Können riesige Photovoltaikanlagen ökologisch wertvoll sein?

Nieheim/Herste/Kreis Höxter. Um so größer, um so wirtschaftlicher. Auch im Kreis Höxter werden immer mehr Freiflächen-Photovoltaikanlagen geplant. So zum Beispiel im Warburger Ortsteil Scherfede, im Steinheimer Dörfchen Rolfzen am Schloss Thienhausen oder – das mit 14 Hektar Fläche am Berg das derzeit mit Abstand größte Projekt – in Nieheim-Oeynhausen. Und wie bei Windrädern ist die Diskussion um die Anlagen, die ein kleiner Baustein in der Energiewende sein sollen, in der Bevölkerung groß. So lehnte der Ortsausschuss in Scherfede die 0,8 Hektar große Anlage zwischen Bahndamm und Bundesstraße mit knapper Mehrheit ab. Es störe das Ortsbild, so der Tenor im Ausschuss. Der Warburger Rat hingegen überstimmte das Dorfgremium und startete das Bauleitverfahren. Auch in Steinheim-Grevenhagen lehnte der Ortsbeirat im vergangenen eine Freiflächenanlage ab. Dort zog der Investor seinen Plan daraufhin zurück. Im nur wenige Kilometer entfernten Bergheim wurde eine rund ein Hektar große Anlage im Industriegebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohnhäusern gebaut. Gegen den Widerstand der Bevölkerung. Die Größte im Kreis Nun also das größte Projekt in Nieheim-Oeynhausen. 14 Hektar groß soll die Anlage links und rechts der Bahnlinie am Berg werden. So der Plan von Investor Georg von Puttkamer aus Himmighausen. Wie in Warburg hat der Rat in Nieheim das Bauleitverfahren dazu gestartet. Allerdings mit dem Verweis, dass damit noch keine Entscheidung über den tatsächlichen Bau der Anlage gefallen ist. Lediglich die Diskussion darum sollte damit &bdquo;offiziell" gestartet werden. Die beiden Grünenvertreter stimmten dem Verfahren zu. &bdquo;Wir haben den Ratsbeschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes mitgetragen, weil allein so das Verfahren zur Einholung aller Stellungnahmen und Gutachten sämtlicher Träger öffentlicher Belange ordnungsgemäß starten konnte", so Grünen-Fraktionssprecherin Uta Lücking. Um den Diskussionsprozess weiterzuführen, luden sie alle Nieheimer Ratsfraktionen zu einem außerordentlichen Treffen an der Freiflächenphotovoltaikanlage der Bad Driburg Solar GmbH in Herste ein. Neben dem Grünen Bundestagskandidaten Nik Riesmeier nahm auch Nieheims Bürgermeister Johannes Schlütz teil. &bdquo;Bei besonders wichtigen Ratsentscheidungen", ergänzt Ratsfrau Patricia Arendes-Meyn, &bdquo;muss das theoretische Wissen, was vorhanden ist, mitunter auch durch solche praktischen Maßnahmen wie eine Besichtigung ergänzt werden. Schön, dass es dieses wunderbare Vorzeigeprojekt auch noch fast vor der Haustür gibt." Mehr Artenvielfalt Wer genau hinschaue, entdecke sehr schnell, was die Herster Anlage auch von den umliegenden Anlagen deutlich unterscheidet, so die Landschaftsarchitekten Sabine und Ulrich Cassel, die die Freiflächenanlage vorstellten. In Herste wurde der Solarpark in ein Biotop behutsam integriert. &bdquo;Denn obgleich die Fläche vorher als eine Gewerbefläche ausgewiesen war, so konnten wir dennoch vollständig den ökologischen Wert eines extensiven Offenlands realisieren", erklärt Ulrich Cassel. Der Abstand der Modulreihen beispielsweise sei viel breiter, damit Licht einfallen kann und mehr Bewuchs möglich wird, führt Sabine Cassel aus. &bdquo;Der Boden sei absolut uneben, so dass es nasse und trockene Bereiche gibt. Fauna und Flora haben sich in den vergangenen zehn Jahren derart einzigartig entwickelt und entwickeln können, dass der Mehrwert dieses Projektes für Natur, Umwelt und Artenvielfalt schon lange den reinen Ertragswert der Stromerzeugung übersteigt." Skuddenbeweidung, hochwertige Sekundärnutzung im Bereich der Erzeugung von Bio-Honig und eine lange Liste von wieder vorhandenen seltenen Pflanzen und Tieren stehen genauso auf der &bdquo;Haben-Seite" wie der Erhalt von sicheren feuchten Lebensräumen für Amphibien wie Feuersalamander, Bergmolche, Grasfrösche und Geburtshelferkröten. &bdquo;Selbstverständlich lässt sich dieses einmalige Konzept nicht vollständig auf andere Projekte übertragen", resümiert Bundestagskandidat Nik Riesmeier, &bdquo;aber es zeigt sehr deutlich, dass bei gutem Willen auf Seiten von Projektierern mit einem klaren Blick auf Ökologie, Artenschutz und Umweltschutz, immer mehr möglich ist, als eben der Durchschnitt aller Anlagen hergibt. Wer große und vielleicht wertvolle Landschaftsflächen für derartige Anlagen nutzen möchte, muss sich schon sehr viel Positives ausdenken, was an Mehrwert für Menschen, Tier- und Pflanzenwelt sowie Natur und Umwelt am Ende herauskommen soll – allein die Produktion von erneuerbarer Energie genügt dabei längst nicht mehr als Begründung für ein solches Vorhaben." Bürgerbeteiligung Abschließend fügte Uta Lücking mit Blick auf die Planungen in Oeynhausen hinzu: &bdquo;Wir sind gespannt, was die Gutachten an Erkenntnissen und Empfehlungen aufzeigen werden. Wir als Grüne betonen beinahe schon stereotyp, dass es in der besonderen Situation vor Ort von größter Bedeutung sei, dass die Bürger und Bürgerinnen selbst ihre Bedenken und Einwände in den verschiedenen Beteiligungsformen geltend machen können und angehört werden müssen. Vor Entscheidungen der Politik gehört das Gespräch mit denen, die am meisten betroffen sein werden." Auch die CDU hat inzwischen Stellung zur geplanten Anlage bezogen.

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