Warburg

Warburg-Altstadt: Ein alter Bahnhof im Stil einer romantischen Villa

Denkmal des Monats: Warum das Bahnhofgebäude an der abgebauten Strecke etwas ganz Besonderes ist – und wie es heute genutzt wird.

Der ehemalige Bahnhof Warburg Altstadt steht unter Denkmalschutz. | © Simone Flörke

10.08.2021 | 10.08.2021, 02:00

Warburg. Als Denkmal des Monats August hat der Vorstand des Denkmalvereins Warburg das Empfangsgebäude des ehemaligen Bahnhofes Warburg-Altstadt ausgewählt. Es zeige sich, dass es möglich ist, ein großes und für andere Zwecke gebautes historisches Gebäude auch nach Aufgabe der ursprünglichen Zweckbestimmung sinnvoll für aktuellen Bedarf (Ferienwohnungen) umzunutzen und zu bewirtschaften „und das hier gezeigte Engagement der Eigentümerfamilie gewürdigt werden soll", heißt es zur Begründung.

Baugeschichte

Bereits 1851 war die damals knapp 4.000 Einwohner zählende Stadt Warburg über die Bahnstrecke Kassel – Warburg an das Eisenbahnnetz angeschlossen worden und hatte in den Folgejahren ein stattliches Bahnhofsgebäude 1,5 Kilometer nordwestlich des Stadtzentrums bekommen. Es folgten 1853 die Weiterführung der Strecke nach Hamm und 1873 der Anschluss an die Obere Ruhrtalbahn. Da die Residenzstadt des Fürstentums Waldeck, Arolsen, über keinen Bahnanschluss verfügte, war im Warburger Bahnhof ein Fürstenzimmer eingerichtet worden. Schließlich wurde beschlossen, durch den Bau einer neuen Bahnstrecke auch Arolsen über Warburg an das Bahnnetz zu verbinden.

Die Planungen der Strecke einschließlich der Bahnhofsgebäude erfolgten in den 1880er-Jahren durch die Königliche Eisenbahndirektion Elberfeld, die zuvor auch schon die Obere Ruhrtalbahn geplant hatte. Eine besondere Herausforderung stellte zunächst die Überwindung des Höhenunterschiedes von über 43 m zwischen dem alten Bahnhofsgebäude und dem geplanten neuen Bahnhof südlich der Altstadt dar, die durch eine große S-Kurve mit mehreren Tunneln und einem langen Viadukt über das Diemeltal hinweg gelöst wurde.

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Die Pläne für das villenartige Empfangsgebäude wurden 1888 durch den Berliner Architekten Glasewald gefertigt. Die weiteren Bahnhofsgebäude an der Strecke (Welda, Volkmarsen, Külte, Arolsen) wurden in einem ähnlichen Stil offenbar durch das gleiche Planungsbüro errichtet. Am 1. Mai 1890 wurde die Twistetalbahn bis Arolsen eröffnet.

Architektur

Obgleich ebenfalls dem Historismus zuzuordnen, unterscheidet sich die Architektur des Bahnhofes Warburg-Altstadt erheblich von der des etwa 35 Jahre früher entstandenen Bahnhofes in der Neustadt. So wurde eine Symmetrie der Gesamtanlage vermieden, sondern durch eine L-förmige Gesamtanlage mit untergeordneten Anbauten und Dachaufbauten eine mehr romantisch-malerische Wirkung angestrebt. Die Konstruktion erfolgte nicht in Sichtmauerwerk, sondern aus Fachwerk, das in der Tradition der nahe liegenden Schiefergebirge mit Naturschiefer in unterschiedlichen Verlegemustern verkleidet wurde.

Zahlreiche Details, wie die starken Dachneigungen, die Schwebegespärre an den Giebeln und Details der verzierten Holzverkleidungen nahmen nicht nur regionale Traditionen auf, sondern folgten auch den Ideen des damals verbreitete Schweizerstils. Zuvor waren auch schon einige Bahnhöfe der oberen Ruhrtalbahn, wie der 1887 eröffnete Bahnhof Wrexen, in dem Stil gebaut worden.

Nutzungsgeschichte

Nachdem wenige Jahre später an der Ostseite eine Ergänzung durch einen Güterschuppen erfolgte, wurde der Bahnhof Warburg-Altstadt ein Personen- und Güterbahnhof. Dort hielten sämtliche Personenzüge, die von Warburg (Westfalen) aus in Richtung Volkmarsen, Korbach und Marburg (Lahn) verkehrten, nachdem sie nach zumeist siebenminütiger Fahrt gut fünf Kilometer durch das Warburger Stadtgebiet zurückgelegt hatten. Zur Bewältigung des Güterverkehrs gab es ein bis etwa 1965 bestehendes Ausweichgleis, das an einer Weiche neben dem Empfangsgebäude begann und an einer Weiche in unmittelbarer Nähe des Bahnübergangs neben der Angertwete endete.

Dieses Gleis ermöglichte sowohl eine Kreuzung als auch ein Überholen von Eisenbahnzügen. Überholt wurde so noch zu Beginn der 1960er-Jahre der im Bahnhof Warburg-Altstadt morgendlich rangierende Güterzug von einem Schienenbus, der es eiliger hatte, nach Volkmarsen zu gelangen. Auf der dem Bahnhofsgebäude zugewandten Seite befand sich ein Stutzgleis, dessen Prellbock vor dem Güterschuppen endete. Daneben befand sich eine Ladestraße und später ein Öllager. Dort stellten die Warburg-Altstadt passierenden Nahgüterzüge einzelne Waggons ab oder brachten sie wieder zum Güterbahnhof in der Neustadt. Das war jeweils mit einem langwierigen Rangieren durch eine große Dampflokomotive verbunden.

Niedergang

1957 verkehrten noch neun Personenzugpaare, die den Bahnhof Warburg-Altstadt täglich anfuhren, darunter auch der neu eingesetzte Nahverkehrsschnellzug N 3290/3291 nach Marburg, der ansonsten die meisten auf seinem Weg liegenden Stationen durcheilte. Aber schon im Sommerfahrplan 1962 waren die Personenzüge zwischen Warburg und Volkmarsen nahezu vollständig durch Bahnbusse ersetzt worden. 1965 fuhr nur ein Personenzugwagen mit dem morgendlichen Nahgüterzug mit und kam abends wieder mit ihm zurück.

Der Sommerfahrplan 1967 sah dann keinen Personenzugverkehr mehr vor. Der Güterzugverkehr fand 1977 sein Ende. Danach fuhren noch sehr gelegentlich Panzerzüge durch den Altstädter Bahnhof. Zum 31. Dezember 1982 wurde die Strecke aber stillgelegt, die erste Stilllegung einer Bahnverbindung in Warburg. Im Frühjahr 1983 erfolgte ihr Abbau. In Warburgs Altstadt erinnern an einen Bahnanschluss allein das Empfangsgebäude mit Güterschuppen, die überlebt haben, und ein Fahrradweg, der teilweise auf der alten Bahntrasse verläuft.

Das Bahnhofsgebäude wurde 1982 durch eine Familie erworben und unter Erhaltung zahlreicher Details behutsam als Wohnhaus umgebaut. 2015 wurden dort Ferienwohnungen eingerichtet.