Drei Fraktionen für Luftfilter ohne Wenn und Aber

Bad Oeynhausen. Für Henning Bökamp ist es auch eine Frage der persönlichen Verantwortung: "Wenn wir im Herbst die Kinder in Bad Oeynhausen wieder ins Homeschooling schicken müssen, dann haben wir als Kommunalpolitiker versagt", sagt der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Stadtrat. Gemeinsam wollen die drei kleinen Ratsfraktionen Bürger für Bad Oeynhausen (BBO), Linke und FDP in der nächsten Woche im Ausschuss für Stadtentwicklung (ASE) einen Antrag einbringen, in dem sie die Anschaffung von mobilen Luftreinigungsgeräten für möglichst alle Schulklassen und Kita-Räume in Bad Oeynhausen fordern werden. Und zwar ohne Wenn und Aber. "Diese Entscheidung sollten wir auch nicht davon abhängig machen, ob es dazu Fördermittel gibt oder nicht", sagt Andreas Korff (Linke). Dass der Vorstoß der drei kleinen Fraktionen aber eine Mehrheit in Ausschuss und Rat finden wird, ist eher unwahrscheinlich. Denn schon Anfang August hatten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und Grünen, die im Rat als Koalition zusammenarbeiten, und die SPD auf Nachfrage der NW ihre gemeinsame Position erklärt. Alle drei wollen, dass die Stadt für solche Klassen- und Kitaräume mobile Luftfilter anschafft, die nur schlecht zu lüften sind. Nach Einschätzung von Bürgermeister Lars Bökenkröger und des Ersten Beigeordneten Georg Busse dürften das nicht allzu viele in Bad Oeynhausen sein. Für diese Räume soll es auch ein Förderprogramm des Landes geben. "Wir sollten uns allein an Fakten orientieren" Die Vorsitzenden der drei großen Fraktionen argumentierten gegenüber der NW, dass der Wirkungsgrad solch mobiler Luftfilter ungewiss und die Anlagen keinesfalls ein "Allheilmittel" gegen die Verbreitung des Coronavirus in Klassenräumen seien. Deshalb sprachen sie sich einhellig dafür aus, nur dort, wo das natürliche Lüften schwierig sei, mobile Luftreiniger einzusetzen. Eine Haltung, die die drei kleineren Fraktionen im Rat ärgert und nun zum Schulterschluss in der Gegenposition veranlasste. "Bei dieser Frage sollte Parteipolitik keine Rolle spielen. Wir sollten uns allein an der Sache und an Fakten orientieren", forderte Reiner Barg (BBO). Und um Fakten nennen zu können, hatte er eine ganze Liste an Referenzen zusammengetragen. Studien der Universitäten Stuttgart und Frankfurt etwa, de den mobilen Luftfiltern durchaus Wirksamkeit in Klassenräumen - auch als Ergänzung zum natürlichen Lüften - bescheinigen. "Ohne Luftfilter wird das kein normales Schuljahr" "Die Deutsche Forschungsgesellschaft empfiehlt, alle Maßnahmen zu ergreifen, die möglich sind. Dazu gehören ausdrücklich auch mobile Luftfilter", berichtet Barg. Und er zitiert den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach mit den Worten: "Ohne Luftfilter wird das kein normales Schuljahr werden." Und genau das sei doch die Kernfrage: "Wie schaffen wir es, den Präsenzunterricht in Bad Oeynhausen zu sichern? Da sind wir als Mandatsträger in der Pflicht", sagt auch Barg. Zum Pressegespräch haben die drei Fraktionen ins Büro von Architekt Henning Bökamp eingeladen. Dort verrichtet ein mobiler Luftfilter kaum hörbar seinen Reinigungs-Dienst. "Eine Auflage, die ich als Arbeitgeber zu erfüllen habe", sagt Architekt Bökamp. Der darüber staunt, dass für Arbeitsstätten solche Geräte vorgeschrieben sein können, für Schulen aber nicht. "Klassenräume sind doch im Grunde auch Arbeitsstätten", argumentiert er. 1.500 Euro kostet das Gerät in Bökamps Besprechungsraum. "Für ein durchschnittliches Klassenzimmer brauchte man zwei", kalkuliert Bökamp. Würde man also alle 450 Klassenräume, die es nach Schätzung von Gebäudemanager Dieter Hinzmann in Bad Oeynhausen gibt, mit zwei solchen Geräten ausstatten, würde dafür mit Nebenkosten eine Investition von etwa 1,5 Millionen Euro notwendig, so Bökamps Rechnung. "Wer nicht kämpft, hat schon verloren" Bis zu 500.000 Euro pro Kommune an möglichen Fördermitteln verspricht das Land NRW. Aber die gibt es nur für solche Räume, die schlecht zu belüften sind. "Es ist gut, wenn wir Fördermittel bekommen. Und die Stadt sollte an das Land auch appellieren, die Kosten zu übernehmen", sagt Reiner Barg. "Aber wir sollten davon nicht den Grundsatzbeschluss zur Anschaffung der Luftreinigungsräte abhängig machen." Zumal die Stadt Bad Oeynhausen - im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen - finanziell dazu auch in der Lage sei. "Auch wenn wir am Ende dieses Jahres voraussichtlich nur noch 18 Millionen Euro in der Rücklage haben, könnte man daraus die Luftfilter finanzieren", sagt Bökamp. Bleiben CDU, Grüne und SPD bei ihrer angekündigten Haltung, wird der Antrag der drei kleinen Fraktionen allerdings kaum eine Chance haben. Im Rat haben CDU (19), SPD (13) und Grüne (10) zusammen 42 Sitze, FDP, BBO und Linke kommen mit jeweils drei Sitzen zusammen auf 9. Die AFD hat drei Sitze. Dennoch wollen die drei "Kleinen" versuchen, ihren Antrag durchzubringen. "Wer nicht kämpft, hat schon verloren", bemüht Andreas Korff ein Bertolt Brecht zugeschriebenes Zitat. Der Ausschuss für Stadtentwicklung tagt am Donnerstag, 19. August, ab 18 Uhr im Bürgerhaus Rehme. Die Sitzung ist öffentlich.

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