Bluttat an Pfingsten: Warburger hatte nicht den Hauch einer Chance

Warburg. Am Abend auf Pfingstsonntag hatte Paul H. (Namen geändert) nicht den Hauch einer Chance. Der 58-Jährige starb infolge einer Messerattacke – in seinem eigenen Bett. Fast 100 Stich- und Schnittwunden wurden ihm zugefügt, der Erzieher verblutete innerhalb weniger Minuten. Sein Sterben beschäftigt jetzt das Schwurgericht Paderborn. Dort muss sich, wie berichtet, Olaf I. wegen Totschlags verantworten, seiner Lebensgefährtin Josy P. wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe vor. 97 Verletzungen, durchgeführt mit einem Messer, hat der Münsteraner Rechtsmediziner bei der Obduktion des Leichnams festgestellt. Viele der Stiche seien auffallend parallel zueinander erfolgt, erklärt Bernd Karger. Deshalb gehe er von einem &bdquo;bewegungsarmen Szenario“ aus. Da teilweise Rippen, aber auch ein Schulterblatt durchstoßen wurden, spricht der Experte von einer &bdquo;erheblichen Wucht“, mit der die Stiche ausgeführt worden seien. Natürlich habe ein kräftiger Mann &bdquo;bessere Voraussetzungen“, um solche Verletzungen zu verursachen. &bdquo;Aber auch eine Frau kann ein solches Potenzial haben“, betont Karger. Dass Paul H. in dieser Nacht keine Überlebenschance hatte, steht für ihn zweifelsfrei fest. Allein die drei Stiche, die seinen Herzbereich verletzten, waren anscheinend sein Todesurteil. Diese verursachten nämlich den größten Blutverlust. Spätestens nach einer Minute sei Paul H. bewusstlos geworden, &bdquo;damit hat dann der Sterbeprozess begonnen“, so der Rechtsmediziner. Denn in einer solchen Situation sei &bdquo;in aller Regel keine Rettung möglich, selbst wenn der Notarzt direkt daneben steht“. Lesen Sie auch: Bluttat in Warburg: Rätsel um ein mögliches Motiv Mitangeklagte soll nicht an der Tat beteiligt gewesen sein Zuvor hat Olaf I. an diesem zweiten Verhandlungstag ein Geständnis abgelegt. Dabei ist eines dem 33-Jährigen, der seinen Verteidiger Thomas Heils für sich sprechen lässt, vor allem wichtig: Er will Josy P. entlasten. Das, was sie vor Gericht ausgesagt habe, sei richtig, so die erste Feststellung seiner Einlassung. Josy P. sei &bdquo;weder aktiv noch auffordernd an der Tat beteiligt gewesen“, so Olaf I., der an diesem verhängnisvollen Abend gesehen haben will, wie Paul H. &bdquo;halb auf ihr lag und sie küsste“. Glaubt man diesem Angeklagten, zog sich der 58-Jährige danach in sein Schlafzimmer zurück. Olaf I. beschreibt, wie er dort auf Paul P. traf, der ein Messer in der Hand hielt, während ein zweites auf dem Boden lag. Zuerst habe er auf den 58-Jährigen eingeschlagen, um ihm das Messer abzunehmen – und dann auf ihn einzustechen. &bdquo;Gefühlt lief es wie im Film“, sagt Olaf I. Wie oft und wohin er stach, weiß er nicht mehr. Angeklagter realisierte Tat erst mit Verzögerung Lesen Sie auch: Tötungsdelikt an Pfingsten in Warburg: Gericht lässt Mordvorwurf fallen Er erinnert aber, dass er noch einmal in das Zimmer zurückkehrte, nachdem er sich die Hände gewaschen hatte. Erst im Bad sei ihm nämlich der Gedanke gekommen, dass er Paul H. getötet haben könnte, so der Angeklagte. Deshalb habe er Josy P. auch gefragt, ob dieser noch lebe. Als die Freundin das bejahte, habe er aber nicht nochmals zugestochen, sondern dem 58-Jährigen mehrfach ins Gesicht und auf die Brust geschlagen in der Hoffnung, dass dieser noch eine Reaktion zeige. Mehr will Olaf I. nicht erzählen – außer, dass er und Josy P. einander versichert hätten, &bdquo;das gemeinsam durchzustehen“. Deshalb habe seine Freundin auch bei den ersten Vernehmungen immer &bdquo;wir“ gesagt, wenn sie über die Tat sprach. &bdquo;Sie war nicht an der Tat beteiligt und hatte auch keinen Einfluss auf die Dynamik“, sagt der Angeklagte. Diese Worte kann der Rechtsmediziner nicht widerlegen Worte, die der Rechtsmediziner Bernd Karger nicht widerlegen kann. Die Schilderung von Olaf I. passe zu seinen bei der Obduktion gewonnenen Erkenntnissen, bilanziert er. Dasselbe lässt sich auch von den DNA-Gutachten sagen, die für die am Tatort sichergestellten Messer angefertigt wurden. An beiden Gegenständen wurden hauptsächlich DNA-Spuren von Paul H. festgestellt sowie von Olaf I., nicht aber von Josy P. Die Verhandlung wird am Mittwoch, 20. November, fortgesetzt. Dann will die Kammer um den Vorsitzenden Eric Schülke auch darüber entscheiden, ob Josy P. aus der Untersuchungshaft entlassen werden kann. Ihr Verteidiger Sven Karsten ist der Auffassung, dass für den Anklagevorwurf &bdquo;Beihilfe zum Totschlag“ kein hinreichender Tatverdacht mehr besteht.

Meistgelesen