Mountainbiker im Wald: "Wildtiere flüchten aus dem Wiehengebirge"

Mountainbiker und Forst diskutieren über Radfahren im Wald, was sagen die Jäger dazu? WALTER JÄCKER: Nicht nur Waldbesitzer, Forstamt und Biker regen sich übereinander auf, auch Jäger und andere Naturschützer haben kein Verständnis für eine sogenannte &bdquo;Mountainbike-Kultur“ oder eine vermeintlich &bdquo;halbherzige Duldung“ von Mountainbike-Lines im Wald, wie in der Ausgabe 11./12. Juni der NW zu lesen war. Welche Beobachtungen machen die Jäger? JÄCKER: Hier wird ein Ökosystem massiv gestört. Wildtiere ziehen sich zurück, Pflanzen – selbst neu aufgeforstete Flächen – werden zerstört. Bereits geerntetes Stammholz wird zu Sprung-schanzen verbaut. Schutzzäune werden niedergerissen und aufgeschnitten. Wo liegende Stämme stören, werden diese von Bikern zersägt. Löcher, Kurven, künstliche Hügel fördern die Erosion und ziehen noch mehr Biker an. Das Wiehengebirge ist mittlerweile das Mekka der Mountainbiker, weil in anderen Gegenden offenbar massiver Gegenwehr geleistet wird von Behörden und Waldeigentümern. Bei uns stört es die Biker nicht mal, wenn der Waldeigentümer Kronenholz in die Lines legt und damit deutlich macht, dass er dort keine Radfahrer haben möchte. Diese Hindernisse sind in kürzester Zeit wieder beseitigt. Die Mountainbiker verweisen auf die stetig steigende Attraktivität ihres Sports an der frischen Luft und werben dafür. JÄCKER: Ich kenne keine Waldbesitzer, die mit diesen Vorgängen im Gelände einverstanden wären. Das Verhalten der Biker zeigt eine erstaunliche Ignoranz sämtlicher Verhaltensregeln, die in der freien Natur einzuhalten sind. Die Grenze des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit findet sich im Rahmen der Regelungen, die zum Schutze von Menschen, Natur und Tieren aufgestellt werden. Nach dem Landesforstgesetz NRW ist Radfahren im Wald außerhalb befestigter Wege verboten und kann als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld belegt werden. Das Bundesnaturschutzgesetz und das Landesnaturschutzgesetz ahnden die Zerstörung von Lebensräumen und Zufluchtsstätten von Tieren. Der Waldbesitzer kann Schadenersatz verlangen, denn gerade solche Tätigkeiten wie Holzverbau und durch Überfahren verletzte Flachwurzeln sind nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen ihres Eigentums. Es geht also nicht nur um einen Erholungseffekt im Wald, der durch die neue mediale Aufmerksamkeit mal eben neu diskutiert wird. Waldbauern und Jäger nutzen den Wald; wie konkret sind sie beeinträchtigt durch Mountainbiker? JÄCKER: Wildtiere flüchten aus dem Gebiet. Das Netz der Mountainbike-Trails im Wiehengebirge ist aber so dicht, dass es kaum Bereiche gibt, in denen sich Wildtiere ungestört fühlen können. Rehwild braucht unbedingt störungsfreie Einstände. Rehe haben ein sehr komplexes Verdauungssystem und müssen mehrmals am Tag Nahrung aufnehmen und wiederkäuen. Wenn sie ständigen Störungen ausweichen müssen und flüchten, gerät der Organismus völlig durcheinander. Ziel der gesetzlich vorgegebenen Hege ist ein gesunder, dem Ökosystem angepasster Wildbestand. Wenn der Besucherverkehr im Wald sich im Wesentlichen auf die befestigten Wege beschränkt, macht dies Wildtieren nichts aus. Sie gewöhnen sich daran, dass hier Menschen auch mit Hunden unterwegs sind. Mit hoher Geschwindigkeit fahrende Bikes jedoch können sie nicht einschätzen und reagieren mit Flucht. Für die Waldeigentümer wird die Bewirtschaftung ihrer Flächen übrigens zunehmend gefährlicher. Kommt es nämlich zu einemUnfall, tritt jemand auf den Plan, der bisher in der Diskussion noch gar nicht er-wähnt wurde: die Krankenkasse des Verletzten prüft nämlich bei jedem Unfall, ob sie einen Fremdverursacher in Regress nehmen kann. Allein die Abwehr solcher Regressansprüche gegen Waldbesitzer dürfte einigen Aufwand und Ärger verursachen. Könnten Sie sich denn eine Lösung des Problems vorstellen? JÄCKER: Die Lösung wäre in der Tat eine legale Mountainbikestrecke, für die wir uns schon vor vielen Jahren ausgesprochen haben. Dafür müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen hergestellt werden. Ein solches Projekt muss nämlich mit Forst- und Naturschutzrecht in Einklang gebracht werden. Bereits in 2013 hat die Kreisjägerschaft mit Vertretern der Mountainbikerszene hierzu ein Gespräch geführt und um Verständnis geworben für das Ökosystem Wald. Da war von Stürmen und Käfern, Trockenheit und anderen Störungen noch gar nicht die Rede. Für Jäger und andere Naturschützer ist die aktuelle Situation in einem vielfältig schwer geschädigten Wald beängstigend. Auf der Südseite des Wiehengebirges gibt es kaum Revierinhaber, die sich nicht gegenüber den Vorjahren über die sich zuspitzenden Entwicklungen größte Sorgen machen. Mit Rücksicht die Natur genießen ist für tausende von Waldbesuchern keine Schwierigkeit. Der respektvolle Umgang kann nur bedeuten, dass auch Fahrsport im Wald in geregeltem Umfang und nur auf ausgewiesenen.

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