Hunde verstehen: Diese Borgentreicherin zeigt Kindern, was die Vierbeiner denken

Borgentreich/Manrode. Nana und Milo sind hellwach, als es an der Tür klingelt. Energiebündel wie ihr Frauchen. An guten Tagen. Claudia Tauchert, die jetzt die Tür öffnet, sitzt im Rollstuhl. In ihr wuchert eine tückische Krankheit, die vor Jahren ihr Leben gänzlich umkrempelte. Sie habe sich einen Traum erfüllt, sagt sie jetzt. Und möchte andere sensibilisieren. &bdquo;Für die Begegnung mit Behinderten und den Hunden“. Tiere habe sie schon immer gemocht, sagt sie. Jetzt sind die beiden Hunde Freund und Helfer. Die Krankheit zehrt. Tauchert spricht davon, immer schwächer zu werden. Sich operieren lassen, das will sie nicht mehr. Zu gering die Erfolgsaussichten. Die starken Schmerzen kommen in Schüben. 2015 hatte sie die Diagnose erhalten: &bdquo;Infiltrierende Endometriose“. Bei der Endometriose, einer der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen, wuchert Gewebe der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter. Tauchert leidet an einer Form, bei der das Gewebe nicht nur an der Oberfläche wächst, sondern sich tief in andere Organe und Gewebe des Beckens, wie etwa Eileitern und Eierstöcken sowie der Vagina, im Dick- und Dünndarm, in der Harnblase oder Harnröhre einnistet. Verwachsungen im Bauchraum, &bdquo;zerstörend, nicht heilbar“, merkt sie an. Ein extremer Einschnitt im Leben, der alles auf den Kopf stellt. In der Folge der Erkrankung stellte sich bei der 48-Jährigen Nervenleiden und auch das Fatigue-Syndrom, die chronische Erschöpfung, ein. Dazu der Bandscheibenvorfall. Seit sechs Jahren ist Tauchert auf den Rollstuhl angewiesen. Doch ihren Lebensmut, ihre Lebensfreude hat sie nicht verloren. Trotz aller Schmerzerfahrungen und Rückschläge. &bdquo;Nie aufgeben“, sagt sie. &bdquo;Egal, wie schlecht es einem geht.“ Lesen Sie auch: Hilfe bei schmerzhafter Krankheit: Neues Zentrum am Gütersloher Klinikum eröffnet Das Auto der Manroderin ist auf Handgas umgestellt Die Räume im Neubauhaus in Manrode mussten umgebaut werden. Barrierefrei, sagt die Mutter dreier Kinder. Die Stufen vor den Hauseingängen und zur Terrasse verschwanden, Bad und Küche sind nun rollstuhl- und behindertengerecht. Ein Treppenlifter hilft beim Gang ins Obergeschoss. Das Auto ist auf Handgas umgestellt. Tauchert möchte Vorurteilen begegnen. &bdquo;Vorurteilen, die Behinderten entgegengebracht werden“, sagt sie. &bdquo;Die können doch nichts“ oder &bdquo;Ach, wie schlimm“, gibt sie Bemerkungen wider, die niemandem weiterhelfen. Sie möchte sensibilisieren, Bewusstsein schaffen. Auch deshalb bietet sie Stunden mit ihrem Therapiebegleithund an. Stellt kurze Videos auf TikTok ins Internet ein. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Claudia Tauchert (@nanas_welt1) Als Welpe kam Nana vor vier Jahren ins Haus. Ein Labernese. &bdquo;Zweirassig“, merkt Tauchert humorvoll an. Ein Mix aus Labrador und Berner Sennenhund. Die Ausbildung der Hündin übernahm sie selbst, bildete sich fort, legte theoretische und praktische Prüfungen ab bis Nana die Zertifikation bekam. &bdquo;Nana assistiert mir“, blickt sie hinunter. Der Hund habe ihr bereits aus vielen misslichen Situationen herausgeholfen. &bdquo;Wenn ich traurig bin, ist sie mein Rettungsanker“, sagt Tauchert. Jetzt soll auch der Aussie-Doodle Milo ausgebildet werden. Der Rüde, &bdquo;ein Allergikerhund“, ist ein Jahr alt und werde Nana unterstützen, sagt Tauchert. Spenden sind erwünscht. Das Geld gehe an eine Stiftung, und werde für die Ausbildung von Milo ausgeschüttet. &bdquo;Davon fahr ich nicht Urlaub“, versichert Tauchert lächelnd. Sportlich in der Warburger Börde unterwegs &bdquo;Warum soll ich allein etwas von ihr haben?“, fragt sie sich. Nana habe eine Aura, sei voller Freude. Warum nicht auch anderen Mut machen und entdecken, dass man immer etwas erreichen könne. Sie habe einen Plan im Leben, sagt Tauchert. Auch wenn sie im Rollstuhl sitze. Früher sei sie richtig sportlich gewesen. In den Ortschaften der Börde hatte sie Kurse geleitet. Unter dem Label der Volkshochschule. Reha-Sport, Wirbelsäulengymnastik, Bauch-Beine-Po, &bdquo;ein reiner Männerkurs“, erinnert sich Tauchert an das Angebot in Dössel. Dazu die Kinderturnstunden. &bdquo;Alle Kurse ausgebucht“, ist die ehemalige Übungsleiterin stolz. Eine schöne Zeit, die von heut’ auf morgen vorbei gewesen sei. Paderbornerin mit Endometriose: Ein Gefühl wie Messerstiche im Bauch Regelmäßig besuchen Tauchert und Nana jetzt beispielsweise die Kita Baumhaus in Beverungen oder die Kolping-Kita in Brakel. Sie zeigt und übt in kleineren Gruppen mit den Kitakindern den Umgang mit Hunden. Die Kinder wüssten es zu schätzen, seien dankbar, sagt sie. Das Lächeln, dass sie ihr schenkten, mache sie glücklich. Sie wolle die Arbeit ausbauen, in Kindergärten und ähnliche Einrichtungen oder auch in private Bereiche (&bdquo;überall, wo man uns gebrauchen kann“) gehen, um möglichst viele Kinder zu erreichen. Tauchert hat das &bdquo;Therapiehundeteam Hoher Berg“ gegründet und informiert über die Webseite www.therapiehunde.team. &bdquo;Ehrenamtlich bieten wir einfühlsame Begleitung in der Arbeit mit Kindern, die durch unseren Therapiehundeeinsatz emotionale, soziale oder psychische Hilfe erhalten können“, ist im Internet zu lesen. Auch interessant: Wie ein Helfer auf vier Pfoten eine Warburgerin durchs Leben führt Training für Kinder in Borgentreich auf der grünen Wiese In Borgentreich auf der grünen Wiese in der Steinkuhle bietet Tauchert in den kommenden beiden Wochen das &bdquo;Hundediplom“ an. Wie begrüßt man einen Hund richtig? Wann möchte er gestreichelt werden, wann und wo lieber nicht? Sie, Nana und Milo geben Antworten. Für die gut zweieinhalb Stunden hat Tauchert ein Konzept erstellt, auch mit praktischen Übungen. &bdquo;Wir schauen uns zunächst zusammen an, wie Hunde Körpersprache zeigen und welche Signale sie senden, wenn sie sich wohlfühlen oder Abstand brauchen“, erklärt sie. Dann üben die jungen Teilnehmenden unter ihrer Anleitung, lernen, einen Hund korrekt zu begrüßen, ihn angemessen zu streicheln &bdquo;und rechtzeitig zu erkennen, wann das Tier seine Ruhe haben möchte“. Sie erlebe bei ihren tiergestützten Einsätzen, &bdquo;dass Kinder aus Unwissenheit in Situationen geraten, die für sie und den Hund unangenehm oder sogar gefährlich werden können.“ Die Kurse (12 Euro) finden jeweils von 9.30 bis 12 Uhr in der Steinkuhle an der Straße Alter Graben in Borgentreich statt. Die Termine: Montag, 4., Dienstag, 5. und Mittwoch, 6. August, sowie Montag, 11., Dienstag, 12. und Mittwoch 13. August. Anmeldung und Kontakt unter Tel. 0172 4414743.

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