Ärtzemangel und geplatzter Glasfaserausbau beschäftigen Wählerinnen und Wähler in Nieheim

Nieheim. Zwei nominell parteilose Bewerber für das Bürgermeisteramt in Nieheim: Amtsinhaber Johannes Schlütz (Einzelbewerber) tritt am 14. September bei der Kommunalwahl gegen Mathias Koch an, der kein Parteibuch hat, aber für CDU und SPD antritt. Wie sich in der zweiten Fragerunde beim NW-Kandidaten-Check zeigt, sind sie bei wichtigen Themen inhaltlich gar nicht so weit auseinander. Johannes Schlütz (Einzelbewerber) Sorgen bereitet den Bürgern die schlechte Ärzteversorgung. Andere Kommunen im Kreis haben oder planen ein kommunales medizinisches Versorgungszentrum. Was sind Ihre Rezepte für Nieheim? Medizinische Versorgungszentren betrachtet Johannes Schlütz kritisch: &bdquo;Bisher konnte mir noch niemand erklären, wie die Gründung von medizinischen Versorgungszentren das Grundproblem, den eklatanten Ärztemangel in Deutschland, beseitigen kann.“ Das Gegenteil sei der Fall, meint Schlütz. &bdquo;Trifft man die Annahme, dass Ärzte nur noch rund 30 Stunden pro Woche im Schnitt in einem MVZ arbeiten werden, statt 50 bis 60 Stunden als Selbstständige heute, so müsste die Zahl der praktizierenden Mediziner gegenüber heute verdoppelt werden“, rechnet der Bürgermeister vor. Ein flächendeckender Aufbau von MVZs sei vor diesem Hintergrund &bdquo;vollkommen unrealistisch“. Runde eins zum Nachlesen: Finanzielle Not und große Projekte in Nieheim Was schlägt Schlütz stattdessen vor? &bdquo;Mein Rezept für Nieheim ist es, gemeinsam mit den praktizierenden Hausärzten in den kommenden vier bis fünf Jahren Nachfolger zu suchen und die existenten Praxen weiterzubetreiben – allein mit Blick auf die dort getätigten Investitionen“, sagt er. Auch der Nahverkehr wird sehr kritisch bewertet. Die Busse sind leer, das Nieheimer Stadttaxi wird nur selten genutzt, eine direkte Zuganbindung gibt es nicht. Wie wollen Sie konkret in den kommenden fünf Jahren das öffentliche Mobilitätsangebot in Nieheim verbessern? Das Nieheimer Stadttaxi werde Johannes Schlütz zufolge pro Jahr mittlerweile 1.000 Mal benutzt. &bdquo;Leere Busse, die vom Nieheimer Steuerzahler mit mehreren Hunderttausend Euro jährlich subventioniert werden, sind nicht mehr zeitgemäß“, findet der Amtsinhaber. &bdquo;Unsere Umfrage 2024 zeigt: Die Wahl des Verkehrsmittels hängt vor allem von Zeit, Kosten und Komfort ab – hier ist das Auto in unserer Region unschlagbar“, rekapituliert Schlütz. Alle Kandidaten im Überblick: Bürgermeister und Landrat in der Kommunalwahl 2025: Der Kreis Höxter hat die Wahl Entsprechend sähen die meisten Bürger den ÖPNV nüchtern. Die Erwartung, jede Fahrt per Bus abwickeln zu können, gäbe es in der Breite nicht. &bdquo;Auch wenn das neue System ab 2027 keine Mobilitätswende bringt, ermöglicht es erstmals Abruf-Buslinien – ein Schritt in die richtige Richtung“, findet der Bürgermeister. Das aus seiner Sicht vielversprechendste Projekt für den ländlichen ÖPNV stamme vom Verein Nemo Paderborn, dem Nieheim seit 2021 angehöre. Die Sewikom will die Nieheimer Ortschaften in den kommenden Jahren doch nicht mit einem Glasfasernetz ausstatten. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie verhindern, dass Nieheim digital abgehängt wird? Der Ausbau von Haus-zu-Haus-Glasfasernetzen ist, wie Johannes Schlütz weiß, extrem aufwendig und teuer. Die Mittel einer Stadt wie Nieheim seien für solche Zwecke extrem begrenzt. &bdquo;Selbst ein Bundesförderprogramm würde zu einem Eigenanteil der Stadt Nieheim führen, der in Summe mindestens drei bis vier Millionen Euro umfasst“, meint der Bürgermeister. Die Teilnahme an einem solchen sei bis auf Weiteres nicht absehbar. Auch interessant: Glasfaser nur in Marienmünster: Nieheim wird vom schnellen Internet abgehängt &bdquo;Wer trotz der Aufrüstung der Kupfernetze im Gemeindegebiet Probleme hat oder dringend auf stärkere Leistungen angewiesen ist, der sollte über eine Lösung über Satellit nachdenken“, rät Johannes Schlütz, &bdquo;die kostet nicht viel mehr als ein heutiger Anschluss, liefert aber an jeder Ecke Spitzenübertragungswerte“. Mathias Koch (für CDU und SPD) Sorgen bereitet den Bürgern die schlechte Ärzteversorgung. Andere Kommunen im Kreis haben oder planen ein kommunales medizinisches Versorgungszentrum. Was sind Ihre Rezepte für Nieheim? Für Mathias Koch ist klar, die ärztliche Versorgung ist eine Grundversorgung. &bdquo;Ich will jetzt aktiv für die Ansiedlung werben, nötigenfalls mit finanziellen Anreizen – aufgrund höchster Priorität“, kündigt der Bewerber an. Nieheim sei im Vergleich zu manch anderer Kommune zeitlich noch mehr oder weniger vor der Lage. &bdquo;Für mich ist die hausärztliche Versorgung jedenfalls kein alleiniges Thema der Kassenärztlichen Vereinigung – sondern eines der wichtigsten und dringendsten Themen der kommunalen Daseinsvorsorge“, konstatiert Koch und schließt daraus: &bdquo;Deshalb müssen wir uns jetzt verantwortungsvoll kümmern.“ Lesen Sie auch: Hausärztemangel im Kreis Höxter: Marienmünster baut, Höxter diskutiert Kommunale Modelle, wie sie andere Städte erprobten, wolle Koch offen prüfen, er denke aber, dass eine solide Gemeinschaftspraxis für Nieheim das Richtige wäre. &bdquo;Zu meinem Rezept für Nieheim gehört allerdings auch, alle lokalen Gesundheitsakteure mitzunehmen: von A wie Apotheke bis Z wie Zahnarzt“, so der Kandidat. Auch der Nahverkehr wird sehr kritisch bewertet. Die Busse sind leer, das Nieheimer Stadttaxi wird nur selten genutzt, eine direkte Zuganbindung gibt es nicht. Wie wollen Sie konkret in den kommenden fünf Jahren das öffentliche Mobilitätsangebot in Nieheim verbessern? &bdquo;Der Nahverkehr hat Schwächen“, gibt Mathias Koch zu. Busse seien oft leer, würden aber zu Stoßzeiten für den Schülerverkehr dringend gebraucht. &bdquo;Deshalb müssen sie vorgehalten werden – doch außerhalb dieser Zeiten brauchen wir attraktivere Angebote“, findet der Herausforderer. Ab 2027 werde das Linienbündel &bdquo;Kreis Höxter Nord“ neu vergeben. &bdquo;Aufgabenträger ist der Kreis, die Städte zahlen über Umlagen mit. Daher fordere ich mehr Einfluss für uns Kommunen, damit unser Geld sinnvoll eingesetzt wird“, meint Koch. Das Nieheimer Stadttaxi sei stark, findet Koch: &bdquo;Fahrgäste zahlen nur ein Drittel – ein unterschätztes Erfolgsmodell.“ Dieses Angebot habe Potenzial, daher wolle Koch es mehr vermarkten. So entstehe Mobilität, die wirklich genutzt werde. &bdquo;Auch Bedarfsverkehre, wie Holibri, Limo oder Anruf-Linien-Fahrten in Kombination mit einer besseren Fahrplanabstimmung sind hilfreiche Ansätze“, ist Mathias Koch überzeugt. Die Sewikom will die Nieheimer Ortschaften in den kommenden Jahren doch nicht mit einem Glasfasernetz ausstatten. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie verhindern, dass Nieheim digital abgehängt wird? &bdquo;Im Wahlprogramm meines Mitbewerbers stand 2020 der ,konsequente und vehemente Ausbau’ von Glasfaser“ erinnert Mathias Koch. Versprochen worden sei ein flächendeckendes Netz. Die Realität jedoch sei: &bdquo;Fast alle Ortschaften sind abgehängt“, meint Koch. &bdquo;Gerade bei einem Zukunftsthema wie Digitalisierung dürfen wir uns keine leeren Versprechen leisten, sondern müssen ehrlich sein“, unterstreicht der Bewerber um das Bürgermeisteramt. Das könnte Sie auch interessieren: Glasfaser im Kreis Höxter: Das ist die Ausbaubilanz der Sewikom &bdquo;Für mich ist klar: Vectoring ist nur eine Zwischenlösung. Nieheim braucht Glasfaser – flächendeckend. Daran werde ich arbeiten.“ Wenn ein eigenwirtschaftlicher Ausbau nicht absehbar sei, müsse darüber diskutiert werden, Fördermittel zu nutzen. &bdquo;Wir müssen aber auch über die finanziellen Auswirkungen diskutieren, denn es wird ein hoher Eigenanteil zu leisten sein“, gibt er zu bedenken. &bdquo;Mein Ziel dennoch: Jedes Dorf, jeder Haushalt, jedes Unternehmen soll die gleiche digitale Chance haben“, sagt Koch.

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