Haftstrafe für den Liebhaber der untreuen Buchhalterin

Bad Oeynhausen. Eine Viertelmillion Euro hat die Buchhalterin einer Estrich-Firma in Vlotho über mehrere Jahre vom Firmenkonto abgezweigt und ihrem Lebensgefährten zugesteckt. Der hatte offenbar einen riesigen Schuldenberg zu tilgen. Als der Betrug im Dezember 2019 aufflog, unterschrieben beide ein notarielles Schuldeingeständnis und versicherten, das Geld zurückzuzahlen. Die Buchhalterin ist bereits im November zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Sie hat das Urteil akzeptiert und ist auf freiem Fuß. Nun hat der Lebensgefährte die Quittung bekommen: eine deutlich höhere Freiheitsstrafe - ohne Bewährung. Der mehrere Wochen dauernde Prozess gegen den Lebensgefährten vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen hat damit ein Ende gefunden. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat den 54-jährigen Mann aus Vlotho wegen Anstiftung zum Betrug angeklagt. Er habe mit seiner Lebensgefährtin den gemeinsamen Plan geschmiedet und damit großen finanziellen Schaden angerichtet. Nach zahlreichen Zeugenvernehmungen blieb die Staatsanwältin bei dieser Einschätzung. Es sei "lebensfremd" anzunehmen, dass das Paar nicht über den Betrug gesprochen habe. Der Angeklagte sei von den Zeugen überführt worden, die die Umstände des schriftlichen Schuldeingeständnisses ausführlich erläuterten. Bei den Vorgesprächen habe er das große Wort geführt. "Es stimmt nicht, dass sie dort überrumpelt wurden", so die Staatsanwältin zum Angeklagten. Sie forderte zwei Jahre und zehn Monate Haft - ohne Bewährung. Außerdem müsse seine Lebensgefährtin, die als Zeugin im Verfahren ausgesagt hatte, mit einem Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage rechnen. Verteidiger fordert Freispruch Der Verteidiger verwies auf das notariell beglaubigte Schuldeingeständnis, das unter großem Druck entstanden sei. Es sei "sittenwidrig", darauf ein Urteil zu stützen. Er forderte Freispruch. In dem Prozess sei zudem nicht nachgewiesen worden, dass sein Mandant vom Betrug seiner Lebensgefährtin wusste. Das beide nicht darüber gesprochen hätten, sei nachvollziehbar. Der Angeklagte habe hohe Schulden gehabt, unter großem Druck gestanden, sei von Schuldeneintreibern bedrängt worden und wollte mit dem Thema abschließen. "Es ist geradezu typisch, dass er seine Partnerin schützen wollte", so der Verteidiger. Zugleich betonte der Anwalt, dass sein Mandant nach wie vor die 244.115 Euro begleichen wolle. "Und dass man 300.000 Euro nicht in kürzester Zeit zurückzahlen kann, ist doch klar." Auf Nachfrage des Richters, ob er die fragliche Summe nicht längst wenigstens teilweise haben begleichen wollen, antwortete der Angeklagte ausweichend. Der ungenannte Gönner im Hintergrund wolle ihm die gesamte Summe zwar vorstrecken, das aber auf einen Schlag tun und das gehe erst zum nächsten Monatsersten. In einem vorherigen Prozesstermin hatte der Angeklagte angekündigt, bis Ende März das Geld an die Firma in Vlotho überweisen zu wollen. Das ist jedoch nicht geschehen und auch ein weiterer selbstgesetzter Termin kam nicht zustande. Die Ausreden hinterließen zwar keinen guten Eindruck, hatten aber keinen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens. In seiner Urteilsbegründung zerpflückte der Richter die Argumentation des Verteidigers. Das notarielle Schuldeingeständnis sei nicht unter Druck entstanden. Im Gegenteil hätten die Beteiligten in drei Vorgesprächen sehr ausführlich das Schriftstück vorbesprochen. "Sie haben auch nicht die Polizei gerufen", sagte der Richter zum Angeklagten: "Damit wurde ihnen angesichts des hohen Geldbetrags sicher Haft erspart." Die Lüge vom Seefahrer Dass der Angeklagte seinen Schuldenberg gegenüber der Polizei mit 200.000 Euro und im Gericht jedoch mit 400.000 Euro beziffert habe, sei nicht glaubhaft. Dazu passe aber, dass er bei einer Fahrt ohne Führerschein gegenüber der Polizei behauptet habe, er sei Seefahrer mit einem Nettoeinkommen von 3.000 Euro im Monat. Zudem sei völlig offen geblieben, wie der Angeklagte sein Schuldenproblem gelöst habe. Seine Lebensgefährtin dagegen habe ihm monatlich etwa 20.000 Euro überwiesen, so der Richter. Das sei im Lauf der Jahre immer mehr geworden. Und das Konto, über das die Buchhalterin das Geld aus der Firma abzweigte, sei extra dafür angelegt worden. Zusammengenommen ergebe das ein stimmiges Bild. Ein Geständnis und eine Wiedergutmachung hätten zu einem anderen Ergebnis des Strafverfahrens geführt, so der Richter. "Sie haben sich aber für einen anderen Weg entschieden." Der Richter verurteilte den 54-jährigen Vlothoer zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Der Angeklagte und sein Verteidiger kündigten an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.

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