Oerlinghausen

Der Doppelhaushalt ist genehmigt

Mit Ausnahme der Grünen stimmen alle Fraktionen dem Zahlenwerk zu. In den Haushaltsreden gibt es in Form deutlicher Worte zwei Überraschungen.

Der Rat der Stadt Oerlinghausen hat den Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023 beschlossen. Die Stadt wird also wieder handlungsfähig, doch die Sparschweine müssen insgesamt fünf Millionen Euro hergeben. | © Sarah Jonek (Symbolfoto)

Gunter Held
05.03.2022 | 05.03.2022, 07:11

Oerlinghausen. Es ist geschafft. Oerlinghausen kann wieder agieren. Gegen die sechs Stimmen der Grünen-Ratsfraktion ist am Donnerstag der Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023 verabschiedet worden. Die Kommunalpolitiker haben es sich nicht leicht gemacht. Eingebracht hat die scheidende Kämmerin Jutta Martfeld, die am Donnerstag krankheitsbedingt fehlte, den Haushaltsentwurf am 11. November. Beinahe vier Monate brauchten die Politiker in den einzelnen Fraktionen, bis sie Kompromisse gefunden und Einsparmöglichkeiten ausgelotet hatten.

Traditionell werden die Haushaltsreden vor der Verabschiedung des Zahlenwerkes dazu genutzt, um von Lob und Kritik zu reden. Die Reden der werden in der Reihenfolge nach der Größe der Fraktionen gehalten, eine Aussprache gibt es nicht.

Den Anfang machte also Peter Heepmann, Fraktionschef der SPD. Er sieht den Doppelhaushalt als ein Instrument, dass „unsere Stadt kontinuierlich, verlässlich und zielorientiert mit Blick auf eine moderne, lebenswerte, klimafreundliche und bildungsorientierte Perspektive weiterentwickelt“. Er sah aber auch den geringen Spielraum für konsumtive Ausgaben, denn die Kreisumlage und andere Pflichtaufgaben würden viel Geld binden.

Bei den investiven Ausgaben sieht er mehr Möglichkeiten: „Der Grundschulverbund ist gut aufgestellt“, für die Grundschule Helpup sind drei Millionen Euro eingeplant, die Lehrküche der Heinz-Sielmann-Schule wird erneuert und eine neue Sporthalle gibt es auch. Und für die Sanierung des Gymnasiums stehen 1,6 Millionen Euro im Haushalt. Er sprach den Medienentwicklungsplan und den digitalen Hausmeister an und goutierte, dass die offene Kinder- und Jugendarbeit nun von der Stadt betrieben wird.

Die SPD, sagte Heepmann, werde sich dafür stark machen, dass das Problem „Sporthäuschen“ der TuS Helpup endlich gelöst wird. Und schließlich sieht er einen großen Erfolg in der grad vorher beschlossenen Sanierung des Freibades. „Zusammen mit der Klimaerlebniswelt, dem Freilichtmuseum und dem Naturschutzgroßprojekt entsteht ein einmaliges Ensemble zum Bilden, zum Natur erleben und zum aktiven Erholen.“ Auch auf die neuen Baugebiete „Westerheide“ und Westlich des Siekbachs“ ging wer kurz ein.

»IO soll Unterstellungen unterlassen«

Positiv am Doppelhaushalt sei, dass er die Haushaltssicherung vermeide und keine Steuererhöhungen vorsehe. Die Neuverschuldung nannte er moderat. Er machte keinen Hehl daraus, dass es seit der Kommunalwahl 2020 die größten Schnittmengen mit der CDU und der FDP gebe und bezeichnete die Zusammenarbeit als vertrauensvoll.

Auch die Grünen sprach er an, mit denen die SPD zehn Jahre lang kooperiert hatte. Er kritisierte allerdings die Politik der Oerlinghauser Grünen als „ein gutes Stück Wunschdenken“ und Mangel an Kompromissbereitschaft und -fähigkeit. Deutliche Kritik übte er an der Initiative Oerlinghausen. Er forderte deren Mitglieder auf, Unterstellungen gegenüber der SPD und anderen Fraktionen aber auch gegenüber dem Bürgermeister zu unterlassen. Fake News und Halbwahrheiten hätten in der demokratischen Diskussion nichts verloren.

Tobias Jaehn, FDP. - © Gunter Held
Tobias Jaehn, FDP. | © Gunter Held

Angelika Lindner, Fraktionsvorsitzende der CDU, führte aus, dass die geplanten Ausgaben die Einnahmen in den nächsten beiden Jahren überschreiten werden. In diesem Jahr um 2,2 Millionen, 2023 um 3,5 Millionen Euro. Nur mit einem Ausgleich aus dem Eigenkapital sei der Doppelhaushalt genehmigungsfähig. Knapp eine Million Euro habe die Stadt durch die Pandemie weniger einnehmen können. In den vergangenen Jahren habe die CDU bei den Haushaltsplänen zu viel Schatten und zu wenig Licht gesehen. Doch es sei eine Entwicklung erkennbar. Dennoch kritisierte sie zwei Punkte: Das städtebauliche Entwicklungskonzept komme nicht schnell genug voran. Und für besorgniserregend hält die CDU den Griff ins Eigenkapital. „Das kann und darf so nicht weitergehen.“ Sie machte deutlich, dass die CDU sich um alle vier Stadtteile und deren Bürger kümmern werde. Der Haushalt greife zukunftsweisende Themen auf und setze die richtigen Schwerpunkte in denen sich auch die CDU wiederfände. Der CDU fehle allerdings die Wirtschaftsförderung für die 700 Firmen der Stadt. Nur ein Zuschuss zum Breitbandausbau und den Marketing-Verein reiche nicht. Unternehmertag, Unterstützung von Start-up-Gründungen, Firmen-Netzwerk-Aufbau, all das hätte andere Kommunen längst installiert. „Machen wir es doch auch so.“

Ute Hansing, Bündnis 90/Die Grünen. - © Privat
Ute Hansing, Bündnis 90/Die Grünen. | © Privat

»Verantwortung wird weggeschoben«

Als dritte Fraktionsvorsitzende ergriff Ute Hansing von den Grünen das Wort. Sie fragte, wie viel Zukunft eine Kommune wagen müsse. Und sie erinnerte, dass die Grünen zu Beginn der Haushaltsverhandlungen gesagt hätten, dass die Schwerpunkte auf Klimaschutz und im Bildungsbereich liegen müssten. Der Haushalt aber gebe keine Antwort auf die Frage, wann Oerlinghausen klimaneutral wird. Und sie erinnerte an die Vorschläge, die die Grünen gemacht haben und die abgelehnt worden seien: Eine Stelle für Klimamanagement in der Verwaltung, echter Ausbau der Radwege und nicht nur rote Farbe auf der Straße, der Ausbau der Solarenergie durch Stadt und Stadtwerke, um erneuerbare Energien vor Ort ins Netz zu bringen. Lediglich die Planung einer Ladeinfrastruktur sei noch offen.

Peter Heepmann, SPD. - © SPD
Peter Heepmann, SPD. | © SPD

Ein Highlight aber sahen die Grünen doch im Haushalt: den Einstieg in die Erweiterung der Grundschule Helpup und die deutliche Ausweitung des Medienentwicklungsplanes. Die Gesamtsituation der Stadt bezeichneten sie als einen „Status quo, der Verantwortung wegschiebt“. Die Ablehnung des Haushalts sei eine Ablehnung des Status quo und „ein Ja zu einer Zukunft, die mehr wagt“.

Angelika Lindner, CDU. - © Privat
Angelika Lindner, CDU. | © Privat

Tobias Jaehn von der FDP erinnerte daran, dass es ein FDP-Antrag war, der den digitalen Hausmeister forderte (mittlerweile umgesetzt). Und ebenso wurde auf Drängen der Liberalen geprüft, wie viele Hochleistungslüfter benötigt werden. Er berichtete aber auch davon, dass die Liberalen „kurze Atemaussetzer“ bekamen, als sie bei den Beratungen erfuhren, wie viel im Schulbereich eingespart werden müsse. Dennoch haben sie zugestimmt, weil die Kürzungen nicht dazu führen, „dass ein Radiergummi weniger angeschafft“ werde. Auch Jaehn kritisierte sowohl die Grünen wie auch die IO, weil die beiden Fraktionen seiner Ansicht nach populistische Anträge stellen.

Dennis Thon, Initiative Oerlinghausen. - © Gunter Held
Dennis Thon, Initiative Oerlinghausen. | © Gunter Held

Die letzte Rede hielt Dennis Thon von der IO. Nachdem er Bürgermeister Dirk Becker für seine Worte gedankt hatte, die dieser in der vergangenen Woche zum Überfall Russlands auf die Ukraine gefunden hatte, versagte er der Verwaltung den Dank für die Arbeit am Haushalt. Auch die IO schätze die Vorbereitungen der Verwaltung, doch letztlich sei das ihr Job. „Nun gilt es aber, die Arbeiten auszuführen und umzusetzen.“ Die IO sehe den Haushalt kritisch, und eine Ablehnung sei genauso begründbar wie eine Zustimmung. Er kritisierte, „neben anteiliger Blockadepolitik, Neiddebatten und der Modifikation unserer Anträge, erlebten wir viele Facetten der lokalen Politik, getrieben durch vereinzelte Personen“. Ebenso kritisierte er, dass die Stadt immer noch handlungsunfähig sei, weil der Haushalt erst von der Kommunalaufsicht genehmigt werden müsse.