Mammutprozess gegen vermeintliches Betrüger-Paar aus dem Kreis Höxter

Marienmünster/Paderborn. Möglicherweise war die Weisheit &bdquo;Kleinvieh macht auch Mist“ nie so wahr wie im Fall eines Marienmünsteraner Duos, das sich ab Ende August in einem wahrhaftigen Mammutprozess vor dem Landgericht Paderborn verantworten muss – unter anderem wegen einer Betrügerei, in die Schweizer Toilettenpapier verwickelt gewesen sein soll. Die Staatsanwaltschaft Paderborn wirft dem Paar jedenfalls zahlreiche Missetaten vor, die, zusammengenommen, in 28 Sitzungsterminen verhandelt werden sollen. Ausmaße, die manches Tötungsdelikt nicht erreicht. Über eine der angeklagten Taten hatte die NW bereits im April 2024 berichtet. Angeklagt vor dem Höxteraner Amtsgericht die damals 30 Jahre alte Michelle T. (Name geändert) und ihr Verlobter, laut Impressum Geschäftsführerin und Angestellter eines Vereins in Horn-Bad Meinberg. Laut Staatsanwaltschaft damals war er jedoch weniger ein Angestellter, sondern &bdquo;faktischer Geschäftsführer“. Im Namen dieses Vereins soll das Duo im November 2022 Radioreklame und Internetwerbung bei einer Bielefelder Firma in Auftrag gegeben haben. Und während die eine Vertragspartei ihren Teil des Deals erfüllte, soll die Werbung danach nie bezahlt worden sein. Vor dem Amtsgericht Höxter konnte Michelle T. im April 2024 nichts nachgewiesen werden, ihr Verlobter erschien aufgrund eines angeblichen Facharzttermins damals nicht vor Gericht. Handy-Betrügereien sollen über zwei Jahre gelaufen sein Die Strafverfolgungsbehörden müssen den Eindruck gewonnen haben, der Verein könnte weniger gemeinnützig sein, sondern eher den beiden Angeklagten zuträglich. Denn auch bei einer Reihe Handy-Betrügereien, die dem Paar vorgeworfen werden, kommt dem 2019 gegründeten Verein eine entscheidende Rolle zu. Auch interessant: Betrug mit PV-Anlagen: Seniorin aus dem Kreis Höxter verliert 150.000 Euro Von Juni 2019 bis August 2021 soll der Angeklagte 34 Mobilfunkverträge auf die Namen anderer Menschen abgeschlossen haben. &bdquo;Der Verein könne aufgrund dessen behaupteter Gemeinnützigkeit keine eigenen Mobilfunkverträge abschließen“, gibt das Gericht die angebliche Argumentation des Angeklagten wieder. Teilweise soll der Marienmünsteraner hier die Gutgläubigkeit seines jeweiligen Gegenübers ausgenutzt haben, teilweise wussten die Betroffenen wohl gar nichts von ihrem zweifelhaften Glück. Das Resultat soll jedoch laut Landgericht immer ähnlich gewesen sein: Das im Vertrag inbegriffene hochwertige Smartphone soll der Angeklagte verkauft und die im Vertrag angegebenen Personen auf den monatlichen Raten sitzen gelassen haben. Denn irgendwann forderten die Mobilfunkanbieter natürlich ihr Geld vom Vertragspartner ein. Blanko-Unterschriften tauchen plötzlich auf Quittungen auf In manchen Fällen soll der Verein sogar Teilsummen bezahlt haben, allerdings, wie das Gericht schreibt, nur &bdquo;in völlig unzureichendem Maße“. Ab und an jedoch soll der Angeklagte auch nur vorgegeben haben, die Menschen, auf deren Namen er Verträge abschloss, finanziell zu entschädigen, zum Beispiel, indem er sich Blanko-Unterschriften gegeben haben lassen soll, die er anschließend auf Quittungen eingefügt haben soll, um so zu suggerieren, dass der Verkaufserlös eines Handys ausgezahlt worden sei. Während all dies auf dem Mist des Angeklagten gewachsen sein soll, wirft die Staatsanwaltschaft der Angeklagten, Michelle T., vor, von allem gewusst zu haben und ihm dem Verein dazu gewissermaßen überlassen zu haben. Der Verein sei, so das Gericht, ein &bdquo;Gerüst“ gewesen, das verwendet wurde, &bdquo;um eine glaubhafte Legende zu erschaffen, welche den Dritten einen wohltätigen Einsatz wahrheitswidrig suggerieren sollte“. Außerdem führte das Paar ja eine Beziehung, so soll Michelle T. ebenfalls von dem angeblich erbeuteten Geld gelebt haben. Und das, wie das Gericht schreibt, nicht schlecht. Die Rede ist von &bdquo;einer dauerhaften Einnahmequelle von erheblichem Umfang“. Zudem soll zum Beispiel der Smartphone-Verkauf über eine Firma gelaufen sein, in deren Impressum sie stand. Schweizer Klopapier sollte in Deutschland vermarktet werden Weiter angeklagt sind unter anderem der bereits angesprochene vorgeworfene Radioreklame-Betrug sowie Steuerbetrug. Zu diesen eher klassischen Tatvorwürfen gesellen sich jedoch noch Vorwürfe, die sich lesen wie eine echte Räuberpistole. Im Spätsommer 2023 soll der Marienmünsteraner über die sozialen Medien mit einem Geschäftsmann aus der Schweiz in Kontakt gekommen sein, dessen Steckenpferd Schulmaterialien und vor allem Toilettenpapier waren. Der Angeklagte aus Marienmünster soll dem Unternehmensvorstand eine &bdquo;Zusammenarbeit mit einer Musikerin und Schauspielerin“ als Werbeträgerin für den Vertrieb des Toilettenpapiers in Deutschland in Aussicht gestellt haben. Dafür soll der Angeklagte dem Schweizer verschiedene Dienstleistungen angeboten haben, wie, ein Büro in Deutschland zu eröffnen oder das Toilettenpapier zu vermarkten. Geld soll aus der Schweiz nach Deutschland geflossen, aber sonst nichts passiert sein. Der Prozess beginnt am Donnerstag, 28. August, um 9 Uhr in Saal 106 am Landgericht Paderborn. Insgesamt sind 27 Fortsetzungstermine von August bis Mitte Dezember angesetzt.

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