Bad Oeynhausen. "Ausnahmetalente gibt es immer wieder", sagt Otto Nitschke, während er seine Videokamera in Position bringt. Beim großen zweitägigen UFA-Casting im Werre-Park hatte der Experte alle Hände voll zu tun, denn Dutzende Kinder, Jugendliche und Erwachsene wollten ihn von ihren schauspielerischen, gesanglichen oder tänzerischen Qualitäten überzeugen.
Einer von ihnen ist der 19-jährige Nico Terborg aus Vlotho. "Ich schreibe Songs und werde hier heute meine Eigenkomposition, Self-Confidence präsentieren", berichtet das Jung-Talent, der auf den ersten Blick extrem cool und lässig wirkt. Beim Sed-Card-Shooting, für das Marcel Nitschke zuständig ist, überzeugt Nico Terborg ebenfalls mit seiner natürlichen Art.

Doch dann steht er dem Casting-Urgestein Otto Nitschke Auge in Auge gegenüber. "Geht's dir gut?", fragt der UFA-Mann. "Jetzt kommt doch langsam das Lampenfieber", gesteht der Songwriter aus Vlotho, bevor er zur Gitarre greift und seine Eigenkomposition zum Besten gibt. Auch als Schauspieler muss er sich kurz darauf beweisen.
Immer mehr Casting-Willige melden sich
Otto Nitschke lässt sich mehr als eine halbe Stunde Zeit, um Nico Terborg auf die Probe zu stellen. Währenddessen melden sich immer mehr Casting-Willige bei Martin Helms am eigens dafür aufgebauten Tresen an. Flyer mit der Aufschrift "Wir suchen Dich" versprechen den Teilnehmern eine glänzende Zukunft als Fernseh- und Kino-Star.
"Wer hier mitmacht, hat gute Chancen auf Rollen in Fernseh-Formaten wie ,Gute Zeiten, schlechte Zeiten' oder ,Nachtschwestern', aber auch aufHauptrollen in Filmen wie ,Hanni und Nanni' und ,Teufelskicker'", berichtet Otto Nitschke, der pro Jahr 80 Castings in Deutschland, Österreich und Luxemburg durchzieht.

Ein stressiger Job – ein Leben aus dem Koffer. "Wir kommen viel rum, das stimmt. Aber obwohl ich das hier jetzt seit 18 Jahren mache, wird es nie langweilig. Und es gibt immer noch Momente, in denen ich Gänsehaut bekomme", gesteht der UFA-Veteran. Die Kartei des Filmunternehmens umfasse derzeit mehr als 130.000 Namen.
"Aber der Hunger nach neuen Talenten hört nicht auf", betont Otto Nitschke. Grundsätzlich seien Kinder einfacher zu casten, da sie natürlicher und unbefangener seien. "Manchmal allerdings zerren Mütter ihre Kinder zum Vorsprechen, obwohl diese das gar nicht möchten. Wenn ich das mit bekomme, beende ich die Sache recht schnell, denn das hat keinen Zweck."
"Du hast deine Sache gut gemacht"
Mit der zwölfjährigen Elisa Katharina Laue aus Lübbecke hat er da deutlich mehr Glück, denn das burschikos wirkende Mädchen mit den großen Kulleraugen möchte aus eigenem Antrieb Schauspielerin werden. "Ich habe in der Schule schon die ,Momo' gespielt", berichtet sie voller Stolz, um kurz darauf gemeinsam mit Otto Nitschke eine kurze improvisierte Szene zu spielen.
"Das Umswitchen von einer Situation zur anderen fiel dir etwas schwer, aber du hast deine Sache gut gemacht", betont der Film-Experte. Von den Zuschauern gibt es Applaus für die junge Dame, die für ihr Alter schon erstaunlich reif und selbstbewusst wirkt.

Weitaus weniger abgeklärt wirkt hingegen Joris Richter. Dem 14-Jährigen aus Löhne ist seine Nervosität deutlich anzumerken. "Ich liebe Filme, besonders Science-Fiction- und Action-Filme. Mit meinen Freunden drehe ich selber kleine Videos, um sie bei You Tube einzustellen", erzählt Joris. Welche Rolle er am liebsten spielen würde, weiß er nicht. "Ich bin da für alles offen." Das sind auch Lisa Gropp (18) und Bo Chemineau (51).
Die beiden Bad Oeynhausenerinnen warten mit ihren Anmeldebögen auf das Sed-Card-Shooting. "Also ich würde am liebsten in Horrorfilmen oder im ,Tatort' auftreten", sagt Lisa Gropp. Ihre Mitstreiterin hingegen interessiert sich mehr für Quiz-Shows. "Ich war schon einmal bei ,Wer wird Millionär?'", erzählt Bo Chemineau. Und da würde sie auch gerne noch einmal mitmachen.
Für Otto Nitschke und sein Team sind es anstrengende, aber auch interessante zwei Nachmittage im Werre-Park gewesen. Dutzende Kandidaten haben sich vor der Kamera präsentiert, die einen mit mehr, die anderen mit weniger Talent. Einem jeden hat der Produktionsleiter der UFA auf den Zahn gefühlt, denn nur diejenigen mit Ausstrahlung und dem gewissen Etwas habengute Chancen auf einen Anruf und eine Einladung zu weiteren Castings, dann in größeren Städten und vor prominenteren Gastgebern.
Und wer weiß – vielleicht sind schon bald Ausnahmetalente aus Bad Oeynhausen und Umgebung in bekannten Serien oder brandneuen Kino-Produktionen zu bewundern.