Warburger Bombenbauer: Richter will ihn „längstmöglich aus dem Verkehr ziehen“

Warburg. &bdquo;Ich halte Sie für absolut gefährlich und durchgeknallt“, wendet sich Richter Stephan Schneyer freimütig an Maximilian R. (Name von der Redaktion geändert) auf der Anklagebank. Und es soll erst der Beginn einer rund 20-minütigen Standpauke für den 24-Jährigen sein. &bdquo;Sie sind unbelehrbar, eine Gefahr für die Allgemeinheit und die öffentliche Ordnung“, fährt Schneyer fort, der dem Schöffengericht am Warburger Amtsgericht vorsitzt. &bdquo;Sie halten sich für ein ganz cleveres Bürschchen.“ Mit der Cleverness könne es aber nicht allzu weit her sein, wenn er die Tat des Angeklagten betrachte. Ach ja, um die ging es auch. Wohlwollend und mit einiger Toleranz handgestoppt vielleicht zwei Minuten lang. Während seine Partnerin und die gemeinsame dreijährige Tochter sich im Schlafzimmer nebenan aufhielten, vielleicht ein Nickerchen machten, soll R. gegen 14.30 Uhr am 26. Februar in der Küche seiner Wohnung gesessen haben, eine Zigarette im Mund, an einer Bombe bastelnd. Vermutlich, meint die Staatsanwaltschaft, sei dann eine brennende Zigarette heruntergefallen und habe die explosiven Stoffe, mit denen der Warburger hantierte, in die Luft gejagt. Lesen Sie auch: Zwei Verletzte nach Explosion in der Warburger Innenstadt Eine Tür in der Wohnung barst, ein Fenster wurde durch den Druck aus seiner Verankerung gehoben und stürzte auf den Gehweg vor dem Mehrparteienhaus in der Warburger Neustadt. Eine Wand in der Wohnung des Angeklagten wurde stark beschädigt, auch in der Wohnung darunter nahm das Mauerwerk Schaden. Lange Liste an Vorstrafen Die Beweislage ist erdrückend, per Verteidigererklärung räumt R. sämtliche Vorwürfe ein. Fokus ist also nicht die generelle Schuldfrage: &bdquo;Hier geht es darum, Sie längstmöglich aus dem Verkehr zu ziehen“, sagt Schneyer: &bdquo;Es ist ein Unding, dass Sie in Freiheit sind.“ Harte Worte. Maximilian R. drückt aber nicht zum ersten Mal die Anklagebank. Der 24-Jährige sei &bdquo;relativ früh in die Kriminalität abgedriftet“. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister hat jede Verurteilung - also, fast jede - fein säuberlich festgehalten. 2014 ging es los: gemeinschaftlicher Diebstahl, gemeinschaftliche Sachbeschädigung. R. habe hier seinen Arbeitgeber bestohlen, erläutert Schneyer. Fahren ohne Führerschein kommt vor, genauso wie erste Verstöße gegen das Waffengesetz. &bdquo;Diebstahl, Diebstahl, Diebstahl, Urkundenfälschung“, hetzt Schneyer durch die Liste. Warburger sprengte Hochsitz und Zigarettenautomaten Der juristische Lebenslauf des Angeklagten gipfelt dann in einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. &bdquo;Die holt man sich nicht einfach so beim Jugendrichter ab“, kommentiert der Richter. R. wurde anschließend unter Führungsaufsicht gestellt - eine Art besonders strenge Bewährungshilfe, die bei Straftätern eingesetzt wird, die ihre Strafe verbüßt, aber keine günstige Sozialprognose haben. Es fehlt der jüngste Eintrag im Strafregister. Weil R. Rohrbomben bastelte und einen Hochsitz sowie einen Zigarettenautomaten in die Luft sprengte, wurde er zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt - allerdings ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig. R. hat auch hier vollumfänglich gestanden - viel zu leugnen gab es wohl auch nicht -, doch gegen das Strafmaß liegt eine Beschwerde vor. Anfang Oktober wird deswegen vor dem Landgericht die Berufung verhandelt. Viele &bdquo;Zufälle“ fallen auf All die Vorstrafen seien, meint Schneyer, &bdquo;nur die Spitze des Eisbergs“. 2017 sei beispielsweise in das Amtsgericht Warburg eingebrochen worden. Und &bdquo;gaaanz zufällig“ sei in der Wohnung des Angeklagten ein Schlüssel gefunden worden, der &bdquo;gaaanz zufällig“ zu einem Paar Handschellen aus dem Gericht passe. Es gebe &bdquo;noch einen ganzen Zopf an Straftaten, die bei Ihnen noch im Ungefähren schweben“. Doch zurück zum 26. Februar: &bdquo;Für den Hauseigentümer ist das eine Katastrophe“, kommentiert Richter Schneyer. &bdquo;Wo soll der das Geld her bekommen? Soll der Sie auf Schadensersatz verklagen? Bei Ihnen ist doch nichts zu holen.“ Insgesamt sei laut Staatsanwaltschaft mindestens ein Sachschaden von 40.000 Euro entstanden. Angeklagter wird schwer verletzt Maximilian R. wird von seiner eigenen Bombe schwer verletzt. &bdquo;Er war intubiert, lag im Koma, wurde am Kiefer operiert, bekam eine Hauttransplantation“, zählt Verteidiger Florian F. Becker auf, &bdquo;die Funktion einer Hand ist noch etwas eingeschränkt“ - &bdquo;Wer mit dem Feuer spielt, muss die Konsequenzen tragen“, entgegnet Schneyer. Wie durch ein Wunder kamen darüber hinaus keine weiteren Menschen - immerhin 19 Personen lebten damals in dem Wohn- und Geschäftsgebäude - zu schaden. &bdquo;Purer Zufall, pures Glück“, sagt Richter Schneyer. Bei den anschließenden Ermittlungen fand die Polizei im Keller des Angeklagten eine Schreckschusswaffe und ein Luftgewehr mit Zielfernrohr und einem Schalldämpfer der Marke Eigenbau. &bdquo;Was macht man damit?“, fragt Richter Stephan Schneyer später in seiner Urteilsbegründung, erwartet aber natürlich keine Antwort mehr. Schon R.s letztes Wort ist mit &bdquo;mh-mh“ wenig erhellend ausgefallen. Die Ironie des Falls Die beiden Waffen hatte der gelernte Metallbauer so bearbeitet, dass sie auch scharfe Munition abfeuern können. &bdquo;Das ist die besondere Ironie“, bemerkte Schneyer. Denn besagte Ausbildung hatte R. während einer langen Jugendstrafe im Gefängnis absolviert. &bdquo;Man hat Ihnen auf Staatskosten beigebracht, wie man eine Signalpistole scharf macht.“ Selbst hergestellt hatte der 24-Jährige übrigens auch die passende Munition. Und ein Wurfstern lag auch noch herum. Unterm Paragrafenstrich macht das drei Verstöße gegen das Waffengesetz - denn Waffenschein oder -besitzkarte besaß der Angeklagte natürlich nicht. Mit bis zu drei Jahren kann das fahrlässige Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion bestraft werden. Zwei Jahre und zehn Monate brummt das Schöffengericht dem Angeklagten auf - die Waffenverstöße sowie strafmildernde und -schärfende Umstände miteingerechnet. Bis er die Haft antritt, bleibt Maximilian R. auf freiem Fuß. Er lebt mittlerweile in Duisburg.

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