Die Kandidaten: Christian Haase nimmt Schwung auf

Beverungen. Das Wahlplakat der Christdemokraten am Ortseingang: Irgendjemand hat einen bunten Streifen als Balken über die Augen des Kandidaten geklebt. &bdquo;Ist das jetzt gegen die Partei oder mich gerichtet?“, fragt sich Christian Haase kurz. Manch einer lasse eben auf diese Weise Frust ab. Beunruhigender als die Sachbeschädigungen an den Straßenplakaten seien die Hass-Mails, die aggressiven Kommentare in den Sozialen Medien, die ihn seit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke erreichen. Durch Corona seien Sätze wie &bdquo;Auch Sie sollte man aufhängen“, die er nur allzu gern Gattin Sonja verschweigt, mehr geworden. Ein überklebtes Plakatporträt nehme man da kaum noch wahr. Eine öffentliche Person zu sein, daran hat sich Haase gewöhnt. Seit zwei Legislaturperioden sitzt der ehemalige Beverunger Bürgermeister im Berliner Bundestag. Jetzt strebt er eine dritte an. Der Anzug, &bdquo;wie eine Uniform“, sagt der Kandidat der CDU im Wahlkreis Höxter-Lippe. Daheim legt er ihn ab. Legere Kleidung: Dann sei er privat. Allerdings kennt auch Haase die Zeiten im Homeoffice. &bdquo;Na, auf Urlaub“, habe er des Öfteren beim Brötchenkauf gehört. &bdquo;Die Menschen verbinden den Politiker mit dem Anzug“, weis er. Der 55-Jährige schlägt die Füße übereinander, greift beim mittäglichen Gespräch im Biergarten des Hotels Stadt Bremen entspannt zum Kaffee-Pott. Im Anzug bei offenem Hemdkragen. &bdquo;Optimistisch, heimatverbunden und auf Augenhöhe“ Zwischen dem lauten Asphaltband der Ortsdurchfahrt und dem Gang ins Wohngebiet Richtung Schulzentrum, ein Wohlfühlort, bemerkt er. Für den Wagen einer ausgedienten Straßenbahn der Rheinischen Bahngesellschaft AG ein endgültiger Halt. &bdquo;Für mich ein Kommunikationsort“, sagt er. Er sei gern unter Leuten und setze sich mit Freunden an den Tisch. Ein öffentlicher fußläufiger Durchgangsweg, den viele im Ort nutzen. Man grüßt sich, wechselt ein paar Worte. &bdquo;Am Ende des Abends bin ich dann wieder auf dem neuesten Stand“, sagt Haase. Wenn er hier sitze, werde er als Christian angesprochen, werde nicht als Abgeordneter wahrgenommen. &bdquo;Find’ ich richtig gut“, fügt er an. Haase sucht das offene Gespräch. &bdquo;Optimistisch, heimatverbunden und auf Augenhöhe“. In Beverungen schätze er &bdquo;die besondere Herzlichkeit der Menschen“. Ein Menschenschlag, den er aber im gesamten Wahlkreis finde. Als Kandidat ringt er um die Wählergunst aller. Über kleine und große Räder, die er dreht Die eine Woche in Berlin, die andere im Wahlkreis, den er zuletzt mit 44,3 Prozent der Stimmen direkt für die Partei holte. &bdquo;Eine Hälfte des Jahres dreht man an den großen Rädern, die andere an den Kleinen“, bringt er es für sich auf den Punkt. Beides sei wichtig. &bdquo;Mein Kraftzentrum ist die Region“, mit der er sich eben mehr identifiziere als mit dem urbanen Leben. Die Kilometer dazwischen: In der Bahn könne er am Tablet &bdquo;mobil online arbeiten, offline zwischen Göttingen und Lauenförde“, sagt Haase. Nach der Parlamentsdebatte am Dienstag zwangen ihn die streikenden Lokführer zur Heimfahrt ins Auto. Formal sei der Haushalt 2022 diskutiert worden. &bdquo;Makulatur“, bemerkt Haase mit Blick auf eine neue Regierungskoalition nach der Wahl. Herausgehört habe er &bdquo;Hochzeitsangebote“, allerdings kein Ja-Wort auf offener Bühne. Haase kennt das Geschäft. Den beschlossenen Aufbauhilfe-Fond für die Flutopfer begrüßt er. Die persönliche Nähe zu den Katastrophen-Gebieten: Tochter Vanessa wird der Liebe wegen an der Mosel bauen, da schaue er doch schon ein wenig genauer hin, gibt er zu. Positiv sei die große Hilfsbereitschaft so vieler gewesen. Die Helfer, die er traf, erzählten von der Dankbarkeit und dem guten Zusammenwirken der Hilfs- und Einsatzkräfte in NRW und Rheinland-Pfalz. "Nicht so wichtig, den Haaland zu machen" In den Medien untergegangen seien dagegen die beschlossenen 8,3 Milliarden für den Ganztag an den Grundschulen, bleibt Haase ganz kommunalpolitischer Sprecher seiner Fraktion. In der Position, in der er im ganzen Land unterwegs ist, genießt er Anerkennung bis hinauf in die Parteispitzen von CDU und CSU. Zwischen Bayern und Meck-Pom höre er von den Problemen in den Landgemeinden und städtischen Zentren. Doch werde unter den Parteien das Trennende betont und nicht über das Gemeinsame geredet. Haase hat sich vorgenommen, das zu ändern. Das Netzwerk, auf das er bauen könne, sieht er als Stärke. Es sei nicht so wichtig, &bdquo;den Haaland zu machen“, sondern Mannschaften zu organisieren. Als junger Mann hatte es der gebürtige Ottberger bis in die Kreisauswahl der C-Jugend geschafft. Vier Mal die Woche auch als Jugendbetreuer im Verein. Männer im T-Shirt und kurzer Hose: Auf dem Spielfeld sportlich unterwegs ist er heute im FC Bundestag. Dienstagabends. &bdquo;Als Stürmer begonnen, über den Vorstopper nun auch dort in der Defensive gelandet“, sagt Haase. Je älter er geworden sei, umso mehr sei sein Stellungsspiel in den Mittelpunkt gerückt, zieht er Bilanz. Als Westfale schon mal das ein oder andere Bier Kämpferisch werde er, wenn er Ungerechtigkeiten sehe. Auch einer der Antriebe fürs Mandat im Bundestag, wo die kommunale Ebene kaum mitgedacht werde. Was bedeuten die großen Entscheidungen für die ländlich strukturierten Gemeinden, welche Folgen haben sie in den Räumen, &bdquo;die nicht so dicht besiedelt sind“?. Haase denkt dabei beispielsweise an die E-Mobilität oder die Landwirtschaft. Mit Ministerin Julia Klöckner habe er ein Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums erarbeitet, das sich im Wahlprogramm wiederfinde. Dass davon im Internet nur der Kasten Bier, den die Kollegin von der Regierungsbank ihm schenkte, übrig blieb, ärgert ihn. Als Westfale könne man schon mal das ein oder andere Bier trinken, sagt er im Beverunger Biergarten bestimmt. Doch dafür sei es jetzt zu früh. "Karrieristen sind Foulspieler" &bdquo;Authentisch“, fällt ihm dann als Stichwort ein. Gerade im Wahlkampf sei Authentizität wichtig. Lebens- und Ausdrucksweise müssten übereinstimmen. Als bekennender Steak-Liebhaber könne er sich nicht zum Sprachrohr für Veganer machen, findet er ein Bild. Auch nicht um der Karriere willen. Karrieristen in der Politik seien Foulspieler. Politik mache man nicht für sich, &bdquo;sondern für Menschen“. Karrieristen seien unter den Kollegen in Berlin die Unbeliebten. &bdquo;Wie überall.“ Im Kardinal-Höffner-Kreis, dem Zusammenschluss von christlichen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Unternehmern und Wissenschaftlern werde über Wertvorstellungen geredet, sagt Haase. Der Katholik Haase, der als Lektor in der Kirche am Ambo steht, ist im Lenkungskreis. Aus den Diskussionen ziehe er Impulse, die er an die Region weitergeben wolle. Ohne missionarischen Anspruch. Jeder müsse selbst entscheiden, wofür er stehe. "Bei mir kam die CDU als Partei heraus" Im Wahlkampf stellte Haase seinen &bdquo;schwarzen Stuhl“ in Innenstädten und Privathäusern auf. &bdquo;Wir wollen auch die kleinen Probleme kennenlernen“, erklärt er. Am Wahlkampfstand und in öffentlichen Runden sei es dagegen wichtig, auf Unterschiede zwischen den Parteien aufmerksam zu machen. &bdquo;Wichtiger aber sind die vier Jahre dazwischen und dann das Ohr ständig am Bürger, in Unternehmen und gesellschaftlichen Gruppen zu haben.“ Der Politiker Christian Haase hat im Netz den Wahl-O-Mat bemüht und atmet auf. &bdquo;Gott sei Dank, bei mir kam die CDU als Partei heraus, die ich wählen sollte“. Er habe noch jede Menge Lust, im Bundesparlament etwas für die Region zu erreichen. Auch weil er sehe, dass die Stärkung des ländlichen Raums fruchte. &bdquo;Nicht nur die jungen Leute kommen aufs Land zurück.“ Diesen Schwung wolle er nutzen, nimmt er den Ball auf.

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