Warburg am Abgrund? Die fetten Jahre sind vorbei

Warburg. &bdquo;Mit dem Rücken an der Wand“, &bdquo;am Abgrund an der vordersten Kante“, &bdquo;finanzieller Kollaps“: Das sind Begriffe aus der Haushaltsrede des CDU-Fraktionschefs am Abend im Rat. Bei Grünen und SPD ging es ähnlich weiter: &bdquo;drastisch verschärft“, &bdquo;Ungleichgewicht“, &bdquo;im Stich gelassen“: Klagen über die Kreisumlage, die fehlende Unterstützung von Land und Bund – das sind Ausdrücke, die sich durch die Haushaltsreden in allen Kommunen ziehen. Und doch gab es trotz eines strukturell unausgeglichenen Haushalts mit einem rekordverdächtigen zweistelligen Millionendefizit kein Kopf-in-den-Sand-Stecken. Vielmehr der Appell an Politik, Verwaltung und Bürger: mitmachen, mitgestalten, mitstreiten. Und es zog sich ein Begriff durch alle die drei Reden: &bdquo;Demokratie“. Mit den Stimmen der drei großen Parteien im Rat Warburg den Haushalt für 2024 verabschiedet. Die AfD stimmte gegen das Zahlenwerk, von der Bürger-Union gab es keine Stellungnahme im Vorfeld. CDU &bdquo;Mit einem so großen Defizit sind wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht konfrontiert worden“, sagte CDU-Fraktionschef Hubertus Kuhaupt angesichts von 11,3 Millionen Euro Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. Und: &bdquo;Unsere Möglichkeiten der Einnahmeerhöhung haben wir als Kommune ausgeschöpft.“ Bei den Transferaufwendungen seien es vor allem die Kreisumlage und die Kosten für Asylbewerber und Sozialleistungen, die drückten – Letzteres biete &bdquo;sozialen Sprengstoff“, wenn nicht Integration schneller und effektiver passiere. Sonst: &bdquo;Die rechten Parteien werden weiteren Zulauf bekommen.“ Zur Kreisumlage hinzu komme die ÖPNV-Umlage, die für Warburg mit 216.000 Euro mehr als 2023 zu Buche schlage (820.000 Euro). Insgesamt biete der Haushalt wenig Spielraum, dennoch seien der Erhalt und die Erweiterung der Infrastruktur wie Feuerwehrhäuser, der Bäderneubau und der Neubau einer Unterkunft für Geflüchtete &bdquo;sinnvolle und richtige Maßnahmen“. Zwei ISEKs, ein interkommunales Gewerbegebiet, diverse Dorfprojekte, Bau des Schwimmbades – da fragte Kuhaupt: &bdquo;Können wir uns eine urbane Quartiersentwicklung auf dem ehemaligen Gelände der Zuckerfabrik finanziell und personell noch leisten?“ Er habe &bdquo;große Bedenken“. Auch, weil die Ausgleichsrücklage leer, die Allgemeine Rücklage bald aufgebraucht sei. Deshalb könne man bei den Kommunalwahlen 2025 keine großen Wahlversprechen mit finanziellen Auswirkungen erwarten. SPD Mit Worten der Empörung leitete Fraktionschef Patrick Engelbracht seine Rede ein: Das Treffen der Rechten im November sei ein &bdquo;Angriff auf unsere Demokratie, unsere Werte und unsere Gesellschaft im Gesamten“ gewesen, sagte er über das Geheimtreffen, das im Anschluss viele Menschen auf die Straße für Demokratie und gegen Hass und Hetze auf die Straßen getrieben hat. Auch in Warburg. Zudem rechnete er vor, das NRW im Ländervergleich beim Anteil der Aufgaben, die das Land auf die Kommunen übertragen habe, mit 57,2 Prozent an der Spitze liege. Deshalb sein Appell: Den Verbundsatz (Anteil der Landeseinnahmen aus Steuern an die Kommunen) von 23 auf mindestens 25 Prozent zu erhöhen. Es brauche liquide Mittel, es brauche eine kluge Verteilung und eine Gewichtung der Ausgaben. &bdquo;Immerhin dürfen wir unsere Zukunft nicht kaputtsparen.“ Er bedauerte, keine Mehrheit für die Aufstockung des Straßenbudgets – wie beantragt – bekommen zu haben. Der Verschleiß nehme immer weiter zu. Und er bedauerte die inflationäre Verwendung des Begriffs der &bdquo;kommunalen Familie“: Es gebe ein &bdquo;großes systemimmanentes Ungleichgewicht zwischen Ausstattung des Landkreises und der kreisangehörigen Städte“, so Engelbracht mit Blick auf die personelle Ausstattung: Ein Zuwachs beim Kreis von 179,5 Planstellen seit 2019 auf knapp 200 Beamte und knapp 700 Angestellte. Dazu Warburg: 19 Beamte und 132 Tarifangestellte. Die Kreis-SPD habe dem Kreis-Haushalt nur zugestimmt, weil man sich mit Kreis und Städten an einen Tisch setzen werde. Dennoch sei nicht überall nur schwarz zu sehen: Ein neues Industriegebiet, das Quartier Laurentiushöhe, Planungen für das Gelände der Zuckerfabrik und das große bürgerschaftliche Engagement mit einem Bürgerfest am 8. Juni (&bdquo;buntes Fest“), für das die SPD 10.000 Euro im Haushalt gefordert hat, machten Mut. Denn: &bdquo;Demokratie ist kein Selbstläufer. Demokratie lebt vom Mitmachen.“ Grüne Die &bdquo;fetten Jahre des Wachstums“ neigten sich dem Ende zu: So leitete Hilla Zavelberg-Simon ihre Rede unter der Überschrift &bdquo;Was, wenn’s gut wird“ ein, nannte die Haushaltssicherung als Damoklesschwert, bilanzielle Tricks, den Fachkräftemangel in Schulen und Kitas, die große Verunsicherung in der Bevölkerung als Herausforderungen. Und die Gefahr von populistischen Heilsbringern mit vermeintlich einfachen Antworten. Für die Grünen wichtig: die innovative Mobilität. Dazu gehören die 2,2 Millionen Euro für Fuß- und Radwege mit dem mutigen Willen zu Veränderungen. Die müsse man den Menschen schmackhaft machen. Dazu gehören Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum – der Grünen-Antrag fürs zeitweise Freiräumen des Marktplatzes sein &bdquo;leider“ geändert worden – und die Umstrukturierung des Bahnhofsumfeldes sowie das bessere Miteinander im Straßenverkehr. Bei Letzterem wies sie auf die Piktogramme im verkehrsberuhigten Bereich hin, beantragt von den Grünen, als kostengünstige Pilotmaßnahme und im Ermessen der Stadtverwaltung aufzubringen. AfD Der Appell für mehr Unterstützung von Landes- und Bundesebene werde ungehört verhallen: Es fehle der Wille, &bdquo;an die Ursachen der Haushaltsmisere ranzugehen“, sagte Andreas Braunst (AfD) und nannte die ungenügende finanzielle Ausstattung der Kommunen für ihre Aufgaben – &bdquo;auch verursacht durch die Migrationskrise“ – und die steigenden Kosten für die OGS. CDU, Grüne und SPD würden sich aus ihrer Verantwortung stehlen. Vor allem Grund für das Nein der AfD zum Warburger Haushalt: Die Ratsmehrheit gegen BU und AfD im Dezember, die die Erhöhung der Grundsteuer B beschloss. Und: Durch Einsparungen oder Sparvorschläge könne diese &bdquo;desaströse Haushaltslage“ nicht behoben werden.

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