Streit um die geplante „Blitzergemeinschaft“: Detmold kontra Kreis Lippe

Kreis Lippe. Raser in der Tempo-30-Zone, etwa vor Kindergärten oder Altenheimen, und nichts passiert: Immer wieder kommen Beschwerden darüber bei lippischen Bürgermeistern an. Den Vertretern kleinerer Kommunen waren bis jetzt jedoch meist die Hände gebunden – sie konnten nur hoffen, dass der Kreis mit einem mobilen Blitzer vorbeikommt. &bdquo;Aber der Kreis kann all die Wünsche gar nicht befriedigen: Bei entsprechenden Vorstößen hieß es immer, es gäbe nicht genug Kapazitäten“, berichtet Blombergs Bürgermeister Christoph Dolle dazu. Dass auch seine Amtskollegen in anderen Kommunen ähnliche Erfahrungen machen, sei wiederholt in der Bürgermeisterkonferenz zur Sprache gekommen. Die Stadt Detmold ist da schon lange nicht mehr auf Kreis oder die Polizei angewiesen: &bdquo;Wir haben die Dinge bereits 2017 in die eigene Hand genommen“, sagt Detmolds Bürgermeister Frank Hilker stolz. &bdquo;Damals hat uns der Kreis 18 Messstellen übergeben, mittlerweile sind es 180 Stellen, an denen wir die Geschwindigkeit kontrollieren.“ Er betont: &bdquo;Das hat nichts mit Abzocke zu tun, sondern mit dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen. Bürgerinnen und Bürger melden sich von sich aus bei uns und bitten darum, dass an bestimmten Gefahrenpunkten endlich mal kontrolliert wird.“ Kleinere Kommunen durften nicht selbst blitzen Das hätten sich die Bürgermeister in kleineren lippischen Kommunen auch mal für sich gewünscht, doch bisher hatten sie keine Chance: Nur Kommunen mit mindestens 60.000 Einwohnern durften bisher in eigener Regie – natürlich immer in Absprache mit der Kreisbehörde und der Polizei – die Geschwindigkeit überwachen. Doch eine neue Regelung vom Frühjahr vergangenen Jahres eröffnet hier eine Chance, und die wollen, wie berichtet, Blomberg, Horn-Bad Meinberg, Lage, Schlangen und Augustdorf jetzt in Kooperation mit der Stadt Detmold ergreifen: Das Heimatministerium erlaubt in einem Erlass nun kleineren Kommunen, sich zusammenzutun, um auf die geforderten 60.000 Einwohner zu kommen. Innenminister Herbert Reul hat nichts dagegen, sofern nicht &bdquo;schutzwürdige Belange Dritter“ oder das Gemeinwohl beeinträchtigt würden. Detmold plant Verkehrsüberwachungsdienst Die Detmolder Stadtverwaltung hat daraufhin einen kommunalen Verkehrsüberwachungsdienst unter ihrer Regie vorgeschlagen: In Absprache mit den Kommunen vor Ort würde Detmold die Koordination übernehmen und ihre beiden Blitzer – ein dritter soll noch angeschafft werden – zu den örtlichen Gefahrenstellen schicken. Das System soll sich selbst tragen. Wenn nach Abzug aller Kosten was übrig bleibt, bekommt Detmold den Überschuss zur Hälfte, den Rest teilen sich die anderen Kooperationspartner. Soweit der Plan. Doch genau der stößt beim Kreis Lippe auf wenig Gegenliebe. &bdquo;Ich halte das für rechtswidrig“, sagte Kreiskämmerer Rainer Grabbe in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses für Wirtschaft und Tourismus auf die Frage eines Ausschussmitgliedes, was denn davon zu halten sei. Eigentlich sei die Verkehrsüberwachung Sache des Kreises Lippe, und der komme dieser Verpflichtung auch nach. Mit zwei Anhängern und einem Blitzer-Auto decke der Kreis außerhalb von Detmold 400 bis 500 Messstellen ab. &bdquo;Hinweisen aus der Bevölkerung gehen wir auch nach“, betont Grabbe. Im Jahr 2024 habe es bei den stationären Blitzern 34.000 Vorgänge geben, 16.000 Mal blitzte es aus dem kreiseigenen Blitzerauto, genauso oft bei Messaktionen der Polizei. 14.000 Mal lösten die Blitzeranhänger aus. Begehren, dass in lippischen Kommunen mehr geblitzt werden solle, sei ihm nur von einer einzigen bekannt, nämlich von Christoph Dolle aus Blomberg. Kreiskämmerer sieht Rechtsverstoß Den Vorstoß der Detmolder zur Kooperation mit den genannten fünf Kommunen halte er für rechtswidrig und will wissen: &bdquo;Warum haben die nicht mal bei uns nachgefragt?“ Er habe das Ganze nun zur Prüfung an die Bezirksregierung weitergeleitet, und die frage nun erst mal in Düsseldorf nach. Seine Sorge: Wenn die Kommunen auf eigene Faust Messstellen betreiben, beteiligen sie sich möglicherweise nicht an den kreiseigenen Messaktionen, die letzten Endes über die Kreisumlage finanziert würden. Somit blieben die übrigen zehn Kommunen allein auf den Kosten für die Kreisblitzerei sitzen, das falle dann unter die schutzwürdigen Belange Dritter. Detmolds Bürgermeister Frank Hilker kann da nur mit dem Kopf schütteln: Die Blitzer-Kooperation solle ja die Kreiskontrollen nicht ersetzen, sondern ergänzen, und in der jüngsten Bürgermeisterkonferenz hätten schon zwei weitere Kommunen Interesse angemeldet. Im Übrigen erschließe sich ihm die ablehnende Haltung des Kreises absolut nicht: &bdquo;Wer sollte denn eine Zusammenarbeit anführen, wenn nicht eine Kommune, die seit 2017 Erfahrung damit hat?“ Detmold biete hier einen Service mit Qualität, &bdquo;man müsste doch ein Interesse beim Kreis haben, dass so etwas läuft. Dass man das nicht unterstützt, erschüttert mich“, betont der Sozialdemokrat. Hilker wirft Kreis Verhinderungspolitik vor Es sei so typisch, &bdquo;dass es hier kein Miteinander, sondern ein Verhindern gibt.“ Hilker vermutet politische Hintergründe, im Kreishaus wolle man kein weiteres Leuchtturmprojekt aus Detmold, &bdquo;weil das zu positiv ist.“ Mittlerweile hat diese Redaktion bei der Bezirksregierung nachgefragt, die aus der Zeitung vom Detmolder Kooperationsplan erfahren hat, wie sie schreibt. &bdquo;Eine erste Bewertung ergab, dass es einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen den beteiligten Kommunen und deren Genehmigung durch die Kommunalaufsicht der Bezirksregierung Detmold bedarf. Im Zuge dieses Genehmigungsverfahrens prüft die Bezirksregierung in einer ergebnisoffenen Abwägung unter anderem auch, inwieweit durch die beabsichtigte Aufgabenverlagerung schutzwürdige Belange Dritter beeinträchtigt werden oder ihr Gründe des öffentlichen Wohls entgegenstehen.“ Oder anders ausgedrückt: Noch ist nichts entschieden.

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