Juniorwahl in der Sielmann-Schule

Vor der Bundestagswahl: Demokratie auf dem Stundenplan in Oerlinghausen

Ein ehemaliger Richter appelliert an die Schülerinnen und Schüler der Heinz-Sielmann-Schule in Oerlinghausen, nur systemtreuen Parteien zu vertrauen. Die Juniorwahl allerdings zeigt ein für Schulleiter Christian Landerbarthold „irritierendes Ergebnis“.

Mit seinem Vortrag erläuterte der ehemalige Richter Martin Lehmann den Zehntklässlern der Heinz-Sielmann-Schule die Grundzüge des demokratischen Rechtsstaats. | © Knut Dinter

Knut Dinter
25.02.2025 | 25.02.2025, 12:18

Oerlinghausen. Ein „Projekttag Demokratie“ stand unmittelbar vor der Wahl zum Deutschen Bundestag auf dem Stundenplan der Heinz-Sielmann-Schule. Auf unterschiedliche Weise näherten sich die Klassen dem Thema an.

Wie alle anderen weiterführenden Schulen in der Umgebung hatte auch die Heinz-Sielmann-Schule mit den achten bis zehnten Jahrgangsstufen an den Juniorwahlen teilgenommen und Ergebnisse erzielt, die dem Fach Politik sicherlich in Zukunft noch einmal eine ganz besondere Bedeutung zusprechen.

So entfielen bei den Erststimmen 20,5 Prozent auf die SPD, 18,5 Prozent auf die CDU, 4 Prozent auf Bündnis 90/Die Grünen, 4,6 Prozent auf die FDP, 30,5 Prozent auf die AfD und 21,9 Prozent auf Die Linke. Ein ähnliches Bild zeichnete sich bei den Zweitstimmen ab. 16,2 Prozent entfielen auf die SPD, 17,6 Prozent auf die CDU, Bündnis 90/Die Grünen kamen auf 3,4 Prozent und die FDP auf 4,7 Prozent. Die AfD holte mit 27,7 Prozent die meisten Zweitstimmen, gefolgt von der Linken mit 24,3 Prozent.

„Über Gefahren für die Demokratie aufklären“

Schulleiter Christian Landerbarthold, der von dem Wahlausgang sichtlich irritiert war, unterstrich in einem ersten Statement, die Bedeutung der Demokratieerziehung. „Hier müssen wir als Gesellschaft tätig werden und unsere Kinder und Jugendlichen über mögliche Gefahren für die Demokratie aufklären“, sagte er. Einen ersten Aufschlag machte an diesem Projekttag Martin Lehmann. Vor den zehnten Klassen sprach der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof über das Grundgesetz und über mögliche Gefahren für das demokratische Prinzip.

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Lehmann stellte zunächst den Aufbau des Grundgesetzes dar, erläuterte das Rechtsstaatsprinzip und die Bedeutung der Gewaltenteilung. Zwar wirkten die Staatsbürger an der politischen Willensbildung mit, indem sie ihr Wahlrecht wahrnehmen, erklärte der frühere Richter, „aber allein mit Wahlen ist die Demokratie nicht gesichert“. Am Beispiel von Hitler, Putin, Orban und anderen machte er deutlich: „Alle Autokraten sind ja durch demokratische Wahlen an die Macht gelangt.“ Jedoch anschließend seien etliche demokratische Positionen geschleift worden.

„In den USA wird die Justiz instrumentalisiert“

Deshalb sei das Prinzip der Gewaltenteilung so bedeutsam, denn es garantiere, dass Regierung und Verwaltung kontrolliert werden. In Deutschland sei die Justiz unabhängig, betonte Lehmann. „Kein Richter ist weisungsgebunden, sondern nur dem Gesetz verpflichtet“, sagte er. Beispiele anderer Länder zeigten jedoch, dass auch die Demokratie bedroht sein könne.

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So sei die neueste Entwicklung in den USA sehr bedenklich. Es zeichne sich dort ab, dass die Justiz instrumentalisiert werde. „Wenn aber Gerichtsurteile von der Regierung korrigiert werden, dann ist die Gewaltenteilung aufgehoben“, schlussfolgerte Lehmann und forderte: „Wer demokratische Regeln nicht einhält, muss von den Schalthebeln der Macht entfernt werden.“

Totalitäre Regime dürfen nicht als Vorbild dienen

Trotz aller Kritik an den politischen Parteien dürften aber nicht totalitäre Regime wie in Ungarn als Vorbild dienen. In Bezug auf die bevorstehende Wahl meinte er: „Wer unzufrieden ist, sollte eine Alternative nur bei systemtreuen Parteien suchen.“ Denn der demokratische Rechtsstaat könne seine Bürger am besten schützen.

Auf die Frage von Schülern, warum extreme Parteien nicht verboten würden, erklärte Lehmann, dass es hohe gesetzliche Hürden gebe. Außerdem sei es sehr schwer festzustellen, ob eine Partei tatsächlich verfassungsfeindliche Ziele verfolge. „Was kann man tun, um die Demokratie zu schützen?“ lautete eine weitere Frage einer Schülerin. Lehmann empfahl, sich umfassend zu informieren, die Quellen zu prüfen und den Wahl-O-Mat als Entscheidungshilfe zu nutzen.

Die meisten Zehntklässler hatten noch nicht das Alter erreicht, um sich an der Bundestagswahl beteiligen zu können. Dennoch sei eine frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema ratsam und notwendig, meinte Schulleiter Christian Landerbarthold. „Die Kommunalwahl im September ist nicht mehr weit weg“, sagte er.