Verkaufsoffener Sonntag an Karneval: Verdi stellt sich in Steinheim quer

Steinheim. Verkaufsoffene Sonntage sind ein ewiges Streitthema. Und schon des Öfteren sind Kommunen mit der Idee gescheitert, ihren gebeutelten Einzelhändlern einen zusätzlichen Öffnungstag am Sonntag zu verschaffen und den Bürgern ein vielleicht etwas entspannteres Einkaufserlebnis. 2020 hatte beispielsweise das Verwaltungsgericht in Minden die Geschäftsöffnung zum Märchensonntag in Höxter gekippt. Geklagt hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die anders als beispielsweise die beiden großen christlichen Kirchen, eine vehemente Verfechterin der Sonntagsruhe ist. Passend dazu: Gericht in Minden kippt verkaufsoffenen Märchensonntag in Höxter Nun will Steinheim einen zusätzlichen, vierten verkaufsoffenen Sonntag einführen: Neben Bier- und Kinderfest, dem Steinheimer Stadtfest mit Rochustag und dem Reineccius-Markt/Steinheimer Messe soll es künftig den Innenstadtgeschäften erlaubt werden, am Karnevalssonntag von 13 bis 18 Uhr zu öffnen. Immerhin ist da großer Rummel mit Karussells, Autoscooter und mehr auf der Marktstraße. Davon sollen auch die Einzelhändler ein bisschen. Der Steinheimer Plan ist nicht ganz neu Ganz neu ist der Plan übrigens nicht, früher schon war das Rummel-Wochenende verkaufsoffen, wie Steinheims Ordnungsamtsleiterin Anke Rüsenberg im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“ berichtet. Dann wurde der Sonntag aus der Liste gestrichen. Auf Initiative der Einzelhändler soll er nun wieder aufgenommen werden. Der Steinheimer Stadtrat folgte dem Wunsch seiner Geschäftsleute bereits in seiner Dezember-Sitzung. Und zwar einstimmig. Doch so einfach ist das in Deutschland nicht. Bevor eine Stadt die Sonntagsöffnung einführt, müssen alle relevanten Gruppen und Verbände dazu gehört werden. Neben der katholischen und evangelischen Kirche, denen der Sonntag ja eigentlich besonders heilig ist, sind das im Steinheimer Fall der Arbeitgeberverband Paderborn, der heimische Handelsverband, die IHK, die Handwerkskammer und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Die Argumente der Gewerkschaft Verdi Und bis auf Verdi ist des den angesprochenen Verbänden herzlich egal, wie Steinheim Karneval feiert und ob die Einzelhändler sich für die Jecken hinter den Verkaufstresen stellen. Sie haben entweder eine positive Stellungnahme abgegeben oder sich gar nicht geäußert, wie Steinheims Ordnungsamtsleiterin Anke Rüsenberg in einer Beschlussvorlage für die nächste Haupt- und Finanzausschusssitzung erklärt. Schweigen kann in diesem Fall als Zustimmung zu den städtischen Plänen gewertet werden. Lesen Sie auch: Weitere verkaufsoffene Sonntage gekippt - auch in OWL-Städten Verdi ist – wie bei solchen städtischen Ideen immer – absolut dagegen. Die Gewerkschaft vertrete die Interessen der Beschäftigten im Einzelhandel und spreche sich deshalb grundsätzlich gegen eine Ausweitung der Sonntagsöffnungen aus, schreibt Gewerkschaftssekretärin Nina Bergmann aus Bielefeld den Steinheimern. Gewerkschaft bezweifelt wirtschaftlichen Mehrwert Und dann listet die Gewerkschaft noch ihre Argumente auf. So sei der Sonntag ein besonderer Ruhetag, der für die gesamte Gesellschaft von großer Bedeutung sei. &bdquo;Die gesetzlich geschützte Sonntagsruhe gewährleistet eine Balance zwischen Arbeit und Erholung und stärkt das soziale Miteinander“, erklärt Bergmann. Für viele Beschäftigte im Einzelhandel stelle ein verkaufsoffener Sonntag eine zusätzliche Belastung dar, vor allem im Hinblick von Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ihre Lebensqualität würde noch mehr beeinträchtigt. Verdi bezweifelt zudem, dass verkaufsoffene Sonntage zu einem wesentlichen wirtschaftlichen Mehrwert führen. Das sei wissenschaftlich nicht belegt. Vielmehr würden Umsätze häufig nur von der Woche auf Sonntag verlagert. Und dann hat die Gewerkschaft noch einen konkreten Vorschlag und ist der Meinung, den Steinheimern erklären zu müssen, wie sie ihren Karneval in noch besseres Licht rücken könnten. Tipps für die Steinheimer Karnevalisten Ungekürzt heißt es in dem Schreiben: &bdquo;Wir erkennen die Bedeutung des Karnevals für Steinheim und seine Umgebung an. Jedoch sehen wir keine Notwendigkeit, die kulturellen und gesellschaftlichen Feierlichkeiten durch eine Öffnung der Verkaufsstellen am Sonntag zu ergänzen. Andere Maßnahme, wie die verstärkte Einbindung lokaler Vereine oder Sponsoren, könnten die Attraktivität des Karnevals fördern, ohne dabei in den arbeitsfreien Sonntag einzugreifen“, erklärt Reckmann. Großes Geheimnis gelüftet: Der neue Steinheimer Prinz mit elektrisierendem Charme Ob die Steinheimer Jecken gewerkschaftliche Nachhilfe in Sachen attraktiver Karneval brauchen, sei dahingestellt. Anke Rüsenberg kann aber zumindest die Verdi-Argumente zur Sonntagsruhe gut nachvollziehen. Sie verweist aber darauf, dass das Gesetz nun mal ausdrücklich Öffnungen am Sonntag zulasse und Steinheim wolle diese auch nutzen. Zudem habe die Gewerkschaft keine rechtlichen Hinderungsgründe genannt, weshalb die Ordnungsamtsleiterin keine Grundlage für eine Klage gegen die Sonntagsöffnung sieht. Hauptausschuss wird Argumente abwägen In anderen Fällen war die Gewerkschaft schon mal vor Gericht gezogen, vor allem, weil sie das Besucherinteresse weniger aufseiten der Veranstaltung als vielmehr auf dem Einkaufssonntag sah. In diesem Fall brachte aber nicht mal Verdi dieses Argument vor, denn man darf getrost unterstellen, dass die Steinheimer an diesem Wochenende vor allem närrisch sind. Und so wird der Haupt- und Finanzausschuss in seiner Sitzung am Dienstag, 28. Januar, die Argumente abwägen und über die so herrlich bürokratisch klingende &bdquo;Änderung der Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen in der Stadt Steinheim“ entscheiden. Die Sitzung, die um 18.30 Uhr in der Stadthalle beginnt, ist öffentlich. Die anderen Termine für verkaufsoffene Sonntage Übrigens: Den verkaufsoffenen Sonntag in Steinheim zu &bdquo;Regio Natura“ hat es noch nie wirklich gegeben. Das Konzept war kurz vor der Corona-Pandemie erarbeitet worden, konnte aber bis heute nicht umgesetzt werden. In diesem Jahr wird an diesem Datum das Stadtfest mit Rochustag gefeiert. Lesen Sie auch: Großes Stadtjubiläum in Steinheim: So will die Stadt feiern Verkaufsoffene Sonntage 2025: Hier in OWL haben Geschäfte geöffnet Ähnlich wie &bdquo;Regio Natura“ geht es dem einst so beliebten Reineccius-Markt mit Steinheimer Messe. Vor allem der Markt lief schon bei den jüngsten Auflagen nicht mehr wirklich gut. Die Corona-Pandemie versetzte diesem Fest dann den Todesstoß. Beides solle aber in irgendeiner Form wieder aufleben, sagt Anke Rüsenberg. Deshalb bleiben die verkaufsoffenen Sonntage vorerst in der Verordnung, auch wenn sie nicht genutzt werden.

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