Warum ein Lichtbildautomat im Bürgerservice Lage zur Gefahr für ein Fotostudio wird

Lage. Für die Bürger soll es Wege sparen. Ab Mai 2025 soll das Antragsverfahren für Personalausweise, Reisepässe und ausländerrechtliche Dokumente bundesweit vereinfacht werden: Lichtbilder können dann direkt in der Behörde bei der Beantragung eines Dokumentes erstellt werden. Ein zusätzlicher Gang ins Fotostudio ist zwar möglich, denn auch von dort können Fotos digital übertragen werden. Aber es geht eben auch anders, eben direkt im Bürgerservice in Lage. Das hat aus Sicht von Anette Flentge weitreichende Konsequenzen für ihr Fotostudio. Sie fürchtet um ihre Existenz. Die Passfotos machen einen guten Teil ihres Umsatzes aus. Und weil das so ist, hat sie sich gemeinsam mit ihrer Tochter schon lange um das Thema gekümmert. Es gibt die entsprechende Software und ebenfalls kann das Fotostudio Flentge die Fotos fälschungssicher an den Bürgerservice übertragen. &bdquo;Wir haben in Vertrauen darauf investiert, dass ein solcher Automat nicht in Lage aufgestellt wird. Das wurde uns auch so zugesichert“, sagt Anette Flentge. Dann auf einmal sei die Kehrtwende gekommen. Hintergrund ist ein Pilotprojekt, das erst einmal in wenigen Kommunen ausprobiert wurde. Denn immer wieder gab es Probleme, weil die mitgebrachten Fotos nicht den biometrischen Vorgaben für die Ausweisdokumente entsprachen. Also mussten die Bürgerinnen und Bürger einen zweiten Termin zur Ausweisbeantragung vereinbaren. Passfotos müssen unterschiedlichen Ansprüchen genügen Dass Passfotos mal eben so nebenbei in einem Drogeriemarkt gemacht werden können oder einem Automaten, sieht auch Fotografenmeisterin Anette Flentge kritisch. &bdquo;Das ist ärgerlich, wenn diese den behördlichen Vorgaben nicht entsprechen. Dafür sind wir ausgebildet, Fotograf ist ein Handwerksberuf.“ In ihrem Fotostudio hat sie ebenfalls lange Listen, was in den unterschiedlichen Ländern gefordert wird: Ohren frei, mit Brille oder ohne? Wer nicht nur Personalausweis oder Pass beantragt, sondern ein Visum, weiß, dass es je nach Land Unterschiede gibt. Dem Bundesministerium geht es um die Fälschungssicherheit. Eine digitale Lichtbildaufnahme vor Ort soll dazu beitragen, Verwaltung bürgernäher zu gestalten. Sie ist Bestandteil des digitalpolitischen Programms von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Gleichwohl weist auch das Ministerium darauf hin, dass auch weiterhin biometrische Lichtbilder bei einer Fotografin oder einem Fotografen angefertigt werden können. Die Lichtbilder werden durch die Fotostudios digital an die Behörde übertragen. Anette Flentge und ihre Tochter Zoe fürchten, dass es aber anders kommen wird und die Kunden wegbleiben. Zumal nicht klar sei, was der digitale Service der Behörde kosten werde. &bdquo;Ich habe versucht, darüber Informationen zu bekommen, aber da gibt es keine Auskunft“, sagt Zoe Flentge. Der Automat solle der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt werden, aber es gebe Lizenzgebühren, jedes Hochladen eines Fotos in die Cloud koste Geld. Antragsteller hat nichts in der Hand &bdquo;Und was ist eigentlich, wenn der Bürger nicht mit dem Foto einverstanden ist? Er hat ja nichts in der Hand. Es wird übertragen, geprüft, ob Antragsteller und Foto übereinstimmen und landet dann im Ausweis. Wir Fotografen wissen, was wir bei diesen Bildern verbessern dürfen. Und wir zeigen sie dem Kunden, er hat die Auswahl.“ Und dass es so einfach für jede Personengruppe ist, mit dem Automaten zurechtzukommen, bezweifeln die Fotografinnen. &bdquo;Bei Babys braucht man mehr Zeit. Es gibt Senioren mit körperlichen Einschränkungen, denen wir helfen“, sagt Anette Flentge. Und letztlich frage sie sich, ob die Stadt dann zusätzliches Personal einstellen müsste, um den Bürgerinnen und Bürgern bei den Aufnahmen zu helfen. Beide Fotografinnen sind enttäuscht von der Stadtverwaltung. &bdquo;Wir zahlen hier unsere Gewerbesteuern, aber wir werden nicht unterstützt. Im Gegenteil. Will die Stadt noch mehr Leerstand?", fragt Anette Flentge. Stadt Lage bleibt bei ihrer Entscheidung Die Stadt allerdings sieht keinen Spielraum. Ab Mai 2025 seien diese Passbildautomaten vorzuhalten, da durch eine Gesetzesänderung ab diesem Zeitpunkt die Passbilder digital zur Verfügung zu stellen sind. Hoheitliche Dokumente sollen geschützt werden, vor allem vor Morphing, das sind computergestützte Spezialeffekte. Im August 2024 habe die Stadt Lage einen Lichtbildautomat bei der Bundesdruckerei bestellt. Dieser Automat werde der Stadt Lage – mit Blick auf einen zu generierenden Mindestumsatz – kostenfrei zur Verfügung gestellt. Schon vor der Bestellung sei die Stadt Lage im Dialog mit Anette Flentge gewesen. Aber: Die Stadt Lage müsse ein solches Gerät vorhalten, da während der erweiterten Öffnungszeiten des Bürgerservices der Dienst der digitalen Erstellung von Passbildern gewährleistet sein muss. Dafür sei es auch notwendig, von Öffnungszeiten weiterer Verkaufsstellen unabhängig zu sein. Darüber hinaus könne der Lichtbildautomat auch Fingerabdrücke nehmen und eine digitale Unterschrift direkt an die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter übersenden. Gebühren für Automaten noch unbekannt Zu einer konkreten Preisgestaltung könne man derzeit noch keine Auskünfte erteilen, da das Gerät noch nicht vor Ort ist. &bdquo;Für die Einspielung des Fotoautomaten in das Fachverfahren werden durch den Hersteller Gebühren erhoben werden. Diese sind zum aktuellen Zeitpunkt aber noch nicht exakt benannt“, heißt es weiter. Für eine Einführungsphase werde sicherlich Hilfestellung für die Bürgerinnen und Bürger notwendig sein. Die Personalstärke des Bürgerservices soll dafür ausreichend sein.

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