Fahrt in dunkle Vergangenheit

Wie Schüler aus Leopoldshöhe den Besuch in Auschwitz erleben

23 Schülerinnen und Schüler der Felix-Fechenbach-Gesamtschule (FFG) besuchen das ehemalige Konzentrationslager in Polen. Ihre Eindrücke halten sie in einer Ausstellung fest.

Ahmad Aljassem (v.l.), Skabi Kleine, Laura Bienert und Aileen Rogalski schildern ihre Erfahrungen. Ihre Ausstellung wurde im Selbstlernzentrum der Felix-Fechenbach-Gesamtschule präsentiert. | © Anna-Lena Hinder

Anna Lena Hinder
28.02.2025 | 28.02.2025, 17:53

Leopoldshöhe. „Die Geschichte darf sich niemals wiederholen.“ Mit diesen Worten fasst Schülerin Laura Bienert ihre Eindrücke von der Studienfahrt nach Auschwitz zusammen. Gemeinsam mit 22 Schülerinnen und Schülern der Felix-Fechenbach-Gesamtschule (FFG) besuchte sie das ehemalige Vernichtungslager in Polen. Im Gespräch mit der Neuen Westfälischen schildern vier von ihnen ihre Erfahrungen.

Besonders eindrücklich sei der Moment gewesen, als sie durch einen langen Tunnel gingen, während die Namen von Menschen verlesen wurden, die während des Nationalsozialismus im KZ ihr Leben verloren. „Da haben wir schon ein sehr beklemmendes Gefühl bekommen“, erzählt Bienert. „Wir wollten auch gar nicht miteinander reden und mussten erst einmal realisieren, dass wir gerade wirklich hier sind.“ Spätestens als die Gruppe aus dem Tunnel trat und vor dem Eingangstor stand, wurde die bedrückende Realität des Ortes greifbar. Der Blick auf den berüchtigten Schriftzug „Arbeit macht frei“ ließ die Schüler innehalten.

Sechs Millionen Frauen, Kinder und Männer fielen den Tätern aus Deutschland zum Opfer. Auschwitz war eines der Lager, in denen die Opfer durch Arbeit und Gas vernichtet wurden. Sie hätten sich viel, auch außerhalb des Unterrichtes mit dem Thema beschäftigt und historische Fakten erarbeitet. „Es war sehr bewegend davor zu stehen, vor dem Tor“, sagt Bienert.

Besucher stehen am Tor zum ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz I mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei". - © dpa
Besucher stehen am Tor zum ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz I mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei". | © dpa

Bewegende Führung durch das Lager

Geführt von einem sachkundigen Guide gingen die Schüler von Haus zu Haus, während sie über Kopfhörer Informationen erhielten. „Unser Guide hat es wirklich großartig gemacht“, erzählt Bienert. „Sie hat sich viel Zeit genommen, alles genau erklärt und immer wieder nachgefragt, ob wir noch etwas wissen möchten.“

Reportage: Besuch in Auschwitz: Wie Schüler das ehemalige Vernichtungslager erleben

Die Reaktionen auf das Erlebte waren unterschiedlich. Einige Schüler weinten, andere blieben still und versuchten, das Gesehene für sich zu verarbeiten. Wiederum andere mussten zwischendurch den Raum verlassen oder sich kurz von der Gruppe entfernen, um frische Luft zu schnappen – einfach, um das Erlebte einen Moment lang sacken zu lassen, berichtet Bienert.

„Ich bin an meine Grenzen gekommen“

Für einige wurde die Konfrontation mit der Vergangenheit körperlich spürbar. „Einer aus unserer Gruppe hat sich sogar übergeben“, erzählt Mitschülerin Skadi Kleine. Hinter Glaswänden lagen die letzten verbliebenen Besitztümer der Opfer: Koffer, ein riesiger Haufen abrasierten Haars, unzählige Schuhe und Kanister mit Zyklon B – dem Giftgas, mit dem die Nationalsozialisten ihre Opfer ermordeten. „Spätestens da bin auch ich an meine Grenzen gekommen“, sagt Kleine.

„Die Menschen haben damals weggesehen“, sagt Ahmad Aljassem, der in Syrien geboren ist. Heute würde auch weggesehen – in Gaza, im Sudan und auch damals in Syrien. Aljassem erinnert sich an einen Moment während der Besichtigung: den Augenblick, als er auf der Rampe stand, wo einst über Leben und Tod entschieden wurde. „Wer bist du, dass du eine solche Entscheidung treffen darfst?“

Weiterer Besuch im KZ Auschwitz-Birkenau

Neben Auschwitz besuchten die Schüler auch das Schindler-Museum, eine NS-Kunstausstellung sowie das Konzentrationslager Birkenau. Dort führte der Guide sie zu einer weitläufigen Fläche in der Nähe eines Sees. Hier wurden die Leichen der Opfer verbrannt, ihre Asche in das Wasser geworfen. Sie hielten eine Schweigeminute ab. „Es hat sich so angefühlt, als wären die Seelen immer noch da, als wäre man nicht allein an diesem Ort“, beschreibt Bienert ihre Empfindungen.

In der Ausstellung haben die Schüler eigene Texte und Fotos zum Vernichtungslager zusammengestellt. - © Anna-Lena Hinder
In der Ausstellung haben die Schüler eigene Texte und Fotos zum Vernichtungslager zusammengestellt. | © Anna-Lena Hinder

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Zurück in Deutschland berichteten die Schüler in ihren Kursen von der Reise, auch in ihren Familien sprachen sie über das Erlebte. Sie haben heute einen anderen Blick auf das Thema. In der Ausstellung präsentieren sie die Eindrücke, die sie während ihres Aufenthalts gesammelt haben, in Form von eigenen Fotos des Lagers, eigenen Texten sowie Werken von Selma Meerbaum-Eisinger und der „Todesfuge“ von Paul Celan.

Reise stärkt den Zusammenhalt der Schüler

Diese Erfahrung – die Besichtigung des Konzentrationslagers – sollte jeder einmal machen, findet Schülerin Aileen Rogalski. Sie und ihre Mitschüler sind dankbar, dass die Schule diese Studienfahrt nach Polen ermöglicht hat. Durch die Reise seien sie als Gruppe enger zusammengewachsen, auch Schüler, die vorher wenig miteinander zu tun gehabt haben. Sie haben sich viel über das Erlebte unterhalten und sich gegenseitig getröstet.

Die Arbeiten sollten eigentlich vom 27. Januar bis 27. Februar im Selbstlernzentrum der Gesamtschule ausgestellt werden. Weil die Ausstellung aber so gut ankommt, hat Katrin Kwapich, die Organisatorin des Selbstlernzentrums, entschieden, sie bis zu den Osterferien zu verlängern.