Nach Feuer in Borgentreich: Wie gefährlich sind PV-Anlagen?

Warburg. Nicht selten machen Gerüchte die Runde, von Photovoltaik-Anlagen gehe eine erhöhte Brandgefahr aus. Hartnäckig halten sich auch Meinungen, dass die Feuerwehr nicht löscht, wenn auf dem Dach eine PV-Anlage installiert ist. &bdquo;Hinweise auf ein erhöhtes Brandrisiko gibt es nicht. Und wenn die Feuerwehr kommt, löscht sie auch“, tritt Jürgen Rabbe gegen beiderlei Behauptungen an. Der Warburger Feuerwehrchef bleibt gelassen, weil er weiß, wie er im Einsatz mit den stromererzeugenden Solaranlagen umzugehen hat. Bei Bränden schätze ein Einsatzleiter in jedem Einzelfall das Risiko für die Einsatzkräfte ab. Die Feuerwehrleute seien im Umgang mit stromführenden Materialien und Batteriespeichern ausgebildet, sagt Rabbe. Trotz des enormen Anstiegs an installierten PV- und Solaranlagen in den vergangenen Jahren sei kein übermäßiger Anstieg der Brandgefahr durch derartige Anlagen zu erkennen. &bdquo;Selten, dass eine verbaute Anlagen tatsächlich ein Feuer verursacht“, sagt Rabbe und berichtet von drei Einsätzen in Zusammenhang mit der Photovoltaik. Einen ersten Einsatz schildert Rabbe aus der Ortschaft Hohenwepel. Anfang Mai vergangenen Jahres rückte die Feuerwehr zum Brand eines Carports zu einem der Aussiedlerhöfe an der Ostwestfalenstraße aus. Ihnen gelang es relativ schnell, die Flammen zu löschen. Der Auto-Unterstand war allerdings ebenso wie der unter dem Dach abgestellte Wagen nicht mehr zu retten. &bdquo;Auch von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach war nicht mehr viel übriggebleiben“, erinnert sich der Feuerwehrleiter. &bdquo;Die Paneelen weg, nur das Alugerippe stand.“ Bei großer Hitze berste das Verbundglas der Module. Vom Handy-Akku bis zum Marderbiss Einen zweiten Einsatz, diesmal in Bonenburg, hatte im Dezember ein Kurzschluss in einer PV-Anlage über einer landwirtschaftlich genutzten Freilufthalle ausgelöst. &bdquo;Durch Funkenflug kokelten Teile der Holzbalken“, blickt Rabbe auf das Ereignis. In der Gleichstromleitung des Systems fand sich das Problem. Ein Elektriker der Stadtwerke klemmte das Kabel ab. Vor neun Tagen hatte es in Großeneder gebrannt. In einem Wohnraum im Obergeschoss eines Eigenheims am Stadtweg waren in der Nacht die Flammen ausgebrochen und hatten auf das Dach übergegriffen. Als Ursache machten die Brandermittler der Polizei Tage später einen technischen Defekt aus. Aufgrund der großen Zerstörungen vornehmlich an der nördlichen Seite allerdings nicht ganz zweifelsfrei. Vom Handy-Akku bis zum Marderbiss an elektrischen Leitungen gilt in solchen Fällen vieles als möglich. Polizei und Gutachter gehen von einem Sachschaden nach dem Brand von weit mehr als 100.000 Euro aus. "Das Licht regt die Module an" Die PV-Anlage auf der gegenüberliegenden Seite des Daches war dagegen unbeschädigt geblieben. Doch rückte mit der aufgehenden Sonne am Morgen die Feuerwehr erneut mit der Drehleiter an. &bdquo;Das Licht regt die Module an, der Strom fließt“, sagt Rabbe. &bdquo;Als Quelle reichen unsere Flutlichtstrahler aus“, merkt er noch an. Schadhafte Kabel hatten am Großeneder Hausdach für aufflackernde Stellen und damit für notwendige Nachlöscharbeiten gesorgt. Die Module abzuschalten, &bdquo;keine Chance“, sagt Rabbe. Die Einsatzkräfte der herbeigerufenen Warburger und Borgentreicher Einheiten montierten die Paneele komplett ab. Die PV-Module produzieren Gleichstrom, der über Leitungen bis zum Wechselrichter geführt wird. Dort wird aus Gleichstrom (DC) Wechselstrom (AC). Der fließt aus der Steckdose. Sinnvolle Investition von kleinem Aufwand &bdquo;Auf der Strecke zwischen stromerzeugenden Modul und dem Wechselrichter gibt es keine Trennungsmöglichkeit“, erklärt Rabbe und berichtet von einem sogenannten &bdquo;Feuerwehrschalter“ an den Photozellen, der bei großen Anlagen häufiger eingebaut werde, aber gesetzlich nicht gefordert sei. Eine durchaus sinnvolle Investition von kleinem Aufwand und wenigen Euro, da erst der Wechselrichter, meist im Keller oder unter dem Dach, der Punkt sei, &bdquo;wo wir den fließenden Strom abschalten können“. Zur Trennung vom allgemeinen Stromnetz ziehe der Stromversorger die Panzersicherung im Kasten heraus. Im Einsatzfall beachten die Feuerwehrleute einen Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter bei Niederspannungsanlagen bis 1.000 Volt. &bdquo;Wenn ich von Modulen und freiliegenden Kabel wegbleibe, passiert auch nichts“, sagt Rabbe. Bei einem Dachstuhlbrand fürchte er herabfallende Trümmerteile als Gefahr für die Einsatzkräfte weitaus mehr. &bdquo;Zu den vielfältigen Gefahren an der Einsatzstelle sind die Mitglieder der Feuerwehren geschult“, fasst der Wehrleiter zusammen. Auch in Sachen Elektrizität bei Stromspeicher-Anlagen. &bdquo;Von denen gehen für uns in etwa gleiche Risiken und Gefahren aus wie beim E-Auto oder dem E-Bike“, sagt Rabbe. Die Herausforderungen lägen in den Lithium-Ionen-Akkus. Mit neu erworbenen Einreißhaken geht die Drehleiter-Besatzung ans Werk, um im Einsatz Dachziegel und auch PV-Paneele beiseitezuschieben. &bdquo;Sie sind nicht leitend bis 20.000 Volt“, erklärt Rabbe. Sie können auf 3,75 Meter Länge ausgezogen werden &bdquo;und sind im Vergleich zu den alten hölzernen Einreißhaken ungleich leichter“.

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