Teure Feuerwehrhäuser: Die pure Verzweiflung in Nieheim

Nieheim. Es kommt recht selten vor, das SPD-Ratsherr Matthias Kros aus der Haut fährt und öffentlich die Faust ballt. Als Haus- und Notarzt vieler Nieheimer ist er schließlich gewohnt, selbst in extrem angespannten Situationen die Ruhe zu bewahren. Doch das Szenario, das sich mit Blick auf die Feuerwehrhäuser in Nieheim derzeit zusammenbraut, bringt ihn sehr in Rage. Ebenso wie seinen CDU-Kollegen auf der anderen Seite, Jan-Philipp Lakemeyer. Und Bürgermeister Johannes Schlütz bekennt: &bdquo;Ich habe auch keine Lösung.“ So geschehen in der jüngsten Bauausschusssitzung in Nieheim. Anlass war das Feuerwehrgerätehaus der Löschgruppe Holzhausen. Das entspricht – wie fast alle Feuerwehrgerätehäuser, längst nicht mehr den deutlich gestiegenen Anforderungen der Berufsgenossenschaft. Deren vorrangiges Ziel: Unfälle von ehrenamtlichen Feuerwehrleuten auf dem Weg zum Einsatz verhindern. Entsprechend gibt es beispielsweise Vorgaben für die Fahrzeughalle aber auch zur Schwarz-weiß-Trennung, also der fachgerechten Lagerung der Einsatzkleidung nach dem Einsatz. Die Stadt wollte deshalb das Feuerwehrhaus in Holzhausen preiswert im Zuge eines NRW-Förderprogramms sanieren und dafür gleich die Infrastruktur der Schützenhalle nebenan einbeziehen. Doch die geplanten Baukosten explodieren förmlich – ähnlich wie beim bereits begonnenen Projekt in Entrup. Ohne jeden Schnörkel 750.000 Euro würde eine Sanierung kosten, rechnete der Paderborner Architekt Wolfgang Just im Bauausschuss vor. Die Alternative, ein ganz schlichter Neubau &bdquo;ohne jeden Schörkel“, etwa 700.000 Euro. Etwa 200.000 Euro davon würde Nieheim gefördert bekommen. Dennoch sind dies Preise, die den Sozialdemokraten Matthias Kros fast in den Wahnsinn treiben. &bdquo;Ich komme zu dem Ergebnis, dass das für Nieheim einfach nicht mehr machbar ist“, erklärte er mit Blick auf die Prioritätenliste bezüglich der Sanierung der Feuerwehrgerätehäuser. Denn da steht Holzhausen gar nicht ganz vorn, sondern Eversen und Himmighausen. Holzhausen sollte nur vorgezogen werden, weil sich das Projekt scheinbar schnell und kostengünstig umsetzen lässt, während für Eversen und Himmighausen bereits feststeht, dass hier zwingend Neubauten notwendig wären. Die mutmaßlich noch teurer sind. Kros fürchtet, dass die Stadt dadurch in die Haushaltssicherung gezwungen wird und für jegliches anderes Vorhaben kein Geld mehr übrig ist. Er hatte deshalb bereits gegen den teuren Neubau in seinem eigenen Dorf Entrup gestimmt, der inzwischen mehr als 710.000 Euro kosten soll. "Nicht mehr umsetzbar" Ganz ähnlich argumentierte Jan-Philipp Lakemeyer von der CDU, der ausdrücklich unterstrich, dass er den ehrenamtlichen Einsatz der Feuerwehrleute sehr hoch schätze, gleichwohl sich die Stadt eine Sanierung oder den Neubau aller Feuerwehrgerätehäuser schlicht nicht leisten könne. Zumal ja noch Kosten für Ausstattung der Einsatzkräfte und Fahrzeuge hinzukämen. Er könne einer Sanierung in Holzhausen deshalb gar nicht zustimmen. Auch, weil die Sanierung der Gerätehäuser häufig gar nicht von den Kameraden selbst gefordert würden. Es seien Vorgaben &bdquo;von oben“, die Nieheim einfach nicht für jede Ortschaft umsetzen könne. &bdquo;Wir sollen und wir müssen, aber wir können nicht.“ Ein Punkt, an dem sich Bürgermeister Johannes Schlütz einschaltete. Die Grundsatzdiskussion gebe es an dieser Stelle jedes Mal, allerdings sehe er auch keine Alternative, als die Vorgaben umzusetzen. &bdquo;Außer eine Berufsfeuerwehr, die sich aber auch keiner leisten kann.“ Matthias Kros sah das ein bisschen anders. Für ihn sei eine Grenze erreicht, an dem Nieheim erklären muss, dass es nicht mehr machbar ist. So gehe es doch vielen kleinen Kommunen. &bdquo;Wir müssen mal ein Exempel statuieren“, forderte er seine Ausschussmitglieder auf. Er fragte die Verwaltung, was passiere, wenn die Stadt nichts tue. Dann, so entgegnete Schlütz, würden die Feuerwehrgerätehäuser nach und nach von der Berufsgenossenschaft gesperrt. Hilfsfristen nicht mehr einzuhalten Die Folge: Nieheim würde den Brandschutz und die Hilfsfristen nicht mehr sicherstellen können. &bdquo;Müssen wir dann alle in den Knast?“, fragte Kros und sagte gleich hinterher, dass er dazu bereit wäre. &bdquo;Lassen wir es doch darauf ankommen. Wir müssen endlich mal den Druck nach oben weitergeben“, erklärte der Sozialdemokrat. Tatsächlich, so stellte Bauamtsleiter Florian Greger dann wieder sachlich klar, dass im Falle des bewussten Nicht-Handeln die persönliche Haftung greift. &bdquo;Im Wesentlichen natürlich die des Bürgermeisters, aber auch von allen, die zur Verwaltung gehören. Dann stehen wir vor Gericht. Punkt.“ Allerdings wäre auch der Stadtrat nicht von der Haftung ausgenommen. &bdquo;Das sind Unfallverhütungsvorschriften. Wenn ein Unfall passiert und sie haben wissentlich nichts getan, sind sie dran.“ Ein Argument, dass die Entscheidungsträger nicht überzeugte. Weil sich nach knapp einer Stunde Diskussion keine Lösung andeutete und noch nicht abschließend geklärt ist, wie und ob sich Schützenverein und Feuerwehr auf eine gemeinsame Variante einigen können, wurde das Thema erstmal in den Ortsausschuss zurückgegeben. Ehrenoffizier sieht Frauen in Gefahr Im Bauausschuss Nieheim wurde bei der Beratung um die Sanierung des Holzhäuser Feuerwehrhauses nicht nur eine Grundsatzdiskussion geführt, sondern auch sehr auf Details geschaut. Allen voran Ludwig Berka, der als Ehrenoffizier der St.-Johannes-Schützenbruderschaft für die Schützen das Wort ergriff. Die waren vor allem mit der Toilettenplanung nicht einverstanden. Hintergrund: Das bisherige Toilettenhäuschen, das weichen soll, haben die Schützen gebaut, finanziell betreut und saniert. Künftig soll das stille Örtchen von Feuerwehr und Schützen zusammen genutzt werden. Das könnte aus Sicht der Schützen vor allem dann ein Problem werden, wenn sie in Feierlaune sind. Berka: &bdquo;Die neue Toilettenanlage wird ziemlich mittig in das Feuerwehrgerätehaus integriert. Mit nur einem Zugang über einen Flur, der gemeinsam von Männern und Frauen betreten werden kann. Das stellt sich für mich als Hindernis dar. Ein bisschen Geschlechtertrennung sollte schon gegeben sein, aus dem einfachen Grund, dass wir hier von einem Schützenfest mit gut 400 bis 500 Leuten sprechen. Wenn die sich alle durch eine Tür quetschen müssen, weiß ich nicht, ob das für die Frau, die im Flur auf fünf besoffene Schützen trifft, immer gut ausgeht.“ Eine Anmerkung die von mehreren Ausschussmitgliedern aufgegriffen wurde mit dem Hinweis, dass es in anderen Ortschaften keine Hinweise auf Probleme dieser Art gebe. Weil offenbar wurde, dass Freiwillige Feuerwehr und Schützenbruderschaft in dieser Frage uneins sind, bot Architekt Wolfgang Just spontan an, kurzfristig einen neuen Vorschlag zu erarbeiten, in denen Feuerwehr und Schützen künftig völlig getrennt und unabhängig voneinander sind. Dieser könne sogar noch preiswerter werden, weil dann hohe Kosten für eine große Toilettenanlage entfallen würden. Die nunmehr vierte Variante soll dann zunächst im Ortsausschuss Holzhausen beraten werden, bevor sich erneut der Bauausschuss in Nieheim damit befassen wird.

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