Warburg

Denkmal des Monats: Wo es Metallindustrie in der Warburger Altstadt gab

Das 1526 erbaute Fachwerkhaus hat eine wechselvolle Geschichte und wäre im 20. Jahrhundert fast abgerissen worden. Wie das verhindert wurde. Und welche Metalle in dem Gebäude verabreitet wurden.

Das Eisenhoithaus in der Warburger Altstadt. | © Simone Flörke

13.09.2021 | 13.09.2021, 10:50

Warburg. Als Denkmal des Monats September hat der Vorstand des Denkmalvereins das in der Warburger Altstadt gelegene Eisenhoithaus an der Bernardistraße 12 ausgewählt. Elmar Nolte begründet dieses mit den Worten: „Das 1526 erbaute Fachwerkhaus gehört zu den ältesten Handwerkerhäusern in Warburg. Es ist das Geburtshaus des weit über Warburg hinaus bekannten Silberschmieds und Kupferstechers Antonius Eisenhoit." Die Verhinderung des 1975 geplanten Abrisses durch eine Kampagne der damaligen Gymnasiasten Reinhard Humburg, Elmar Nolte und Johannes Wasmuth habe gezeigt, dass es sich lohne, sich ehrenamtlich für den Denkmalschutz zu engagieren.

Das Haus zeigt sich heute als ein zweigeschossiges, giebelständiges Fachwerkhaus mit einer Grundfläche von 10,80 mal 13 Metern. Der Giebel kragt über knaggenunterstützte Stichbalken vor. Die sieben Gefache breite Straßenfront beinhalte ein aus kräftigen Balken gezimmertes, leicht spitzbogiges Portal mit einer Inschrift, die auf den Mai 1526 verweist. Auf der mittleren Knagge über dem Portal befindet sich ein Helm (Eisenhut). In den Bogenbalken gibt es eine offenbar später angebrachte Inschrift aus großen Renaissancebuchstaben mit Serifen „JASPER.ISERENHOD". Das Bogenfeld ist mit Eichenbohlen, die mit Flachreliefs verziert sind, verschlossen. Dargestellt sind ein mittiges Rundfeld mit einer Frauenbüste, umrahmt von Rankenwerk, dem Drolerien, Tier-Maskarons und Arabesken entwachsen, sowie einen auf einen fliehenden Kranich oder Reiher zielenden Jäger.

Offenbar wurde das Haus um 1570 umgebaut und im Bereich des Eingangs mit einer Zwischendecke versehen, die eine solche Schließung des Bogenfeldes durch ein Tympanon erforderte. Der Giebel mit seiner zweiten, geringeren Vorkragung, den dreifach verriegeltem Fachwerk, den symmetrisch angeordneten Diagonalstreben und den beiden Außenluken verweist auf eine weitere Erneuerung in der Zeit um 1700. An der rechten Traufseite haben sich Reste des bauzeitlichen Ständerfachwerkes mit Schwertungen erhalten.

Inschrift im Portal

Wie der Portalinschrift und dem Helm auf der Knagge darüber zu entnehmen ist, wurde das Haus offenbar im Frühjahr 1526 durch eine Familie, die einen eisernen Helm als Zeichen führte, errichtet. Beim Bauherrn wird es sich wohl – wie andernorts vermutet – nicht um den Vater, sondern eher den Großvater des 1553/1554 in Warburg geborenen Silberschmiedes und Kupferstechers Antonius Eisenhoit handeln. Das Haus war ursprünglich, wie eine 1983 durchgeführte sanierungsbegleitende bauhistorische Untersuchung ergab, zwei Gefache breiter und hatte zudem einen Speicherstock mit einer Reihe von Fußstreben am Giebel, wie sie noch an anderen Häusern der Zeit in Warburg zu finden sind. Innen beinhaltete es eine hohe, zweigeschossige Längsdeele, die sich im hinteren Teil in die Seitenschiffe öffnete. Die Kammern in den Obergeschossen der Seitenschiffe wurden durch eine steile Wangentreppe und eine auf Kragbalken an der Deelenwand angebrachte Galerie durch Spitzbodentüren erschlossen. Zahlreiche originale Bauteile der Zeit, wie Kopfbänder, Holzsäulen, eine Treppenwange, ein dazu passender Handlauf, Fensterzargen blieben durch Zweitverwendung vor Ort erhalten.

In der Mitte des Hauses befand sich eine große, mit Ziegeln gepflasterte offene Feuerstelle, deren Reste 1983 ebenfalls dokumentiert wurden. Sie diente möglicherweise nicht nur als Herdstelle und zur Beheizung des Hauses, sondern auch als Schmiedestelle der Bewohner, die nach ihrem Namen und dem Hauszeichen nach offenbar schon zur Bauzeit sich mit der Herstellung von Rüstungen und später auch mit feineren Metallarbeiten beschäftigte. Damit wäre das Haus, wie auch das „Glockengießerhaus" an der Bernardistraße 23 und das „Kannegeterhaus" an der Josef-Kohlschein-Straße 22 ein weiterer Beleg für die damalige Existenz einer differenzierten Metallindustrie in der Warburger Altstadt.

Der auf den Bogenbalken eingeschnitzte Namen „JASPER ISERENHOD" und das oben beschriebene Brett-Tympanon sind stilistisch der Zeit um 1560 bis 1570 zuzuordnen. Ob Jaspar Iserenhod der Vater von Anton Eisenhoit war, ist unsicher. Jedenfalls wurde das Haus während der Zeit umgebaut. Dabei erfolgte die Einbringung einer Zwischendecke im straßenseitigen Teil der Deele mit Schließung des Bogenfeldes, die Verkürzung der Galerie und die dadurch notwendige Verlegung und Erneuerung einer Zimmertür durch einen rundbogigen und mit gedrehten Bändern verzierten Türstock in Renaissanceformen. Ca. 1585 bis 1603 betrieb Anton Eisenhoit nach umfangreichen Lehr- und Wanderjahren, die ihn auch zu einem mehrjährigen Arbeitsaufenthalt in Rom geführt hatten, selbst eine Werkstatt im Hause.

Zum Teil zerstört

Im 17. Jahrhundert wurde das Haus – möglicherweise in Folge des Dreißigjährigen Krieges – zum Teil zerstört und um 1700 in verkleinertem Umfang mit dem noch bestehenden Giebel wieder aufgebaut. In den 1950er-Jahren, möglicherweise anlässlich des 400. Geburtstages von Antonius Eisenhoit, wurde eine noch bestehende Gedenktafel am Hause angebracht.

Um 1960 gehörte das Haus einem Brennstoffhändler. Er ließ sich im Garten des Hauses ein zurückgesetztes Einfamilienhaus mit Büro und ein Gewerbegebäude erbauen. 1975 plante er, das Haus zusammen mit dem Nachbarhaus zugunsten eines Kohlen- und Heizöllagers abzubrechen. Dieses wurde durch eine Bürgerinitiative verhindert. 1981 wurde das Haus schließlich vom Bauunternehmer Klaus Stawitzki erworben, der es 1982 bis 1984 als Mehrfamilienhaus umbauen, zum Teil rekonstruieren und im äußeren Erscheinungsbild wiederherstellen ließ.