Wenn die Sole den Bach runtergeht: Warum das Verfahren komplex ist

Bad Oeynhausen. Das Problem hat Tradition, die Lösung auch. Schon seitdem der Jordansprudel 1926 das erste Mal in den Himmel schoss, wurde sein salziges Quellwasser nach dem Höhenflug in den Kokturkanal in die Werre und weiter in die Weser abgeleitet. In den vergangenen 20 Jahren war das kein Thema, denn aus dem Jordan sprudelte seit der Landesgartenschau 2000 nur noch Werrewasser.Nun aber wird der Jordan so umgebaut, dass er auch wieder mit seinem Original-Solewasser betrieben werden kann. Und ein paar Schritte weiter durch den Kurpark soll auch das Wasser des Humboldt-Sprudels wieder an die Oberfläche geholt werden. Als ein zentrales Element des geplanten Solegartens soll das Wasser aus Bad Oeynhausens tiefster Quelle durch ein Betonbecken strudeln. Ob das Wasser vom Jordan und vom Humboldt nach dem Sprudeln und Strudeln aber einfach in die Werre geleitet werden darf, muss sich das Staatsbad vom Kreis genehmigen lassen. Das aber kann dauern. Fürs Gutachten muss erst wieder Sole fließen Denn das Verfahren sei einigermaßen komplex, wie Staatsbad-Betriebsleiter Dirk Henschel erläutert. Obwohl die Einleitung des Solewassers in die Werre vermutlich schon seit Erbohrung der ersten Bad Oeynhausener Quelle im Kurpark im Jahr 1839 geübte Praxis ist, muss sie von der unteren Wasserbehörde des Kreises Minden-Lübbecke genehmigt werden. Basis dafür wird ein Gutachten sein, das das Staatsbad in Auftrag gegeben hat.Darin ist nachzuweisen, dass sich die Qualität des Wassers und des Lebensraumes an und in Kokturkanal, Werre und Weser nicht verschlechtert. So fordert es die Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Um das zu belegen, lässt das Staatsbad ein biologisches Gutachten erstellen. "Das ist sehr aufwendig", sagt Henschel. Denn es müssten über einen längeren Zeitraum Proben aus Kokturkanal und Werre entnommen werden, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen.Und: Dazu müsste auch Sole in den Kokturkanal eingeleitet werden. Das aber ist derzeit nicht der Fall. Der Jordan sprudelt seit zwei Jahren nicht mal mehr mit Werrewasser, weil das Vorratsbecken für die Pumpen undicht ist. Es soll jetzt neu gebaut werden. Auch die Jordansole, die für gewöhnlich zur Bali-Therme gepumpt werden, fließt derzeit wegen der Reparaturarbeiten am Sprudel nicht. Die Becken der Therme werden derzeit nur mit Wasser aus der Gert-Michels-Quelle gefüllt, wie Henschel berichtet. Das aber hat eine deutlich andere Zusammensetzung als das Jordanwasser. Am Jordansprudel läuft die Aktion "Rohr frei" Im Moment werden die durch Mineralablagerungen verstopften Rohre des Jordan freigespült. Anfang der Woche haben Mitarbeiter der Firma Anger damit begonnen, sich mit einer Düse und hohem Wasserdruck in die Tiefe des Jordan vorzuarbeiten. Bis Donnerstagmittag waren sie gut 100 Meter vorangekommen. Dann habe sie sich festgefressen in den Mineralablagerungen, berichtet Henschel. Der hofft, dass sich nächste Woche eine Lösung für das Problem findet. Denn der Jordansprudel ist 725 Meter tief, also ist noch einiges an Strecke zu bearbeiten. Und die Düse, mit der Tom Meybert und seine Kollegen zum Anfang der "Rohr-frei-Aktion" arbeiten, ist nur 6.5 Zentimeter stark. "Das Rohr sitzt von oben an zu", berichtet Meybert.Entsprechend schmal ist auch das Rinnsal, das aktuell aus eigener Kraft aus dem Brunnenkopf fließt. Damit das Wasser wieder munterer sprudelt, muss erstens tiefer und zweitens in einem weiteren Arbeitsgang noch einmal mit größerer Düse gespült werden. Wann die Arbeiten beendet sind, sei schwer einzuschätzen, sagt Henschel. "Die Rohrreinigung am Humboldt-Sprudel 2019 hat drei Wochen gedauert", erinnert er sich. Der Humboldt-Sprudel, mit 1.034 Metern Bad Oeynhausens tiefste Quelle, soll im geplanten Solegarten zu besonderen Ehren kommen. Sein Wasser soll in eine große Brunnenschale aus Beton geleitet werden, die so gestaltet ist, dass das Wasser in einem Strudel kreist, bevor es abfließt. Nimmt man das Wasser aus diesem Humboldt-Strudel und aus dem Jordan, der ja irgendwann auch wieder mit seinem Original-Quellwasser betrieben werden soll, zusammen, dann käme man auf 150 Kubikmeter Sole pro Stunde, die abgeleitet werden müssten, so hatte Henschel dem Betriebsausschuss des Staatsbades im vergangenen November berichtet. Der Betriebsleiter hatte aber auch gleich eingeschränkt, dass beide Quellen nicht im Dauerbetrieb und nicht unter Volllast laufen würden, so dass die tatsächliche Wassermenge wohl deutlich geringer ausfallen dürfte.Vor 2023 wird das mit dem Solegarten nichts Nichtsdestotrotz sind für beide Quellen Einleitungsgenehmigungen einzuholen. Verfahren und Gutachten fasst das Staatsbad zusammen. Henschel setzt darauf, dass es für die Probenentnahme ausreicht, wenn wieder Wasser vom Jordan über Kokturkanal und Werre abgeleitet wird. "Die Wasserqualitäten des Jordansprudels und der Humboldtquelle sind sich recht ähnlich", so der Betriebsleiter. Doch selbst wenn das Jordanwasser in absehbarer Zeit wieder fließt, rechnet Henschel frühestens im Spätherbst mit dem fertigen Gutachten. Das dann ja noch vom Kreis bewertet werden muss. "Vor 2023 werden wir den Solegarten und auch den Umbau der Liegehalle nicht umsetzen können", lautet seine Prognose. Für den Jordan sieht Henschel aber in diesem Jahr noch eine Chance zum Sprudeln. "Zumindest ein Probebetrieb müsste auch ohne das Gutachten möglich sein", hofft Henschel.

Meistgelesen