97 Messerstiche: Wie starb ein 58-jähriger Warburger an Pfingsten?

Warburg. Als Josy P. (Namen geändert) im Paderborner Landgericht erscheint, hätte man niemals vermutet, dass sie sich für ein schweres Verbrechen verantworten muss, wenn sie nicht auf der Anklagebank hätte Platz nehmen müssen. Sie trägt ihr Haar offen, ein rostbrauner Wollschal liegt dekorativ auf ihrer linken Schulter. Nicht weit von ihr sitzt ihr Lebensgefährte Olaf I. Beide sollen für den Tod von Paul H. verantwortlich sein – er ist der Mann, den Josy P. als ihren &bdquo;Ziehvater“ bezeichnet. Es ist eine tragische Geschichte, die die Angeklagte erzählt. Anders als Olaf I. äußert sie sich bereits am ersten Prozesstag zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Strukturiert erzählt die 32-Jährige von ihrer Verbindung mit Paul H., den sie seit ihrem 13. Lebensjahr kennt. Damals lebte Josy P. in einer Jugendhilfeeinrichtung in Warburg. Dort nahm sich Paul H. des jungen Mädchens an. Selbst als sie von einer Einrichtung in die nächste wechseln musste, hat der Erzieher Kontakt gehalten und ihr noch geholfen, als sie längst volljährig war. Doch Josy P., die zwischenzeitlich eine Ausbildung zur Pflegekraft aufnahm, rutschte trotzdem ab. Von schwerer Alkoholsucht und vielen Klinikaufenthalten berichtet sie. Als sie im April eine Therapie abbrach und ohne Wohnung dastand, half der 58-Jährige erneut, obschon er laut Josy P. selbst mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte. Anfang Mai bot Paul H. auch Olaf I. Unterschlupf. Ihn hatte die junge Frau während einer Therapie kennengelernt. Angeklagte beschreibt ein &bdquo;Gerangel“ am Bett Abends habe man öfter zusammen getrunken, gibt Josy P. zu – so auch am Pfingstsamstag. Irgendwann sei sie an diesem Abend reichlich alkoholisiert auf dem Sofa eingeschlafen, aber aufgewacht, als Paul H. ihr Ohr küssend &bdquo;Ich liebe dich“ flüsterte und ihre Schulter streichelte – beobachtet von Olaf I. &bdquo;Was machst du mit meinem Mädchen“, habe er gerufen und den 58-Jährigen in das Schlafzimmer geschoben. &bdquo;Soll ich ihm eine reinhauen“, habe ihr Lebensgefährte gefragt und sei auf ihr &bdquo;Ja“ hin Paul H. gefolgt. Was sich hinter der verschlossenen Tür abspielte, will Josy P. nicht genau gesehen haben, nur von einem &bdquo;Gerangel“ am Bett spricht sie. Erst als sie Olaf I.s blutverschmierten Hände sah, schaute die 32-Jährige nach Paul H. &bdquo;Ich setzte mich aufs Bett und nahm seine Hand.“ Sehr schwer geatmet habe er und vergebens versucht, sich aufzurichten. Aussage bei der Polizei: &bdquo;Wir haben jemanden abgestochen“ &bdquo;Ich habe ihm nicht geholfen, ich war nicht in der Lage“, erklärt Josy P. Deshalb habe sie Olaf I. gerufen. &bdquo;Lebt er noch“, habe dieser gefragt, sei kurz weggegangen, um dann wieder das Schlafzimmer zu betreten. &bdquo;Ich bin schnell raus, weil ich das nicht sehen wollte“, sagt Josy P. Erst auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Eric Schülke gibt sie zu, dass sie sah, wie Olaf I. auf ihren Ziehvater einstach. Lesen Sie auch: Toter in Warburg gefunden – Tatverdächtige in U-Haft, Todesursache steht fest Paul H. verblutete infolge von 97 Stichverletzungen, während Josy P. und Olaf I. weiter tranken. Viele Stunden dauerte es, bis die beiden gegen Mittag am Pfingstsonntag einen Notruf absetzen. &bdquo;Wir haben jemanden abgestochen“, bekam der diensthabende Polizist zu hören. Fortsetzung am Mittwoch, 13. November An ihren damals geäußerten Beteuerungen, gemeinsam Paul H. getötet zu haben, halten beide jetzt vor Gericht nicht mehr fest. Sie habe nicht zugestochen, sagt Josy P., als Richter Schülke sie mit ihrer ersten Aussage konfrontiert. &bdquo;Aber ich bin dafür verantwortlich. Ich war ja dabei“, erklärt die 32-Jährige, die immer wieder Tränen niederkämpfen muss. &bdquo;Ich fühle mich schuldig.“ All diese Ausführungen hat ihr Lebensgefährte ruhig verfolgt. Doch als ein Polizeibeamter berichtet, dass die Angeklagten im Verlauf ihrer Festnahme gestanden hätten, gleichermaßen auf das Opfer eingestochen zu haben, erhebt Olaf I. laut die Stimme. &bdquo;Sie hat mit der Sache nichts zu tun. Sie ist das Opfer.“ Die Verhandlung wird am Mittwoch, 13. November, am Landgericht Paderborn fortgesetzt. Dann will Olaf I. über seinen Verteidiger eine Erklärung abgeben.

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