Oeynhäuser Mühle wird zur Wollmanufaktur

Nieheim-Oeynhausen. Schafe grasen auf der Wiese, im neu angelegten Garten wachsen die ersten Kräuter und die Feriengäste entspannen am fröhlich dahinplätschernden Bach. In Handarbeit entstehen einzigartige Produkte aus Wolle. WLAN? Fehlanzeige. Und so kann keiner die Idylle stören. So kann und soll sie aussehen, die Zukunft der Oeynhäuser Mühle, die etwas versteckt zwischen Bäumen am Ende der kleinen Nieheimer Ortschaft zu finden ist. Mit Tatkraft arbeiten Roland Kummer und seine Frau Corinna daran, ihre Vision zu verwirklichen. Für den Traum nach Ostwestfalen Aussteiger sind Roland und Corinna Kummer nicht. Ein Neuanfang tief in Ostwestfalen ist es aber allemal. Denn für ihren Traum haben sie ihr bisheriges Leben samt kleinem Eigenheim bei Tübingen hinter sich gelassen. Ganz freiwillig war das aber nicht. Roland Kummer war Qualitätsmanager bei der AVAT Automation GmbH und entwickelte mit seinen rund 70 Kollegen Automations- und Motorenmanagementsysteme für die Versorgungs- und Verfahrenstechnik. Es ging stets um Innovation und Effizienz. In der Freizeit engagierte er sich in der BUND-Ortsgruppe vor allem für Alternative Mobilität. Doch seine Frau Corinna wurde krank. Es dauerte, bis sie vor allem in der hochfrequenten Funksignale von WLAN und Handy die Ursache für das Leiden fanden. Eine besondere Geschäftsidee An diesem Scheidepunkt entschieden sie, ihr Leben vollkommen neu zu gestalten und fanden nach längerer Suche die heruntergekommene Oeynhäuser Mühle. Hier bauen sie sich gerade ein Leben im Einklang mit der Natur auf, wozu auch eine besondere Geschäftsidee gehört. Eine Wollmanufaktur. &bdquo;Ich habe festgestellt, dass die Wolle von vielen Schafen einfach entsorgt wird, weil es für große Industriebetriebe zu teuer ist, sie zu verarbeiten", erzählt Roland Kummer. Aus wirtschaftlicher Sicht für ihn zwar nachvollziehbar, aus ökologischer Sicht ein völliger Wahnsinn, ist Schafwolle doch ein wertvoller Rohstoff. Zudem: Kleine Schäfer gibt es in der Region genug. Und so hat sich Roland Kummer in den Kopf gesetzt, in seiner Wollmanufaktur den gesamten Prozess vom Waschen der Wolle bis zum fertigen Produkt sichtbar zu machen. Aber schon bei ersten Schritten begannen die Schwierigkeiten. Kummer suchte eine Filzmaschine, in der er jährlich rund 2.000 Kilogramm Wolle filzen kann und fragte bei verschiedenen Herstellern an. Die wiederum fragten zurück, ob er sich nicht vertan hätte und 2.000 Kilo am Tag meine, so wie es mittlere Industriemaschinen tun. &bdquo;Solche kleinen Maschinen, wie ich sie brauche, gibt es nicht einfach auf dem Markt." Fündig wurde er in einem kleinen Schweizer Bergtal, wo im Eigenbau eine solche Maschine entstand. Wolle, Filz und Vlies Inzwischen, Monate später, ist von dort eine Wollwaschmaschine in Oeynhausen angekommen und hat, wie auch der Picker zum Öffnen der Rohwollvliese, die Kardiermaschine und Nadelfilzmaschine ihren Platz im umgebauten alten Silo gefunden. Ende Januar soll es endlich mit der Verarbeitung losgehen. Das besondere der Wollmanufaktur in Oeynhausen: Durch die kleinen Einheiten kann die Wolle von jedem Schaf getrennt verarbeitet werden. Die Schäfer können, wenn sie möchten, die Vliese, Wollflocken und Filzmatten jedem Schaf einzeln zuordnen. Ein paar eigene Schafe hat die Familie auch. Einige, wie die Skudden Henry, Peter und Emma haben bereits Namen. Kreative Naturprodukte In der eigenen Nähstube will er eigene Produkte wie Sitzkissen, Tischsets, Taschen und vieles mehr herstellen. Der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt. Diese Naturprodukte, so der Plan, will Kummer dann auf den Märkten der Region wie beispielsweise dem Käsemarkt in Nieheim, verkaufen. Zudem möchte Roland Kummer die alte Turbine wieder in Betrieb nehmen, um die Produktion mit eigenem regenerativen Strom zu speisen. Damit könnte er einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und zugleich an alte Traditionen anknüpfen, denn früher war die Wollverarbeitung oftmals an Wassermühlen angesiedelt. Die Wollmanufaktur soll aber nicht das einzige Standbein sein, um das neue Landleben auskömmlich zu finanzieren. So gibt es in der Oeynhäuser Mühle zwei Ferienwohnungen im Obergeschoss des Wohnhauses, die die Namen Kornblume und Ringelblume bekommen haben. Die Familie wirbt mit Ruhe und Erholung ohne WLAN und andere funkende Geräte. Deshalb könne man bei ihnen mal so richtig abschalten. "Im Einklang mit den Rhythmen der Natur" Außerdem, so berichtet Corinna Kummer, soll ein Kräutergarten entstehen. Auch Obst von den Obstwiesen und den Sträuchern sollen ab Hof verkauft werden. &bdquo;Wir wirtschaften aus Überzeugung ökologisch und im Einklang mit den Rhythmen der Natur", sagen die beiden die ihren 16-jährigen Sohn Sebastian mit nach Ostwestfalen gebracht haben. Wermutstropfen in dem kleinen Paradies. Die Tochter hat den Schritt in ein neues Leben nicht mitgemacht und ist im Schwabenland geblieben.

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