NRW-Minister Reul warnt in Nieheim: „Anschläge sind überall möglich“

Nieheim-Himmighausen. &bdquo;Wollen wir uns jetzt auf ihn stürzen oder später?“: Keine ungefährliche Formulierung, die da flüsternd durch die vorderen Reihen der Himmighäuser Festscheune zu vernehmen war – schließlich ging es dabei um keinen Geringeren als Herbert Reul. Gemeint war die Frage indes ganz und gar ungefährlich – der nordrhein-westfälische Innenminister war bei seinem Besuch jüngst schlichtweg das begehrteste Fotomotiv für Selfies der regionalen Politik-Prominenz. Klar, es läuft ja die Hochphase des aktuellen Wahlkampfs. Die größte Gefahrenquelle des Abends verortete der Innenminister stattdessen auch ganz humorvoll bei sich selbst: &bdquo;Es ist immer gefährlich, mir ein Mikrofon in die Hand zu geben“, ließ der bekannte CDU-Politiker sein Publikum wissen. Denn Reul redet gern. Und nahm sich auf Einladung des CDU-Stadtverbandes Nieheim am Montag auch durchaus viel Zeit dafür. Dabei im Fokus: die Innere Sicherheit, die zivile Verteidigung. Sicherheitslage im Falle eines Angriffs &bdquo;Die derzeit sicherste Sicherheit gegen die Russen ist, dass unsere Brücken zusammenbrechen, wenn sie kommen“: Reuls flapsig formulierter Satz – er selbst bezeichnete ihn als Kalauer – ging wohl dennoch tief in die Magengruben der Zuhörenden. Dass Deutschland im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung inmitten Europas oder &bdquo;nur“ bei der Notwendigkeit des Schutzes der Grenzen nicht gut aufgestellt wäre, ist längst kein Geheimnis mehr. Und dennoch ist es hart, es so klar zu hören. Allein auf marode Brücken lässt sich eben nicht wirklich vertrauen. Immerhin: &bdquo;Immer mehr Leute kapieren, dass wir dringend etwas ändern müssen. Wenn man sich mal anschaut, was sich in Sachen Ausstattung der Sicherheit, der Bundeswehr, in den vergangenen Monaten schon getan hat – das ist ja Wahnsinn“, so Reul. Diese Veränderung sei ein riesiger Erfolg, ein erster wichtiger Schritt. Und ein möglicher zweiter Schritt sei nun eine ähnliche Veränderung im Katastrophenschutz. Schließlich habe der Staat die Aufgabe, seine Bürger bestmöglich zu schützen. &bdquo;Dafür müssen wir uns Tag für Tag anstrengen, um immer noch ein bisschen besser zu werden“, ließ Reul seine Devise erkennen: &bdquo;Learning by erleben“. Innenminister zur Sicherheit bei Schützenfesten Allerdings: &bdquo;Selbst wenn ich den ganzen Tag zu Haus bleibe, kann mir die Hütte abbrennen“, so der Innenminister. Soll heißen: &bdquo;Wir dürfen nicht glauben, dass es die totale Sicherheit gibt – das ist Quatsch“. Und in noch klareren Worten: &bdquo;Es kann im Moment an jeder Stelle in Deutschland zu jeder Zeit ein Anschlag stattfinden“, so der 72-jährige Reul, &bdquo;aber das tut es nicht, sondern Gott sei Dank nur ganz selten“. Das größte Drama wäre es, deshalb nun liebgewonnene Feierlichkeiten ausfallen zu lassen. &bdquo;Man stelle sich vor, aus Angst gäbe es keine Schützenfeste mehr – unser ganzes Zusammenleben wäre vollkommen im Eimer“, so Reul. Deshalb suche der profilierte CDU-Politiker stetig nach anderen Lösungen für eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung, für mehr Sicherheit. Dabei wähle er gern kleine realistische Schritte, &bdquo;nie dicke Versprechen“ – denn mit Letzteren könne man die Menschen nur enttäuschen. Reul sorgt sich in Nieheim um das Vertrauen der Bürger &bdquo;Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen – dafür müssen wir in der Methode einiges ändern“, zeigte sich Reul in Himmighausen sicher. &bdquo;Derzeit würde ich sagen, dass wir in Nordrhein-Westfalen die am besten ausgestattete Polizei in ganz Deutschland haben – da wird ja richtig Kohle hineingepackt“, so der Innenminister. Gefährlicher Trend: Radikalisierung Jugendlicher in NRW mit rechter Gesinnung nimmt zu Dazu brauche es nun aber auch neue Regeln und Gesetze, mit denen die Polizisten besser arbeiten können – und zwar im Netz: &bdquo;Die größte Gefahr liegt heutzutage ja gar nicht mehr auf den Straßen und Plätzen, sondern im Internet“, so Reul. Dazu nannte er Schlagworte wie Rechtsextremisten, Linksextremisten, Islamisten, Cybercrime, Cybergrooming und Kindesmissbrauch. &bdquo;All das findet im Netz statt – und wir sind noch nicht gut darauf vorbereitet, weil uns die Spezialisten fehlen“, sagte Reul. Ein Lösungsansatz: Jährlich 50 der 50.000 Polizisten einen entsprechenden Studiengang bezahlen – &bdquo;ein kleiner Schritt, auf dem man aufbauen kann“. Knackpunkt Vorratsdatenspeicherung Viel diskutiert wurde in der großen Politik über die Vorratsdatenspeicherung. Wie wertvoll dieses Festhalten von Verbindungsdaten sein kann, führte der Innenminister noch mal deutlich an einem Beispiel aus: &bdquo;In der Weihnachtszeit vor zwei Jahren warnte ein auswärtiger Nachrichtendienst vor einem Mann, der wohl in Köln, Madrid und Wien Anschläge plante“. Reul über Vorratsdatenspeicherung: &bdquo;Desaster für deutsche Politik“ Eine erste Festnahme im Saarland führte nicht weiter, doch bei einem Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen konnte die Polizei ihn festnehmen und ihn mittels des hiesigen neuen Polizeigesetzes statt 48 Stunden gleich zwei Wochen in Gewahrsam nehmen. &bdquo;Denn für manche Ermittlungen braucht man einfach etwas mehr Zeit“, so Reul zur Gesetzesänderung. Für NRW-Innenminister gilt: &bdquo;Ermittlungserfolg darf nicht von Glück abhängen“ In diesem Fall hatten die ermittelnden Beamten Glück: Der Provider des Mannes speicherte die Daten des Telefons länger als er es gesetzlich muss – und so konnte man die Verbindung des Mannes zu einem tschetschenischen Terrornetzwerk ausmachen. Nur: &bdquo;Es kann doch nicht sein, dass so ein Ermittlungserfolg vom Glück abhängt – das ist doch unmoralisch. Das muss geändert werden“, so Reul. Und: &bdquo;In Düsseldorf sind Schwarze und Grüne da zusammen auf einem guten Weg“. In einigen Fällen müsse man das Recht eben dringend so gestalten, dass man auf die Gefahren im Netz besser vorbereitet ist. &bdquo;Es hilft ja nichts, wenn ich nach einem Terroranschlag gleich weiß, wer das war – wir müssen vorher wissen, wer so etwas plant“, so der Innenminister. Und: &bdquo;Wir müssen da jetzt liefern, um die Menschen in unserem Land noch besser zu schützen“. Wer laut Herbert Reul morgens besser im Bett bleiben sollte Um die Stimmung im Land dahingehend zu ändern, brauche er viel Unterstützung – auch die der Nieheimer Christdemokraten. Eben ganz viel Überzeugungskraft, in möglichst vielen Kommunen. Was Reul dagegen gar nicht leiden könne, seien die Schlaumeier, die immer alles besser wissen, sowie diejenigen, die einfach gar nichts sagen: &bdquo;Beide Typen sind anstrengend“, so der Minister, &bdquo;deshalb würde ich beiden Gruppen empfehlen, morgens einfach im Bett zu bleiben“.

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