Die große Suche nach einer kleinen Wohnung

Bad Oeynhausen. Drei Zimmer, Küche, Bad - maximal 65 Quadratmeter groß. Die Kaltmiete darf nicht höher als 430 Euro sein. Wie schwer die Suche nach einer Wohnung in Bad Oeynhausen sein kann, hat Angelika M. (Name geändert) gerade am eigenen Leib erfahren. Auf dem freien Wohnungsmarkt ist die Suche nach einer heutzutage günstigen Wohnung nahezu aussichtslos. Das bestätigt auch Frank Viseneber, Geschäftsführer des Maklerkontors Brand & Co. "Die Chancen, aktuell so etwas zu finden, stehen sehr schlecht", sagt Viseneber. Derzeit lebt Angelika M. gemeinsam mit ihrem 20-jährigen Sohn in einer 60-Quadratmeter-Wohnung. Die 45-Jährige ist aktuell aufgrund einer Erkrankung nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Sie bezieht Erwerbsminderungsrente und Aufstockung durch das Sozialamt. Für sich und ihren Sohn hat sie monatlich 1.300 Euro zur Verfügung. "Es ist sehr, sehr knapp, aber wir kommen klar", sagt die 45-Jährige. Als sie Ende vergangenen Jahres von ihrem Vermieter erfuhr, dass sie knapp 90 Euro mehr an Nebenkosten bezahlen sollte, verlangte Angelika M. von ihm eine Nebenkostenabrechnung. Nebenkostenabrechnung durch Anwalt eingefordert "Höhere Nebenkosten muss ich gegenüber dem Sozialamt belegen", weiß Angelika M.. Um den Anspruch auf eine Aufstellung der Nebenkosten durchzusetzen, musste sie einen Anwalt hinzuziehen. "Ich habe meine Miete und auch die Nebenkosten immer bezahlt", beteuert sie. Dennoch reagierte der Vermieter heftiger, als sie erwartet hatte. Angelika M. erhielt nicht nur eine Kündigung, sondern gleich verbunden mit einer Räumungsklage. Ob dies rechtens ist, wird aktuell noch vom Gericht geklärt. Die Entscheidung des Gerichts wollte Angelika M. aber nicht abwarten. Das Verhältnis zu ihrem Vermieter beschreibt sie mittlerweile als "zerrüttet". Sie machte sich also auf die Suche nach einer Wohnung. Da Angelika M. aufgrund ihres geringen Einkommens einen sogenannten Wohnberechtigungsschein hat, also Anspruch auf eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung, wandte sie sich zuerst an die Städtische gemeinnützige Heimstätten-Gesellschaft mbH (SGH). "Da hat man mir zwei, drei Wohnungen angeboten", sagt Angelika M. Allerdings hätten die entweder nur zwei Zimmer gehabt oder seien größer als 70 Quadratmeter gewesen. Und die Wohnungen waren mit elektrischer Deckenheizung ausgestattet. "Da hätte ich hinterher hohe Stromkosten gehabt", befürchtete die 45-Jährige. Stromkosten, die ihren ohnehin schmalen Geldbeutel zu sehr belasten würden. Wie groß eine Wohnung sein darf, ist in den Bestimmungen für den Wohnberechtigungsschein genau festgelegt. Eine Person hat Anspruch auf 50 Quaratmeter, zwei Personen auf zwei Zimmer oder maximal 65 Qudratmeter. Bei einem dreiköpfigen Haushalt sind es drei Zimmer und maximal 80 Quadratmeter. "Regelung ist nicht mehr zeitgemäß" Diese strikte Regelung empfindet Angelika M. allerdings als nicht mehr zeitgemäß. "Wenn ich mit einem Partner Schlafzimmer und Wohnzimmer teile, ist das etwas anderes, als wenn ich mit meinem erwachsenen Sohn in einer Wohnung mit nur zwei Zimmern leben muss", so Angelika M.. Bei ihrer Suche nach einer passenden und vor allem bezahlbaren Wohnung durchforstete Angelika M. die Wohnungsanzeigen. Sie suchte auch in den Nachbarstädten. "In Minden sagte man mir, dass es da genauso so schlecht wie in Bad Oeynhausen aussehe. Auf dem freien Wohnungsmarkt kann man zugucken, wie die Mieten fast stündlich steigen", sagt Angelika M. . Die Kaltmiete für Wohnraum in Bad Oeynhausen liegt laut städtischem Mietspiegel von 2020 zwischen 4,73 Euro und 9,42 Euro pro Quadratmeter - je nach Gebäudealter und Größe der Wohnung. Die Realität dürfte im Jahr 2021 allerdings schon wieder anders aussehen. Aus zwei kleineren Wohnungen wird eine große Warum die Chancen auf dem freien Wohnungsmarkt für Menschen mit geringem Einkommen derzeit so schlecht sind, erklärt Immobilienmakler Frank Viseneber: "Als Argument gegen den sozialen Wohnungsbau wurde in den vergangenen Jahren immer der demografische Wandel angeführt, nach dem die Bevölkerungszahl gerade in Städten wie Bad Oeynhausen stark zurückgehen sollte. Doch das Gegenteil ist der Fall. Außerdem hat sich auch das Wohnverhalten und vor allem der Platzbedarf der Menschen geändert", so Viseneber. Wenn heutzutage ein Haus mit zwei 70-Quadratmeter-Wohnungen verkauft wird, dann werde es umgebaut zu einer großen Wohnung. So würde die Zahl kleinerer Wohnungenimmer weiter zurückgehen. Angesichts des knappen Guts "Wohnraum" könnten es sich Vermieter leisten, die Mieten zu erhöhen. Eine Trendwende zur Umkehr sei nicht erkennbar, sagt Viseneber. Und dass auch private Investoren auf das Modell des "öffentlich geförderten Wohnbaus" setzen, käme kaum noch vor. "Die Förderung ist in Zeiten von günstigen Krediten auch total unattraktiv", findet Viseneber. Drei Wochen nach ihrem ersten Versuch startete Angelika M. einen weiteren Versuch bei der SGH - und wurde mit Unterstützung der NW doch noch fündig. Gutes Ende für Angelika M. "Wir konnten Frau M. zwei Besichtigungstermine in für sie angemessenen und bezahlbaren Wohnungen anbieten. Zum 1. Juni wird Frau M. eine Wohnung anmieten", erklärt Alcay Kamis, Geschäftsführer der SGH, auf Nachfrage der NW. "Unser Ziel ist es, Wohnungssuchenenden innerhalb von 24 Stunden ein Angebot machen zu können", sagt Kamis. Der SGH-Geschäftsführer weiß aber auch, dass für das Erreichen dieses Ziels noch sehr viel Arbeit notwendig ist. "Wir als SGH wissen sehr wohl, in welchen Bereichen wir noch besser werden müssen. Daran arbeiten derzeit alle Mitarbeitende sehr erfolgreich mit. Die SGH ist ein solides Unternehmen mit einem gepflegten Bestand. Mir persönlich liegt viel daran, das Unternehmen sorgfältig und in Abstimmung mit allen Anspruchsgruppen weiterzuentwickeln. Dazu gehören professionelle interne Abläufe mit einem verbesserten Kundenservice, Modernisierung, Instandhaltung, Wohnumfeldverbesserung, Neubau, wohnbegleitende Dienstleistungen und vieles mehr", sagt Alcay Kamis.

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