Oerlinghausen

Grüne enttäuscht über die Unentschlossenheit

Der Stadtrat vertagt die Entscheidung über eine mögliche Umbenennung des Agnes-Miegel-Wegs.

Der ehemalige Ratsherr der CDU, Wilfried Holzapfel, und das Ehepaar Brigitte und Uwe Büscher sind gegen eine Umbenennung des Agnes-Miegel-Weges. | © Gunter Held

Gunter Held
29.01.2022 | 29.01.2022, 09:11

Oerlinghausen. Der einzige Punkt über den in der Ratssitzung am Donnerstag in der Mensa der Heinz-Sielmann-Schule diskutiert wurde, waren Bürgeranträge, die sich mit der Umbenennung und Nicht-Umbenennung des Agnes-Miegel-Weges in der Südstadt beschäftigten. Drei Antragsteller, davon einer, der am Agnes-Miegel-Weg wohnt, hatten die Umbenennung des Weges zum Ziel. Zwei Anträge gab es, den Namen beizubehalten. Einer davon war in Form einer Unterschriftenaktion von 41 Anwohnern eingereicht worden. Entschieden wurde am Ende nichts. Das soll in der nächsten Ratssitzung am 3. März passieren.

Auf Vorschlag von Bürgermeister Dirk Becker erhielt jede Fraktion die Gelegenheit, eine Stellungnahme zu der Thematik vorzustellen. Der Reihenfolge wurde bestimmt von der Größe der Fraktion. Für die SPD machte Volker Neuhöfer deutlich, dass die Frage einer Umbenennung schwierig zu beantworten sei. Man habe in der Fraktion intensiv und kontrovers diskutiert. Dahinter stand auch das Bewusstsein, dass „der Name unserer Nation auf ewig mit dem Mord des NS-Regimes an sechs Millionen Juden in Verbindung stehen wird“. Agnes Miegel habe eine starke Nähe zum NS-Regime gehabt und sich auch nach dem Krieg nicht distanziert.

Aber sie sei auch eine bedeutende Dichterin gewesen, die vom deutschen Literatur-Papst Marcel Reich-Ranicki gewürdigt wurde. Eine Beibehaltung des jetzigen Status könne es für die SPD nicht geben. Die SPD schlage vor, den Straßennamen mit einem informativen Zusatzschild zu versehen.

Auch Angelika Lindner, Fraktionschefin der CDU, sprach von intensiven Diskussionen in der Fraktion. Sie sagte: „In der Nachkriegszeit verloren Millionen Deutsche ihre Heimat.“ Um die Eingliederung zu erleichtern, seien Straßennamen nach den „verlorenen Ostgebieten, nach Dichtern und Prominenten benannt“. Es gebe gute Gründe, Agnes Miegel nicht mit einem Straßennamen zu ehren. Doch die CDU plädiere für die Beibehaltung des Namens verbunden mit einem Zusatzschild, ähnlich, wie es die SPD vorgeschlagen habe, jedoch erweitert um einen QR-Code hinter dem sich weitere Informationen zu Agnes Miegel nachlesen lassen.

Die Grünen bekannten sich als einzige Fraktion konsequent zu einer Umbenennung. Fraktionsvorsitzende Ute Hansing begann ihren Beitrag mit dem Hinweis, dass der Tag der Ratssitzung, der 27. Januar, der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus sei. „Heute soll der Tag sein, an dem der Rat der Stadt Oerlinghausen Abstand davon nimmt, eine bekennende Nationalsozialistin in Form einer Straßenbenennung weiter zu ehren“, sagte sie. Die Antragsteller für eine Umbenennung hätten den Fokus auf einen Tatbestand gerichtet, der aus Bequemlichkeit zu lange geruht habe.

Diesen Worten wohnte Selbstkritik inne, denn vor zehn Jahren, bei der ersten Diskussion um eine Umbenennung, war einstimmig entschieden worden, dass die Grünen ein Zusatzschild konzipieren. Das ist jedoch nicht geschehen. Wichtig für die Grünen war, dass sich Miegel nie von ihrem Wirken während der NS-Diktatur distanziert habe. „Es ist eine Frage der demokratischen Kultur, wem wir erinnernd gedenken wollen und wem lieber nicht“, sagte Hansing.

Tobias Jaehn (FDP) stimmte im Grundsatz der SPD und der CDU zu, schlug aber vor, dass das Zusatzschild dem Rat präsentiert werde, bevor es montiert werde.

Dennis Thon, Fraktionsvorsitzender der Initiative Oerlinghausen (IO), sagte, dass es am Agnes-Miegel-Weg 125 Anwohner gebe. Die Initiative spreche sich dafür aus, dass die Verwaltung eine Abfrage mit Erläuterungen des Themas an die Haushalte versendet. So würden die Anwohner mit ins Boot geholt.