Coronavirus wirbelt Warburger Wahlkampf durcheinander

Warburg. Die Nähe zu den Bürgern: Von Politikern aller Couleur ein oft beschworenes Wort. Gerade auf Wahlkampfbühnen und Parteiveranstaltungen. Doch die Corona-Zeiten machen es den Bewerbern um Landrats- und Bürgermeisterämter, um Kreis- und Stadtratsmandate schwer, sich entsprechend zu präsentieren. Körperliche Distanz ist da eher geboten. Die NW fragte bei den Kommunalpolitikern Tobias Scherf (CDU) und Eric Volmert (SPD) nach, wie sie über den Sommer ihren Wahlkampf führen wollen. Beide kandidieren für den Chefposten im Warburger Rathaus. Im Herbst soll in Nordrhein-Westfalen gewählt werden. Da bringt die Corona-Krise in den Vorbereitungen den Zeitplan durcheinander. Manche Parteien fordern daher eine Verschiebung des Termins 13. September, doch die Landesregierung sieht dazu derzeit keine Veranlassung. An dem Sonntag sollen erstmals seit 2009 in allen Städten, Gemeinden und Kreisen des Landes die Bürger ihre Räte, Bürgermeister und Landräte wieder gemeinsam wählen können. Bereits im November hatte sich der Warburger CDU-Stadtverband auf einen Bürgermeisterkandidaten festgelegt und Tobias Scherf aus Volkmarsen für die Kommunalwahl nominiert. Bürgermeister Michael Stickeln tritt nach vier Amtszeiten im Behördenhaus an der Bahnhofsstraße nicht mehr an. Er möchte als Landratskandidat für die Christdemokraten im Kreis Höxter ins Rennen gehen. "Wahlen stehen für die meisten nicht im Mittelpunkt" &bdquo;Aufgrund der Corona-Krise ändert sich die Möglichkeit des persönlichen Kontaktes bei Veranstaltungen sehr deutlich", sagt Scherf. Der 51-Jährige arbeitet derzeit als Regionalbeauftragter der Hessischen Landesregierung für Nordhessen. Wahlkampf bedeute &bdquo;Austausch mit Menschen". Der Bürger solle die Möglichkeit haben, ihn als Person kennenzulernen. Dass in den kommenden Monaten in den Gemeinden nicht die politische Meinungsbildung an erster Stelle stehe, ist Scherf klar. &bdquo;Nicht das Thema Wahlen steht für die meisten im Mittelpunkt, sondern der Gesundheitsschutz", weiß er. Und dies gelte es zu respektieren. Dennoch gelte es aber auch, &bdquo;kraftvoll Wahlkampf zu führen". Sich ein eigenes Bild vom Bewerber zu machen, sei unter den gegebenen Umständen schwierig. &bdquo;Da müssen wir andere Formate finden, die zeigen, wo man steht, welche Politik man für die Stadt im Auge hat." Scherf und die Christdemokraten möchten verstärkt die sozialen Medien nutzen. &bdquo;Über den Sommer werden keine Schützenfeste und Veranstaltungen stattfinden", sagt der Kandidat. Da werde es für die Vorstellung im persönlichen Kontakt eng. Um den Wähler dennoch zu erreichen, &bdquo;werden wir kreativ werden müssen." Dabei nimmt Christdemokrat Scherf auch traditionelle Formen wie Info-Flyer und Wurfsendungen in den Blick. Auf der einen Seite gelte es, die Epidemie-einschränkenden Regeln zu achten, auf der anderen Seite die Inhalte zu transportieren, &bdquo;für die ich und die CDU stehe". Er werde den Bürgern anbieten, &bdquo;auch online oder übers Telefon mehr über mich zu erfahren". Ob es zu einem gegenseitigen öffentlichen Rededuell zwischen den Bewerbern um den Ratshaus-Sessel kommen werde, &bdquo;müssen wir abwarten". Vom Dämmerschoppen bis zum Firmenbesuch: Einige Vorstellungsrunden hat der Kandidat aus Volkmarsen, der in jungen Jahren in Warburg das Berufskolleg besucht hatte, vor den Corona-Beschränkungen bereits absolviert. Ein Sommerfest war geplant. &bdquo;Die Themen und Fragestellungen für den Wahlkampf in der Stadt haben eine andere Priorität bekommen", sagt Scherf. &bdquo;Sie werden wiederkehren". Und dann läge es an den Parteien und der Verwaltung, Ideen und Lösungen zu präsentieren, bleibt er pragmatisch. Die persönliche Ansprache – erst einmal Fehlanzeige In Wirtschaftsfragen biete er allen Unternehmern das Gespräch an und verweise auf seine Smartphone-Nummer. Wichtig sei es ihm, sowohl von kleinen, mittleren als auch größeren Betrieben zu erfahren, &bdquo;was ihnen wichtig ist, wo der Schuh drückt und wo Verwaltung und Wirtschaft zukünftig enger zusammenarbeiten müssen". Zwar müssten die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz &bdquo;soweit wie möglich aufrecht erhalten bleiben, anderseits sollten aber Schritt für Schritt das Wirtschaftsleben wieder anspringen und Unternehmen Geld verdienen, auch um Beschäftigung mittelfristig sicherstellen zu können", schaltet Scherf dann ganz auf Wahlkampfmodus um. &bdquo;Wir haben jetzt lange abgewartet, ob es bei dem Wahltermin bleibt", sagt Scherfs Kontrahent von den Sozialdemokraten. Eric Volmert (31) spricht von Bürgersprechstunden in allen Warburger Ortschaften, die geplant gewesen seien, und dem Wahlkampf an den Haustüren, auf den die SPD in der Region seit Jahrzehnten besonders setze. An der Tür zu klingen, verbiete sich nun, sagt der Ortsvereinsvorsitzende. &bdquo;Mal sehen, ob und wie wir den Haustürwahlkampf dennoch führen können", schiebt er vorsichtig nach. Man werde das prüfen. &bdquo;Vielleicht mit Maske." Der Abstand müsse aber auf jeden Fall gewahrt bleiben. Volmert und die Parteikollegen denken auch an digitale Formate, die geschaffen werden müssten. Dabei blickt der 31-Jährige nach Bayern. Im Freistaat hatten die Kommunalwahlen trotz Corona-Krise stattgefunden. Bei den Stichwahlen am 30. März konnten die Wähler dann nur noch per Briefwahl abstimmen. &bdquo;Vielleicht können wir uns bei unseren Parteifreunden im Süden ein paar Digitalformate abschauen", bemerkt Volmert. Doch wohl eher ein Ding für die junge Generation Chaträume beispielsweise. Das sei doch wohl eher ein Ding für die junge Generation, schränkt er ein. Bestimmte Bevölkerungsschichten wie ältere Menschen oder Bürger in einigen Straßenzügen der Dörfer seien damit nur schlecht zu erreichen. Um die weißen Flecken in der Internetversorgung wolle er sich als Bürgermeister verstärkt kümmern, sagt er nebenbei. Flyer könne man dagegen immer verteilen. &bdquo;In die Briefkästen." Doch die persönliche Ansprache – erst einmal Fehlanzeige. Zur Wahlkampfstrategie gehörten zudem wöchentliche Info-Stände in der Stadt. &bdquo;Dafür werden wir keine Genehmigung bekommen", vermutet der Warburger SPD-Chef. Das Gespräch mit dem Bürger auf der Straße werde er doch arg vermissen. Im März sollte bereits eine erste Diskussion zwischen den beiden Bürgermeisteramtskandidaten in Dössel über die Bühne gehen. Abgesagt. Generell würden Versammlungen bis Ende August schwierig, sagt der Industriekaufmann und studierte Stadtplaner. Ein Podium mit Oberstufenschülern, das er sich im Pädagogischen Zentrum wünschte, sei jetzt wohl kaum vorstellbar. Ob die Diskussion in &bdquo;in den kurzen Septemberwochen vor dem Urnengang" umsetzbar sei, &bdquo;zweifelhaft". "Ein klassischer Wahlkampf wird nicht möglich sein" Dem Zeitpunkt, an dem sich die Parteifreunde &bdquo;in größerer Runde zusammensetzen können, um weiter zu planen und zu organisieren", schmachtet Volmert nicht wenig entgegen. &bdquo;Im Mai", sagt der Altstädter vage und hat Bilder von Abstands- und Hygieneregeln im Kopf. Ein klassischer Wahlkampf werde einfach nicht möglich sein, bemerkt er. Doch das gehe allen Parteien so. Dann macht auch Volmert ein wenig Werbung für sich: Er hoffe, als Stadtoberhaupt den in die Krise geratenen regionalen Betrieben &bdquo;unter die Arme greifen" zu können. &bdquo;Besonders den Handwerkern und kleineren Firmen", fügt er an. Um diese &bdquo;nicht ins offene Messer laufen zu lassen", müsse massiv Druck auf Bund und Land ausgeübt werden. Aufträge sollten in der Stadt gehalten, Überbrückungszahlungen nicht als Kredite ausgezahlt werden. Und bei allem Interesse an systemrelevanten Jobs in der Wirtschaft sollte auch der kulturelle Bereich in den Gemeinden nicht aus dem Blick geraten. &bdquo;Für Kulturschaffende und Künstler gibt es in der Krise keinen einzigen Fördertopf", schimpft Volmert dann – ganz klassisch – auf die große Politik.

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