Bad Oeynhausen

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Wie Patienten mit künstlichen Lungen behandelt werden

Das Herz- und Diabeteszentrum hat die speziellen Beatmungsgeräte schon seit Jahren im Einsatz. Jetzt wird auch ein Corona-Patient mit Lungenversagen damit behandelt.

Das Team im Zentrum setzt auf interdisziplinäre Zusammenarbeit - auch bei der Behandlung von Patienten mit Covid-19-Erkrankung. | © Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen

Heidi Froreich
14.04.2020 | 14.04.2020, 18:23

Bad Oeynhausen. Einer der Patienten, die jetzt mit einer Corona-Infektion auf der Intensivstation des Herz- und Diabeteszentrums NRW behandelt werden, erfordert besondere Behandlungskompetenz. Weil seine Lunge infolge der Infektion versagt, braucht er eine sogenannte extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO): "Das ist eine künstliche Lunge", erläutert Jan Gummert, Ärztlicher Direktor des HDZ. Diese speziellen Beatmungsgeräte gibt es längst nicht auf jeder Intensivstation eines Krankenhauses.

17 solcher Geräte stehen im HDZ zur Verfügung. "Sie wurden nicht eigens für die Behandlung von Patienten angeschafft, die mit einer schweren Coronavirusinfektion stationär bei uns aufgenommen werden", betont Gummert. Vielmehr sei die ECMO-Therapie ein seit vielen Jahren im HDZ eingesetztes, bewährtes Verfahren.

Technisch ähnelt das Gerät einer Herz-Lungen-Maschine und wie diese kommt es am HDZ auch in anderen Notfällen zum Einsatz. Beispielsweise bei schwer herzkranken Patienten, die eine notfallmäßige mechanische Kreislaufunterstützung brauchen.

"Wir betreten kein Neuland", betont Gummert. Allerdings könnten bei Covid-19-Patienten aufgrund von Begleiterkrankungen oder aufgrund der Behandlungsdauer Besonderheiten auftreten. "Daher stehen unsere Behandlungsteams im engen Austausch mit Kollegen aus anderen Ländern, in denen bereits sehr viele Covid-19-Patienten mit ECMO behandelt worden sind."

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Unschätzbar wertvoll sei es dabei in diesen Tagen, sich auf die große Erfahrung der Mitarbeiter der HDZ-Intensivstationen und der fachärztlichen Kollegen wie Lukasz Kizner (Leiter der herzchirurgischen Intensivstationen), Jost Niedermeyer (Spezialist in der Behandlung von Lungenerkrankungen) und Vera von Dossow (Direktorin des Instituts für Anästhesiologie und Schmerztherapie) verlassen zu können.

Ebenso habe sich das Konzept, die verschiedenen Fachbereiche im HDZ gemeinsam zur bestmöglichen Therapie interdisziplinär zu bündeln, bewährt. "Das ist bei der Covid-19-Behandlung nicht anders. Pflege, Kardiologie, Innere Medizin, Diabetologie, Anästhesiologie, Labormedizin und viele weitere Disziplinen sind beteiligt", betont der Ärztliche Direktor.

"Eine künstliche Lunge wird nur bei einem von 200 Patienten mit schwerster Coronavirus-Infektion benötigt", stellt er klar. Weil die Infektion eben nur ganz selten zu einem Totalversagen der Lunge führt. Immerhin 80 Prozent erleben einen grippeähnlichen Verlauf ohne Notwendigkeit einer Behandlung im Krankenhaus.

Bei 15 Prozent der Infizierten reichen während der Krankenhausbehandlung zusätzliche Sauerstoffgaben aus. Fünf Prozent liegen auf einer Intensivstation, weil sie wegen der schweren Lungenerkrankung beatmet werden müssen. Hierbei wird ein Schlauch, der über Mund oder Nase bis in die Luftröhre geschoben wird, mit einer Beatmungsmaschine verbunden.

Herzpatienten mit akuten Problemen kommen nicht zu kurz

Derzeit sind es zwei Patienten im Herz-und Diabeteszentrum, die aufgrund ihrer schweren Lungenerkrankung auf diese invasive Form der Beatmung angewiesen sind. Ein weiterer Patient wird derzeit zusätzlich mit einer ECMO behandelt; ein vierter Patient benötige lediglich Sauerstoffgaben.

89 Intensivbetten mit Beatmungsgeräten stehen derzeit im HDZ bereit, elf Betten stellt das Klinikum aktuell für intensivpflichtige Covid-19-Patienten zur Verfügung, darüber hinaus weitere neun Betten im Isolationsbereich mit Möglichkeit einer Sauerstoffversorgung per Maske. "Wir sind auf steigende Infektionszahlen vorbereitet", betont Gummert. Und deshalb seien vorsorglich Operationen bei Patienten, bei denen "für mindestens zwei Monate ein stabiler Zustand zu erwarten sei", abgesagt worden.

"Aber Patienten mit akuten Herzbeschwerden kommen nicht zu kurz", stellt er klar, eine notfallmäßige Behandlung sei jederzeit garantiert. Und falls die Patienten nach einem Eingriff eine intensivmedizinische Behandlung brauchen, ist auch die gewährleistet. Gummert: "Für unsere Herz-Notfälle halten wir immer Betten bereit. Und natürlich auch Kreislaufunterstützungssysteme."