Heiße Spur zu Geldautomatensprengern

Bad Oeynhausen. Geldautomatensprenger fahren schnelle Autos, die ihnen nicht gehören. Ermittler haben aber die Eigentümer eines hochmotorisierten Fluchtfahrzeugs ausfindig gemacht und am Donnerstag festgenommen. Bei 17 Sprengungen verteilt in fünf Bundesländern wurde 2021 stets das gleiche Mietauto benutzt: ein hochmotorisierter Mercedes AMG E63. Das erklärt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf auf Nachfrage. Dieser gut 600 PS starke Bolide soll im vergangenen Jahr auch in Bad Oeynhausen und Löhne gesehen worden sein - und ist dann wohl Richtung Niederlande gerast. Mit den Autoverleihern haben die Ermittler eine heiße Spur zu den Tätern gefunden. Vermieter des Fluchtfahrzeugs waren ein 43 und ein 19 Jahre alter Niederländer aus dem Raum Enschede. Die beiden sollen gewusst haben, wofür ihr Auto verwendet wird. Die Männer stehen jetzt im Fokus eines Ermittlungsverfahrens der Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen (ZeOS). Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wirft ihnen Beihilfe zur Sprengstoffexplosion und zu schwerem Bandendiebstahl vor. Das geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung der beteiligten Behörden hervor. Donnerstagmorgen durchsuchten Einsatzkräfte der Staatsanwaltschaft, des Bundeskriminalamts und der niederländischen Polizei fünf Gebäude in Gronau und Enschede, darunter Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsräume. Die Ermittler stellten Mobiltelefone, Speichermedien sowie Unterlagen über die Autovermietung sicher. Zuvor wurde bereits ein europäischer Haftbefehl gegen die Autovermieter erwirkt. Die Festgenommenen sollen noch am gleichen Tag dem Haftrichter vorgeführt werden, der auch über die Auslieferung nach Deutschland entscheidet. Sprengungen in fünf Bundesländern Der Mercedes AMG E63 ist das verbindende Element für 17 Geldautomatensprengungen in Senden, Gelsenkirchen, Dortmund, Löhne, Bad Oeynhausen, Arnsberg, Wesel (Nordrhein-Westfalen), Rinteln, Ihlow, Hannoversch Münden, Itterbeck (Niedersachsen), Dierdorf, Montabaur, Trier (Rheinland-Pfalz), Homburg (Saarland) und Gelnhausen (Hessen). Die Taten wurden im Zeitraum zwischen dem 20. Mai und dem 11. November 2021 begangen. In diesem Zeitraum gab es allein in Bad Oeynhausen und Löhne vier Geldautomatensprengungen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wurde aber nur bei zwei Taten der gleiche Mercedes AMG E63 verwendet: bei der Explosion in der Volksbankfiliale Rehme in den frühen Morgenstunden am Mittwoch, 6. Oktober 2021, und bei der Sprengung eines Automaten in der Filiale der Deutschen Bank in Löhne am Mittwoch, 29. September 2021. In beiden Fällen rasten die Täter unerkannt und ohne Beute davon. Bei der Sprengung in Rehme wurde eine Wand zum benachbarten Fitnessstudio "Lady One" eingedrückt und die Eingangstür zu den Geschäftsräumen der Firma "ST Baukonzept" zerstört. Glassplitter flogen quer durch die Büros und auf die Straße. Anwohner schreckten um 4.46 Uhr durch den lauten Knall aus dem Schlaf, haben aber nur noch eine dunkle Limouse wegfahren sehen. Den Sachschaden in der Volksbankfiliale gibt die Staatsanwaltschaft mit 165.000 Euro an. Das Landeskriminalamt durchsuchte die Räume nach möglicherweise übrig gebliebenem Sprengstoff, fand aber keine explosiven Hinterlassenschaften. Das war genau eine Woche zuvor in Löhne noch anders. Dort entdeckten Ermittler ein verdächtiges Päckchen neben dem Geldautomaten der Deutschen Bank und sprengten die Hinterlassenschaft am Nachmittag kontrolliert in den Werreauen. Die Täter entwischten den Polizisten allerdings, obwohl sie aus dem Polizeihubschrauber nach ihnen fahndeten. Ein verdächtiges Fahrzeug wurde zwar angehalten, stellte sich aber als falscher Verdacht heraus. Den Schaden in Löhne gibt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit 50.000 Euro an. Ein Auto, aber mehrere Tätergruppen Die Automaten-Filiale der Deutschen Bank an der Alten Bünder Straße ist schon öfter von Bankräubern mit explosivem Handwerkszeug aufgesucht worden. 2017 beschatteten deutsche und niederländische Fahnder Tatverdächtigte und folgten ihnen bis nach Löhne. Der Zugriff auf frischer Tat gelang aber nur teilweise. Die Sprengung, damals noch mit einem Gasgemisch, wurde zwar verhindert, doch mehrere Bankräuber konnten fliehen. Sie rammten ein Zivilfahrzeug der Fahnder und rasten über den Bürgersteig und einen rot-weißen Absperrpfosten davon. Ein Verdächtiger wurde festgenommen. Wenig später wurden weitere Täter gefasst. Drei dieser Geldautomatenknacker wurden 2018 zu Gefängnisstrafen verurteilt. Einen solchen Erfolg wie vor fünf Jahren können die Fahnder im Fall der Automatenknacker mit der Vorliebe für den 600-PS-Mercedes zwar nicht vermelden. Womöglich sind sie den Tätern aber schon dicht auf den Fersen. Die beiden Autovermieter sollen das Fahrzeug an verschiedene niederländische Tätergruppierungen ausgeliehen haben. Wie die Ermittler auf die Spur der Vermieter kamen, will die Staatsanwaltschaft Düsseldorf nicht verraten. Die länderübergreifenden Ermittlungen gehen aber auf eine zentrale Auswertung des Bundeskriminalamts zurück. Die Beamten sichteten systematisch Ermittlungsakten aus dem Jahr 2021. Die ZeOS aus NRW übernahm in Abstimmung mit dem BKA die Federführung. Der Ermittlungserfolg wurde laut gemeinsamer Pressemitteilung "in enger Zusammenarbeit mit den niederländischen Strafverfolgungsbehörden" und durch "intensive Ermittlungen" möglich. Bei den 17 Geldautomatensprengungen erbeuteten die AMG-Fahrer mindestens eine Million Euro. Sie verursachten allerdings Sachschäden in Höhe von knapp zwei Millionen Euro.

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