Aeham Ahmad: Klaviermagie aus Warburg begeistert weltweit

Warburg. Er kommt von weit her und ist weit über Warburg hinaus bekannt: Aeham Ahmad ist der neue Träger des Kulturpreises der Hansestadt. Am Freitagnachmittag überreichten Bürgermeister und Stifterfamilie die Urkunde in der Schulaula des Marianum. Der Ort war recht gewählt. Steht dort auf der Bühne doch der kostbare Steinway-Flügel der Stadt. An den sich der Geehrte setzte und die Musik für sich sprechen ließ. Ahmad ist ein Opfer des Bürgerkrieges in Syrien, wuchs als Palästinenser in einem Flüchtlingslager bei Damaskus auf. 2015 war er von dort geflohen. Bis dahin hatte er sich, gefördert von seinem erblindeten Vater, einem Instrumentenbauer, ganz dem Klavierspielen, später dem Studium der Musikpädagogik in Homs gewidmet. Nach seiner strapaziösen und gefährlichen Flucht vor den Schergen des Assad-Regimes gelangte er 2015 nach Deutschland. Ein Jahr später folgt ihm die Familie. Heute lebt Aeham Ahmad mit seiner Frau Tahani und den drei Kindern Ahmad, Kinan und Sarah, die zwischen fünf und 13 Jahre alt sind, in Daseburg, in der Nähe von Warburg. Ahmad gibt Klavierkonzerte in deutschen und internationalen Konzertsälen. Selbst in Japan trat er bereits auf. Ein gern gesehener Musiker. Vermag er doch durch seine Kunst die Menschen anzurühren und zu verzaubern. Monatlich sind es bis zu 20 Soloauftritte, die ihm und seiner Kunst den dankenden und anerkennenden Applaus bescheren. In Warburg singt er im &bdquo;Neuen Chor“ mit. Dort wird sein Naturell geschätzt. Er habe Freunde gefunden, sagt er. Pianist Ahmad spielt in den Trümmern Syriens In Syrien spielte Ahmad an den Bombenkratern. Als der &bdquo;Pianist aus den Trümmern“ gingen seine Youtube-Videos um die ganze Welt. An dem alten verstimmten Piano sitzt er in den Clips im Poloshirt in sich versunken auf einer Straße zwischen Trümmern und Schutt – und musiziert. In seinem biografischen Buch &bdquo;Und die Vögel werden singen“, das 2019 im Fischer-Verlag erschien, beschreibt er, wie er mit seinem Freund das alte Klavier in die Trümmer schob und mit den Kindern des Flüchtlingslagers sang, um sie von den Kriegsgräueln abzulenken. Und auch wie sein Vater mit ihm zu einem hohen Militär in die Upper-Class-Villa bestellt wurde, um dort den Steinway zu stimmen. Ein angsteinflößender Besuch voller Gegensätze. Auch schreibt er auf, wie er mit seiner Frau und den zwei in Syrien geborenen kleinen Kindern verhaftet wird und sie gezwungen sind, tagelang in den unterirdischen Kellern der Assad-Folterknechte auszuharren, bevor er wie Hunderttausende Menschen aus Syrien flieht. Die ersten zwei, drei Monate in Deutschland verbringt er in einer Sporthalle im sauerländischen Olpe. Eine Frau an dessen Tür er klopft, öffnet ihm und zeigt ihm den Flügel. &bdquo;Als ich dort am Flügel saß, fühlte ich, dass ich jetzt in Deutschland angekommen war“, sagt der klassisch ausgebildete Konzertpianist. In seinem neuen Buch &bdquo;Ankommen – wie schaffen wir das“, das seit dem vergangenen Jahr im Buchhandel erhältlich ist, beschreibt er, wie er im Warburger Land, in Daseburg ankam. Lesen sie auch: Der &bdquo;Pianist aus den Trümmern“ hat eine neue Heimat gefunden Begnadeter Musiker und Erzähler seiner Geschichte Die Menschen wollen seine Musik und seine Geschichte hörn. Ahmad hat im Krieg fast alles verloren, sein Haus, seine Heimat, seinen Beruf, er hat Folter und Verfolgung durchlitten, seine besten Freunde wurden getötet, er war jahrelang von seinen Eltern getrennt. &bdquo;Aber er ist dennoch nicht von Hass zerfressen“, hatte der deutsche Regisseur Chris Kraus, der Macher des Films &bdquo;15 Jahre“, in einem Interview festgehalten. Auf der Suche nach einem authentischen Charakter für Prinzip der Vergebung, das einer der Protagonisten im Film verkörpert, war Krause auf Ahmad gestoßen. Zuvor hatte eine amerikanische Independentproduktion Ahmads Leben verfilmt. Ohne ihm Bescheid zu geben oder um Erlaubnis zu fragen. In den Corona-Jahren wurde der Streifen in Cannes gezeigt. Auch interessant: Sturz des Assad-Regimes sorgt bei jungem Syrer in Warburg für starke Emotionen Die Flucht über das Mittelmeer, die Trennung von der Familie, das Wiedersehen: &bdquo;All das war mit Angst, Entschlossenheit und tiefster Liebe verbunden“, merkte Bürgermeister Tobias Scherf am Freitagnachmittag in seiner Laudatio auf den neuen Kulturpreisträger der Stadt an. Die Familie sei in der Stadt heimisch geworden: in der Schule, in den Vereinen, bei den Menschen. &bdquo;Ein herausragender Musiker, ein Brückenbauer zwischen Kulturen, ein Hoffnungsträger, ein Mensch, der aus Leid Kunst macht und aus Kunst Begegnung schafft, hatte Scherf den Geehrten begrüßt. Ahmad nehme vieles wahr, &bdquo;was vielen von uns ein Stück weit verloren gegangen ist“, dankte der Laudator für das Engagement und die Menschlichkeit des Neu-Warburgers. Brücken bauen, wo andere Mauern sehen Ahmads künstlerisches Wirken als Pianist, Komponist, Schauspieler, Autor, Erzähler und Performer sei beeindruckend. Ebenso wie das Engagement für andere. &bdquo;Beim Verein Zweite Heimat, beim Kommunalen Integrationszentrum, bei der Warburger Musiknacht, beim Feierabendmarkt oder als Pate der Schule ohne Rassismus am Warburger Berufskolleg. Café &bdquo;Zweite Heimat“: Ein neuer Treffpunkt der Kulturen in Warburg Anerkannt und ausgezeichnet mit dem Internationalen Beethovenpreis für Menschenrechte, dem Toleranzpreis der Stadt Nürnberg, dem Europäischen Bürgerpreis und vielen weiteren Ehrungen, die Aeham Ahmads künstlerische und gesellschaftliche Bedeutung würdigen, &bdquo;ehren wir heute nicht nur Deine künstlerische Exzellenz, sondern auch Deine Haltung. Du bist Künstler, Vater, Bürger – und vor allem: Du bist einer von uns“, dankte Scherf &bdquo;für die Musik und das Vertrauen, das Du uns geschenkt hast“. Ein glücklicher Mann: Die Entscheidung von Wiesbaden nach Warburg umzuziehen, sei &bdquo;die richtige und extrem super“ gewesen, bedankte sich der Preisträger bei seiner Familie, den Freunden und der Stadt. Wege durch das Land: Langer Abend des Nachdenkens und der Besinnlichkeit in Paderborn

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