hat auf mich gelauert." Der Angriff sei überraschend gekommen, er habe sich nicht verteidigen können und sofort die Flucht ergriffen. Zuhause sei ihm dann klar geworden, dass es mit dem Angreifer schon zwei Wochen vorher Stress gegeben hat. "Er hat seinen Hund auf meine Frau gehetzt. Das liegt aber schon länger zurück." Der Richter vertagte sein Urteil, um noch weitere Zeugen zu hören. Die Aussagen der Kontrahenten seien zu unterschiedlich. Die Verhandlung soll am Montag, 27. Juni, fortgesetzt werden.

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