Bad Oeynhausen zieht erneut wegen Kiesabbaus vor Gericht

Bad Oeynhausen. Noch einmal will die Stadt in Sachen Kiesabbau vor Gericht ziehen. Nachdem die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung in erster Instanz gescheitert ist und das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht mit einem Vergleich beigelegt wurde, empfiehlt die Verwaltung nun, ein Beweisverfahren beim Verwaltungsgericht in Minden zu beantragen. Damit soll ein unabhängiges Gutachten klären, ob die im Baggersee des Kieswerks am Deesberg festgestellten erhöhten Salz- und Mineralienwerte ein Hinweis darauf sind, dass die Heilquellen im Untergrund beschädigt wurden und ob davon eine Gefahr für die Trinkwassergewinnung im Wasserwerk Rehme ausgeht. Entscheiden über den weiteren juristischen Schritt soll der Hauptausschuss in der nächsten Woche. Unsicher ist aber nicht nur, zu welchem Schluss ein solches Gutachten kommen würde, sondern auch, ab das Verwaltungsgericht das Verfahren überhaupt annimmt."Unabhängig" ist der zentrale Begriff bei dem von der Stadtverwaltung nun empfohlenen Weg. Denn es gibt bereits zwei Gutachten zu den auffälligen Messwerten im Rehmer Kiesteich. Nachdem das Staatsbad im Auftrag der Stadt im September vergangenen Jahres Wasserproben aus dem Kiesteich am Deesberg entnommen hatte, in denen erhöhte Mineralienwerte - vor allem Salz - festgestellt wurden, beauftragte die Verwaltung das Büro Leichtle mit der Ursachenforschung. Dessen Gutachten kam zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich Wasser der Solequellen sei, das nun aus dem Untergrund in den Kiesteich ströme. Die Reese-Gruppe, Betreiber des Kieswerks, beauftragte daraufhin nach Aufforderung durch die Bezirksregierung das Büro Schmidt, ein Gutachten zu erstellen. Und das kam zu dem Schluss, dass die Mineralienwerte durch "aufsteigendes Tiefenwasser" zu erklären seien, was diese Gutachter als natürliches Phänomen einstuften.Ein 3-D-Modell aus dem Untergrund Ein Weg aus diesem Kreis von Gutachten und Gegengutachten könnte ein "selbstständiges Beweisverfahren" sein. Dabei bestimmt das Verwaltungsgericht Minden einen - eben unabhängigen - Gutachter, der ein dreidimensionales Modell erarbeiten soll, das zeigt, wie die Wasserströme und der Stofftransport im Untergrund des Kieswerks verlaufen. Denn: "Aufgrund der vorliegenden stark erhöhten Messergebnisse muss eine Gefährdung der Heilquellen in Bad Oeynhausen und der im Abstrom gelegenen Wassergewinnung befürchtet werden", so die Begründung der Stadtverwaltung. "Vor dem Hintergrund eines Grundwasserströmungs- und Stofftransportmodells stellt sich die Frage der Bewertung der hydraulischen Verhältnisse, wie sich die Grundwassersituation im Bereich des Kiessees eben durch die Abgrabung verändert hat und ob diese einen stärkeren Austritt durch die Entfernung der Deckschicht über dem Festgestein hervorgerufen hat. Hierdurch könnten die vorhandenen Auslässe dauerhaft stimuliert und neue Auslässe von versalzenem Tiefenwasser aktiviert worden sein. Die möglichen Folgeschäden an den Schutzgütern Trinkwasser und Heilquellen sind zu bewerten", so formuliert die Verwaltung das Ziel des Beweisverfahrens. Mit einem wissenschaftlichen Grundwassermodell bestehe somit die Möglichkeit, Einflüsse und Veränderungen im Grundwasser durch den Baggersee auf die zukünftige Entwicklung des Wasserwerks und der Soleförderung des Staatsbades der Stadt Bad Oeynhausen darzustellen."Wir sollten das jetzt rechtlich klären" Allerdings birgt das angestrebte Verfahren auch Risiken. Zum einen ist nicht sicher, ob das Verwaltungsgericht Minden den Antrag der Stadt überhaupt annimmt. Es kann ihn auch einfach abweisen. Einschlägige Erfahrungen zum Umgang mit solchen von Kommunen angestrebten Beweisverfahren gibt es beim Verwaltungsgericht laut Auskunft der Pressestelle zumindest aus den letzten Jahren nicht. Zweitens ist natürlich unklar, zu welchen Ergebnissen ein solches Gutachten kommen würde. Egal, wie es ausfällt: Es ist unanfechtbar. Und drittens muss die Stadt das finanzielle Risiko des Verfahrens vollständig übernehmen. Laut Verwaltung ist für Anwalts- und Gutachterkosten mit 100.000 Euro zu rechnen.Dennoch ist Bürgermeister Lars Bökenkröger überzeugt: "Wir sollten das jetzt rechtlich klären." Allein für das Gutachten sei mit drei bis sechs Monaten zu rechnen", sagte Bökenkröger der NW. Wie lange das Verfahren dauern würde, wisse er nicht.Bezirksregierung arbeitet an Stellungnahme fürs Ministerium Parallel dazu sei die Bezirksregierung dabei, eine Stellungnahme zu erarbeiten, die das Umweltministerium in Düsseldorf angefordert habe. Bökenkröger hatte die Bad Oeynhausener Problematik in einem Brief an Umweltministerin Ursula Heinen-Esser dargestellt. "Wir sind nach wie vor mit der Bezirksregierung im Gespräch, um dazu möglichst eine gemeinsame Position zu bestimmen", erklärte Bökenkröger. Der Bürgermeister ist aber nicht der Ansicht, dass die Stadt diese Stellungnahme aus Detmold abwarten solle. "Es ist aber Wunsch der Politik, das Beweisverfahren einzuleiten." Die SPD hat ein solches Verfahren beantragt. Und der Rat hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen, dass die Verwaltung die dazu notwendigen Schritte prüfen solle. Die Entscheidung soll dann der Hauptausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch, 30. März, ab 18 Uhr im Bürgerhaus Rehme fällen. In der Sitzung soll der Rechtsanwalt der Stadt das Verfahren genauer erläutern.

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