Bad Oeynhausen SEK-Einsatz im "New Orleans" in Bad Oeynhausen: Zeugen gestehen Lügen

Bad Oeynhausen. Der Prozess wegen der Messerstecherei an der Gaststätte "New Orleans" ist ohne Urteil ausgegangen. Das Schöffengericht Herford hat am Freitag sechs Stunden lang zahlreiche Zeugen vernommen. Die Angeklagten schwiegen sich aus. Die Ursache für die Gewalt auf offener Straße, bei der offensichtlich zwei Kurstadt-Familien aufeinander losgegangen sind, haben die Juristen nicht klären können. Ankläger, Verteidiger und Gericht verhandelten schließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit über das Strafmaß und einigten sich auf einen juristischen Handel. Die Vorsitzende Richterin Alea Blöbaum verkündete das Ergebnis: Das Verfahren gegen die drei Angeklagten, den Wirt, den Vater des Wirts und einen dritten Mann wird unter Auflagen eingestellt. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat die drei Männer zuvor wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Sie sollen mit einem vierten unbekannten Tatverdächtigen am Montag, 26. Oktober 2020, über einen Parkplatz auf der Feuerwehrzufahrt zum "New Orleans" gestritten haben. Die Sache eskalierte und die Gruppe um den Vater des Wirts soll einen 26-jährigen Mann mit Baseballschlägern und Messern angegriffen haben. Das Opfer erlitt laut Staatsanwaltschaft eine Platzquetschwunde am Kopf sowie eine rund sechs Zentimeter tiefe Stichwunde, bei der seine Lunge leicht verletzt wurde. Die Polizei ging zunächst von lebensgefährlichen Verletzungen aus und gründete die Mordkommission "Korso". Das Opfer zeigte sich aber bereits einen Tag nach dem Messerstich öffentlich und wehrhaft. Die Verletzungen waren nicht lebensgefährlich. Der Vater des Wirts musste sich darüber hinaus auch wegen illegalen Waffenbesitzes rechtfertigen. Bei einer Durchsuchung durch Spezialeinsatzkräfte (SEK) des Zolls in seiner Wohnung sieben Wochen zuvor, am Montag, 7. September 2020, wurden ein Elektroschocker und scharfe Munition gefunden: zwei Gewehrpatronen Kaliber 7,65 Millimeter und fünf Revolverpatronen Kaliber .44 Russian. Die Razzia des Zolls war wegen Verdachts auf Schwarzarbeit in der Baubranche veranlasst worden. Die gezückte Pistole ist erfunden Der SEK-Einsatz der Polizei in der Großgaststätte "New Orleans" wurde dann aber offenbar auch durch Falschaussagen mehrerer Zeugen veranlasst. Die Polizei suchte nämlich nicht nur nach der Tatwaffe, einem Messer oder einer Stichwaffe, sondern auch nach einer schussbereiten Pistole und einem möglicherweise damit bewaffneten vierten Mann. Das Messeropfer, sein Bruder und Vater hatten Polizisten während der laufenden Ermittlungen berichtet, dass der Vater des Wirts aus einer Gesäßtasche eine Pistole gezogen habe. Diese Aussage widerriefen alle drei Zeugen überraschend vor Gericht und gaben zu, gelogen zu haben. Die Sache mit den Waffen hätten sie aber nach der Zoll-Razzia aus der Zeitung erfahren, erzählten sie der Vorsitzenden. Warum die drei Männer der Opferfamilie Polizei und Schöffengericht zwei völlig verschiedene Geschichten erzählten, bleibt ihr Geheimnis. Auch auf Nachfragen gaben die Zeugen dazu keine schlüssigen Antworten. Die Pistolengeschichte war aber nicht der einzige Anlass für Zweifel an der Schuld der Angeklagten. Die Zeugenaussagen selbst standen teils "in krassem Widerspruch" zueinander, wie es die Vorsitzende Richterin formulierte. Einige Zeugen erzählten, dass alle Männer Messer gehabt hätten, andere erzählten bloß von Schlagstöcken und das Messeropfer selbst vermutete Schlagwaffen, aus denen Messer ausgeklappt werden können. Unzweifelhaft ist der 26-Jährige Bad Oeynhausener aber schwer verletzt worden. Der Mann ist Kampfsportler und hat Oberarme wie andere Männer Oberschenkel. Er wollte an diesem Montag seinem Bruder, dem damaligen Hausmeister im Lenné-Karree, im Streitgespräch um die Feuerwehrzufahrt beistehen. Das spätere Messeropfer erklärte vor Gericht aber auch, dass er selbst den ersten Faustschlag ausgeteilt, aber nicht getroffen habe. "Ich bin nicht von gestern", sagte er. Als immer mehr Männer aus dem "New Orleans" sich mit Baseballschlägern "wie Soldaten" vor ihm aufbauten, habe er handeln müssen. Er habe seine 1.100 Euro teure Jacke ausgezogen, damit sie keinen Schaden nehme und dann auf den kleinsten Angeklagten eingeschlagen. Dann seien alle auf ihn gestürzt und er habe die Flucht ergriffen. Woher dann aber seine eigene Stichverletzung kam und wer ihm die beigefügt hatte, konnte weder das Opfer noch ein anderer Zeuge stimmig erklären. Eine zufällig anwesende Krankenschwester und eine zweite Frau versorgten den Verletzten in der Viktoriastraße, gegenüber von der Geschäftsstelle der NW. Opferfamilie beschimpft das Gericht Das Verfahren wird endgültig eingestellt, sobald der Vater des Wirts 5.000 Euro in den nächsten fünf Monaten zahlt. Der Wirt selbst muss 300 Euro und der dritte Angeklagte 1.500 Euro in sechs Monaten zahlen. Die Nachricht von der Einstellung sorgte noch im Gerichtssaal für einen Eklat. Die Familie des Messeropfers beschimpfte das Gericht ("Sie sind gekauft") und die Verteidiger ("Sie verteidigen hochgefährliche Mafiosi!"). Die Angeklagten und ihre Verteidiger verließen wortlos den Saal.

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