Videos von Warburger Rückwärtsgang-Unfall tauchen im Internet auf

Warburg. Diese kurzen Videos sorgen in der Hansestadt für Aufsehen: Über die Sozialen Medien werden mannigfach bewegte Bilder vom spektakulären Unfall des älteren Fahrers, der am Sonntag mit seinem Pkw am Paderborner Tor rücklings durch die Schaufensterfront eines Elektronik-Fachgeschäfts krachte, geteilt. Darunter neben Aufnahmen von Passanten vom Unglücksort auch Bilder aus Überwachungskameras. Über private Accounts waren sie auch der &bdquo;NW“ zugespielt worden. Ist deren Verbreitung erlaubt? Kommend vom Göringsgraben, war das Auto des 83-Jährigen aus Hofgeismar zunächst gegen die Laterne der gegenüberliegenden Bushaltestelle geprallt. Dann hatte der Senior den Rückwärtsgang eingelegt und rückwärts über den Vorplatz des Geschäfts durch die bodenhohe Schaufensterscheibe bis in die Auslagen des Verkaufsraums gefahren. Zum Glück war dabei niemand verletzt worden. Fahrer und Beifahrerin erlitten einen Schock. Der hinterlassene Schaden am Gebäude ist immens: Inklusive eines mehrwöchigen Geschäftsausfalls rechnet der Elektronikhändler mit mehreren Hunderttausend Euro. Nach dem Unfall herrschte Chaos Abschnitte des Unfallgeschehens zeigen die Videos der Überwachungskameras am Gebäude und im Verkaufsraum. Wie sie ins Internet gelangten, vermag Geschäftsführer Rainer Kobusch nicht zu sagen. Er wundert und ärgert sich. Mit dem Smartphone &bdquo;abgefilmt von einem unserer Computer-Bildschirme im Laden“, beschreibt er die Aufnahme aus dem Innenraum. Feuerwehr, Mitarbeiter, Polizei, Neugierige: Nach dem Unfall herrschte Chaos, &bdquo;war viel los im Laden“, sagt Kobusch. Woher das Video aus der Außenkamera an der Fassade zum Göringsgraben stamme, bleibe auch ihm schleierhaft. Doch werde es vielfach online in privaten Chats geteilt. Die wenigen Sekunden, die den Unfall aus der Perspektive der Innenkamera zeigen, hat Kobusch an ein TV-Team weitergegeben, das von der kuriosen Fahrt berichten wird. &bdquo;Keine Person, kein Kennzeichen erkennbar“, weiß sich Kobusch nach Absprache mit seinem Rechtsanwalt auf der sicheren Seite. Die Außenkamera überwache erst seit Kurzem den Parkraum, weil auf den Kundenparkplätzen abgestellte Autos immer wieder beschädigt worden seien. Parkplatzrempler mit anschließenden Unfallfluchten. Das System sei neu und noch nicht komplett durchkonfiguriert. Schilder weisen am Gebäude auf die Videoüberwachung, die auch dem Einbruchsschutz diene, hin. &bdquo;Die Aufnahmen hätten nicht erscheinen dürfen“, bemerkt Kobusch. Videoaufzeichnungen: Ein schwieriges Thema Generell ein schwieriges Thema. Denn Videoaufzeichnungen aus Überwachungskameras greifen in die persönlichen Datenrechte der gefilmten Personen ein. Daher müssen sich Eigentümer an entsprechende gesetzliche Vorgaben halten. &bdquo;Aufzeichnungen müssen teils anlassgebunden sein oder sind gegebenenfalls fristgerecht wieder zu löschen“, heißt es bei den Verbraucherzentralen. Auch dürfen keine öffentlichen Räume gefilmt werden. Die Anbringung von Kameras an Gebäuden und Plätzen und die Verbreitung entsprechender Aufnahmen, ein weites Feld. Allgemein gelte, &bdquo;dass man es nicht einfach so dürfe“, sagt Nils Schröder, Pressesprecher der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW. Bei personenbezogenen Daten gelte die Datenschutz-Grundverantwortung (DSGVO). Sie unterscheide zwischen Videoüberwachung durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen. Es müsse ein berechtigtes Interesse des Aufstellers bestehen und in der Beurteilung gegen Persönlichkeitsrechte abgewägt werden. Spezifische Regelungen enthält die DSGVO jedoch keine. Eine Grauzone Die Weitergabe der Filmschnipsel: Solange es keine Rechtsgrundlage ausdrücklich erlaube, &bdquo;ist es verboten“, sagt Schröder. Habe die Person, die erkennbar abgebildet wurde, es erlaubt, sei es kein Problem, weist er aber auch auf urheberrechtliche und zivilrechtliche Belange hin. Dabei sei auch ein Autokennzeichen als &bdquo;personenbezogen“ einzustufen. Zwischen dem Hochladen beispielsweise auf Youtube oder ähnlichen Plattformen im Internet und dem Teilen in geschlossenen Chaträumen sieht Schröder &bdquo;eine Grauzone“ und nennt das Stichwort &bdquo;Haushaltsprivileg“. Ein Ausnahmetatbestand in den Artikeln der DSGVO. Danach sei die Verordnung nicht anwendbar, &bdquo;wenn natürliche Personen personenbezogene Daten für ihre ausschließlich persönlichen oder familiären Tätigkeiten verarbeiten“. Wie im Falle der Chats von Whatsapp und Co.? &bdquo;Nicht leicht festzuhalten und zu bewerten“ Ein schlichtes &bdquo;das sieht aber lustig aus“, reiche nicht. Denn &bdquo;je mehr Leute auf die Bilder blicken, desto deutlicher kann man sagen, dass dann im Sinne des Datenschutzes das Privileg nicht mehr gilt“, versucht der Pressesprecher eine grobe Einschätzung. Und es läppert sich: Den Freunden kann ich es zeigen, die wiederum werden es weiteren zeigen, die das Überwachungsvideo ihrerseits mit weiteren Bekannten teilen werden und so weiter und so fort. Bleibt die Frage, wann ist die Grenze überschritten, der Ausnahmebereich verlassen? &bdquo;Nicht leicht festzuhalten und zu bewerten“, hält Schröder fest. In der juristischen Bewertung gehen die Meinungen weit auseinander, fallen je nach Einschätzung der jeweiligen Details sehr unterschiedlich aus. &bdquo;Datenschutzrechtlich eine Herausforderung“, sagen sowohl Datenschutzexperten, als auch Anbieter von Überwachungskameras und Sicherheitssystemen. Unternehmen, Gewerbetreibende, Privatleute sollten sich vor der Anschaffung und der Aufstellung individuell beraten lassen. Für die Polizei war alles klar Der Ablauf des Unfallgeschehens am Sonntagnachmittag sei sehr schnell klar gewesen, sagt Polizeisprecher Jörg Niggemann. Um den Hergang zu rekonstruieren, waren Zeugen vernommen und Spuren gesichert worden. Auch hatte der Unfallfahrer die Situation geschildert. &bdquo;Widersprüche ergaben sich dabei nicht“, sagt Niggemann. Für die Beamten habe sich daher ein eindeutiges Bild gezeigt. Aufnahmen aus den Videokameras, die in diesem Fall zur Kenntnis genommen worden seien, könnten bei Ermittlungen ebenso &bdquo;in Betracht kommen“, bleibt der Sprecher der Kreispolizeibehörde im Allgemeinen, &bdquo;sofern sich strittige Punkte ergeben“. Die Polizei komme erst ins Spiel, wenn sich eine strafbare Handlung ergeben habe oder eine Anzeige gestellt worden sei. Ob der 83-Jährige Unfallfahrer noch grundsätzlich zum Führen eines Fahrzeugs geeignet sei, werde auf verwaltungsrechtlichem Weg geprüft, erklärt Niggemann. Ein entsprechender Hinweis sei an die zuständige Verwaltungsbehörde in der Wohnortgemeinde des Seniors weitergegeben.

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