Radurlauber sollen Kaufkraft bringen - mal wieder

Bad Oeynhausen. Wer mit offenen Augen durch das Zentrum spaziert, erkennt es sofort: Bad Oeynhausen hat ein Problem mit Leerstand. Die Anzahl an Flächen für Läden, Restaurants, Cafés und Kneipen übersteigt offensichtlich die Nachfrage. Wie kann also mehr Kaufkraft von außen nach Bad Oeynhausen gelockt werden, um die Innenstadt neu zu beleben? Diese Frage stellen sich die Verantwortlichen der Stadt nicht erst seit Corona, sondern eigentlich schon, seitdem der damalige Gesundheitsminister Horst Seehofer vor 25 Jahren die kassenfinanzierte Badekur beerdigt hat. Ein Lösungsansatz unter mehreren könnte in der Förderung des boomenden Radtourismus' liegen. So jedenfalls formulierte es Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU) im Gespräch mit der NW. "Wir müssen uns mehr anstrengen, Gäste zu locken, müssen die Infrastruktur und die Angebote ausbauen", sagte das Stadtoberhaupt nicht nur auf den Radtourismus bezogen. Eine Idee, die allerdings alles andere als neu ist und bereits seit über zehn Jahren auf dem Tisch liegt. Schon die beiden Vorgänger von Bökenkröger sahen die Potenziale der steigenden Beliebtheit von Fahrradtouren und versprachen zielgerichtete Maßnahmen. Und auch die Aussage vom damaligen Staatsbad-Geschäftsführer Frank Oette klang bereits im Jahr 2011 ganz ähnlich: "Wir müssen es schaffen, die Besucher in die Stadt zu bringen. Die Besucherlenkung muss sich ändern." Umgestaltung des Werre-Weser-Kusses im nächsten Jahr Geändert hat sich seitdem vor allem im Bereich der angekündigten Besucherlenkung so gut wie nichts. Weder am Werre- noch am Weserradweg wird auf die Schönheiten der Kurstadt hingewiesen. Und auch der unübersichtliche und altbackene Schilderwald am hoch frequentierten Werre-Weser-Kuss lässt zweifeln, ob viele der an der Stadt vorbeiradelnden Ausflügler den Weg in die Innenstadt finden, um dort den ein oder anderen Euro zu lassen. Zumindest dieser Punkt soll nun im kommenden Jahr angegangen werden. Wie berichtet, sollen große Teile der Rehmer Insel aus den Mitteln der Regionale 2022, einem Strukturförderungsprogramm des Landes NRW, umgestaltet werden. So soll der Weg zwischen Altem Fährhaus und Werre-Weser-Kuss verbreitert werden, um den Fuß- und Radverkehr zu trennen. Außerdem soll die Aufenthaltsqualität durch eine moderne Möblierung der Aufenthaltsbereiche gesteigert werden. Ladestationen für E-Bikes und eine neue Ausschilderung mit Infotafeln sind ebenfalls Teil der Planungen. "Es sollen mehr Informationen über Bad Oeynhausen präsentiert werden, um mehr Leute in die Stadt zu locken", sagt Volker Müller-Ulrich. Der Stadtsprecher nennt zwar keinen konkreten Termin für die Umsetzung, bekräftigt aber auf Nachfrage: "Die Stadt ist zuversichtlich, dass diese Umgestaltung im kommenden Jahr vorgenommen wird." Staatsbad kümmert sich künftig verstärkt ums Radfahren Die Aufwertung der Infrastruktur soll jedoch nur der erste Schritt sein. Denn die Stadt möchte nicht nur Ausflügler oder Tagestouristen für einen kurzen Abstecher nach Bad Oeynhausen locken, sondern Radtouristen, die möglichst für drei bis fünf Tage in der Stadt bleiben und von dort aus Touren unternehmen. Die Rahmenbedingungen für dieses Vorhaben passen. Laut einer aktuellen Studie des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) erfreuen sich Radreisen nach wie vor ungebrochener Beliebtheit. Zwar sank die Zahl der Radurlauber im Corona-Jahr 2020 auf 3,5 Millionen, der langfristige Trend zeigt aber klar nach oben: Gab es im Jahr 1999 noch 1,9 Millionen Radurlauber, waren es im Jahr 2019 schon 5,5 Millionen. Mit dem Werre- und dem Weserradweg vor der Haustür sowie der guten Autobahn- und Zuganbindung ist Bad Oeynhausen darüber hinaus ein idealer Ausgangspunkt für sogenannte Sternfahrten. Schon seit Jahren gehört der Weseradweg zu den meist befahrenen Fernwegen Deutschlands. Er belegte in der ADFC-Studie hinter dem Elberadweg den zweiten Platz unter den beliebtesten Routen. Zudem beträgt das Durchschnittsalter des Radtouristen laut ADFC 42 Jahre und fällt damit genau in die von Bökenkröger favorisierte Zielgruppe der gestressten Mittelalten, für die "die Auszeit immer wichtiger wird". Um diese in die Kurstadt zu bringen, sind neben einer guten Infrastruktur auch flankierende Marketing-Maßnahmen seitens der Staatsbad GmbH nötig. Deren Geschäftsführerin Beate Krämer hat das Thema auf dem Zettel und will sich diesem künftig verstärkt widmen. "Für uns hatte Wandern zunächst Priorität. In diesem Bereich haben wir viele Dinge, wie beispielsweise eine neue Ausschilderung von Wegen, umgesetzt. Aber Radfahren ist ein wichtiges Thema und darum kümmern wir uns jetzt", kündigt Krämer an. Dazu würde man sich mit analogen Radführern genauso beschäftigen wie mit digitalen Apps und versuchen, in diesen Medien mehr Informationen über Bad Oeynhausen zu platzieren. Auch über die Kooperation mit dem Teutoburger-Wald-Tourismus und dessen Internetauftritt ließen sich Angebote für Radtouristen ausspielen. Darüber hinaus könnten gemeinsam mit dem ADFC Touren für Touristen angeboten werden. Nicht zuletzt sollen beispielsweise zusammen mit Hoteliers, dem GOP und der Bali-Therme künftig wieder sogenannte Komplett-Pakete geschnürt werden. Diese hätten in der Corona-Zeit keinen Sinn gemacht, könnten künftig aber auch auf Radtouristen zugeschnitten werden. Krämer ist jedenfalls zuversichtlich, dass nach all den Ankündigungen der vergangenen Jahre nun endlich Taten folgen und sagt: "Es ist einiges losgetreten worden, jetzt müssen wir uns kümmern."

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