Warum den Menschen im Kreis Höxter ein neues Jahrhundert-Hochwasser droht

Steinheim/Höxter. Es ist nach den wochenlangen Regengüssen und dem gewaltigen Starkregen am Morgen des 28. Oktober 1998 keine Überraschung mehr gewesen und doch sitzt der Schock tief, als die ersten Flüsse über die Ufer treten. Sowohl der Heubach als auch die Emmer können die riesigen Wassermassen nicht mehr auffangen. Mit Folgen. Straßen verwandeln sich in Seelandschaften, Spielplätze versinken im dreckigen Wasser und unzählige Keller und Häuser werden überflutet. Die Feuerwehr ist tagelang im Dauereinsatz, zahlreiche Menschen, darunter Kinder, müssen gerettet werden, die Schäden liegen in Millionenhöhe. Auf den Tag genau 25 Jahre ist das nun her und der Blick in die Historie zeigt: Schon bald könnte das nächste schwere Hochwasser drohen. Wie sind Stadt und Bürger darauf vorbereitet? Welche Vorkehrungen sind in den vergangenen Jahren getroffen worden? Und welche Bewohner Steinheims sind am meisten durch ein mögliches Hochwasser bedroht? Die Erinnerungen ans Jahrhunderthochwasser schwinden &bdquo;Alle verfügbaren Einsatzkräfte waren damals in der Stadt unterwegs“, sagt Uwe Niehörster, stellvertretender Leiter der Feuerwehr in Steinheim. &bdquo;Wir standen teils knietief im Wasser.“ Ad hoc an Details erinnern, kann sich Niehörster allerdings nicht. Zu viele Hochwasser habe er in den vergangenen Jahren miterleben müssen, wenn auch nicht so gravierende. Auch die Einsatzberichte aus den 90er-Jahren seien keine große Hilfe. &bdquo;Da stehen ein paar Eckdaten drin, aber das war’s. Heute protokollieren wir alles ganz genau, jeder Löschzug schreibt auf, was er wann wo gemacht hat. Das war früher ganz anders“, sagt er. Auch die Weser in der Stadt Höxter ist Ende Oktober über die Ufer getreten. Die Einsatzkräfte sind unter anderem in der Albaxer Straße im Einsatz gewesen. &bdquo;Es war schlimm, aber es hielt sich noch im Rahmen“, sagt Feuerwehrmann Thomas Kube, der damals vor Ort war. 35 Mal ist die Höxteraner Feuerwehr ausgerückt, dreimal sogar per Motorboot. Neben zwei Menschen haben die Wehrleute auch elf Schafe retten können. &bdquo;Ähnliche Hochwasserlagen erleben wir öfter, weitaus härter hat es 1998 Steinheim getroffen.“ Knapp alle 30 Jahre ereignen sich in Steinheim schwere Hochwasserereignisse Rund alle 20 bis 30 Jahre ereignen sich in Steinheim größere, teils tagelang anhaltende, Überschwemmungen. Allein im vergangenen Jahrhundert kam es gleich dreimal dazu: 1946, 1968 und eben 1998. Bei Letzterem überboten sich Zeitungen und Jahresmagazine im Anschluss mit ihren Schlagzeilen: &bdquo;Alptraum-Hochwasser“, &bdquo;Jahrhunderthochwasser“ und &bdquo;Das schlimmste Hochwasser in der Geschichte Steinheims“ sind nur einige der Titel. Die Gefahr, dass es bald zu ähnlichen Ereignissen kommt, ist nicht unbegründet. Schon jetzt sorgen Starkregenereignisse fast jährlich für vollaufende Keller und nasse Hauswände. So im Frühherbst 2021, als Schlammmassen die Lother und Hagedorner Straße herunterflossen. Noch immer sind knapp 200 Menschen allein durch die Emmer von einem mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig auftretenden Hochwasser bedroht. Das zeigt eine Hochwasserrisikokarte des Landes Nordrhein-Westfalen. Betroffen wären vor allem Bewohner an der Straße Am Kuhkamp, der Schiederstraße, der Höxterstraße und der Heubachstraße (siehe Grafik). Hausbesitzer sind nicht verpflichtet, sich vor Hochwasser zu schützen Sie alle verfügen laut dem Umweltministerium über keinen technischen Hochwasserschutz. Bei seltenen, aber dafür mit kräftiger Wucht auftretenden Hochwassern, die etwa alle 100 Jahre passieren, wohnen bereits knapp 250 Menschen in dem überschwemmten Gebiet. Eberhard Fischer ist bei der Stadt Steinheim für das Thema Umwelt zuständig und damit auch für Hochwasserschutz. Viel Geld und Zeit sei in den vergangenen Jahren in den Schutz der Bürger investiert worden. So wurden etwa Hindernisse in den Gewässerläufen beseitigt, um ein zügiges Abfließen des Wassers zu gewährleisten und Regenrückhaltebecken errichtet. Dämme fehlen allerdings bis heute. Gänzlich verhindern lassen sich Überflutungen nicht, daher appelliert Fischer an die Menschen. &bdquo;Es besteht keine Verpflichtung, sein Haus zu schützen, aber schon einfachste und günstige Mittel können helfen“, sagt er. Etwa Rückstauklappen im Keller oder das Hochsetzen von Lichtschächten. Neue App soll vor Hochwasser warnen - Testphase läuft Einen hundertprozentigen Schutz gebe es allerdings nicht. Um die Bürger künftig aber zumindest rechtzeitig zu warnen, arbeitet die Stadt derzeit an einer Hochwasser-App. Mit Sensoren werden bereits alle zehn Minuten die Wasserstände der Emmer und des Heubachs gemessen. Noch müssen weitere Daten gesammelt werden, bevor die App final veröffentlicht werden kann. Aktuell sei sie bereits für ein paar Tester freigeschaltet, so Fischer. Die App soll unter anderem erkennen, wie schnell sich eine potenzielle Flutwelle fortbewegt und somit vorhersagen, wie viel Zeit den Bewohnern bleibt. Oft sind das nicht mehr als 15 Minuten. Neu gebaut werden darf in den Risikogebieten übrigens nicht, gestellte Anträge werden abgelehnt. Das Hochwasser 1998 hat die Menschen bis zum 4. November in Atem gehalten. Und erst als das Wasser im Boden versickert ist, ist das ganze Ausmaß der Schäden sichtbar geworden. &bdquo;Für uns ging die Arbeit da erst richtig los“, sagt Feuerwehrmann Niehörster.

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