Emotionale Debatte über Abbau von Wegkreuzen in Nieheim: „Ist beschämend“

Nieheim. In ihrer drastischen Wortwahl schienen sich die Bauausschussmitglieder und Nieheims Bürgerschaft überbieten zu wollen. Alle einte, dass sie in dem möglichen Abbau von Wegekreuzen einen direkten Angriff auf das lokale geschichtliche Erbe sahen. Dabei gingen sie nicht nur hart mit dem Vorschlag der Nieheimer Stadtverwaltung ins Gericht. Auch eine Landesbehörde wurde für ihr Vorgehen heftig kritisiert. &bdquo;Wenn Ursprung der Debatte nicht so ein tragischer Unfall gewesen wäre, könnte man von einem sehr schlechten Aprilscherz sprechen“, erklärte SPD-Ratsherr Ulrich Kros. Damit meinte er den Vorschlag der Nieheimer Stadtverwaltung, Flurkreuze und Bildstöcke dann abzubauen, wenn sie niemanden findet, der sich darum vertraglich festgelegt kümmert und wenn kein Denkmalschutz besteht. Die Verwaltung begründete ihr Ansinnen mit der Verkehrssicherungspflicht und der Gefahr von schweren Verletzungen. Damit spielte sie auf das tragische Unglück im Kreis Paderborn im vergangenen November an. Dabei war ein siebenjähriger Junge von einem schweren Wegekreuz erschlagen worden, als er dort spielte. Auch in Nieheim gibt es marode und bereits zusammengefallene Flurkreuze, wie die Stadt auf Bildern zeigte. Zurzeit lässt die Stadt die rund 70 auf öffentlichem Grund stehenden Anlagen vom ehemaligen Bauamtsleiter Franz-Josef Lohr auf ihre Standfestigkeit prüfen. Mit abschließenden Ergebnissen sei in sechs bis acht Wochen zu rechnen, erklärte sein Nachfolger im Amt, Florian Greger. Wie es dann weiter gehen soll, wollte die Stadtverwaltung aber schon vorab geklärt wissen und machte einen entsprechenden Vorschlag. Nieheims Bürgermeister Johannes Schlütz wehrte sich aber vehement gegen den Eindruck, die Stadt wolle nun massenhaft und rigoros die Wegekreuze abbauen, sondern Regelungen für die Zukunft treffen. Fast alle, so seine Einschätzung, könnten stehen bleiben. Aber eben nur, wenn sich wie in der Vergangenheit jemand finde, der die Verantwortung übernehme. Heftige Kritik am Landesbetrieb Straßen NRW Denn die Stadt könne das schon rein finanziell nicht leisten, erklärte Schlütz und beschrieb, wie aufwendig es sei, die Kreuze dauerhaft standfest zu machen. Diese müssten dafür teilweise hochgenommen und mit neuen Verankerungen versehen werden. Diesen Punkt griff wiederum Ulrich Kros auf. &bdquo;Mit jedem Wort, das sie sagen, wird es noch schlimmer“, entgegnete er Schlütz. Er glaube nicht, dass Bürger genau diese Verantwortung übernehmen können und wollen. Ähnlich argumentierten die Christdemokraten. Die Wegekreuze seien ein Teil unserer ländlichen Kultur, erklärte CDU-Ratsherr Werner Benning. Er sehe eine Verpflichtung der Stadt, sich für den Erhalt starkzumachen. Neben dem unbedingten Erhalt der Kreuze und Bildstöcke brachte Stadtheimatpfleger Ulrich Pieper noch einen anderen Punkt vor. Er kritisierte, dass im Vorfeld nicht mit den Ortsheimatpflegern gesprochen worden sei. Sie seien diejenigen, die sich mit eben diesen Fragen seit Langem ehrenamtlich beschäftigen und sich kümmern. &bdquo;Es ist beschämend, wie hier mit dem Ehrenamt umgegangen wird“, wütete Pieper, der nicht Mitglied im Ausschuss ist, aber seinem Ärger Luft machen durfte. Wiederum völlig einig waren sich Verwaltung, Ausschussmitglieder und Bürgerschaft in ihrer heftigen Kritik am Landesbetrieb Straßen NRW, der mit Ausnahme von denkmalgeschützten Bauwerken so ziemlich alle Wegekreuze und Bildstöcke von Landes- und Bundesstraßen verbannen will. Für die Himmighäuser Ortsheimatpflegerin Monika Hölscher-Darke ein Unding. Sie forderte die Stadtverwaltung auf, das zu verhindern. Am Ende wurde lange darum gerungen, was man nun beschließen soll. Die Ortausschüsse und Ortsvorsteher sollen Kümmerer für die Kreuze finden und im Dialog Unterhaltungsmaßnahmen besprochen werden. Der Passus, dass auch eine Nutzungsvereinbarung geschlossen wird und gegebenenfalls Kreuze abgebaut werden, wurde ersatzlos gestrichen.

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