Insolventes Krankenhaus in Holzminden: So reagiert die KHWE im Kreis Höxter

Holzminden/Höxter. Das evangelische Krankenhaus Holzminden ist insolvent. Das teilt die Klinik in einer Pressemitteilung mit. Demnach sei der Insolvenzantrag am vergangenen Freitag beim zuständigen Amtsgericht Holzminden gestellt worden. Auch die Agaplesion-Med-Versorgungszentren in Holzminden seien von der Zahlungsunfähigkeit betroffen, wie es weiter heißt. Als Grund nennt Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender des Mehrheitsgesellschafters Agaplesion gAG, die &bdquo;inflationsbedingten Kostensteigerungen“, die die finanzielle Situation, ohnehin seit längerem &bdquo;angespannt“, schließlich &bdquo;enorm zugespitzt“ hätten. Die Insolvenz in Holzminden sei jedoch &bdquo;ein Einzelfall im Agaplesion-Verbund“, einem Gesundheitskonzern mit Krankenhäusern in 22 Städten. Zwischen Holzminden, ein 20.000-Einwohner-Städtchen in einem 71.000-Einwohner-Landkreis, und Höxter liegen nur ein Fluss und wenige Kilometer Bundesstraße. Und in Höxter gibt es mit dem St.-Ansgar-Krankenhaus eine Vollklinik. Da liegt die Vermutung nahe, dass der eine oder andere, der freien Krankenhauswahl in Deutschland sei’s gedankt, den Weg über die Weser macht, um sich behandeln zu lassen statt auf niedersächsischer Seite zu bleiben. Gleichzeitig liegt Holzminden – ähnlich wie Höxter – geografisch am Rand des eigenen Landkreises. Aus manch einer Kommune ist da der Weg in einen anderen niedersächsischen Landkreis möglicherweise kürzer. Auf die mögliche Standortproblematik geht die Klinik in ihrer Pressemitteilung freilich nicht ein. Wohl aber auf ein anderes Thema: Corona. Seit der Pandemie registriere das Krankenhaus weniger Patientinnen und Patienten und damit auch weniger Einnahmen. Und dann ein zweites Mal Weltgeschichte. Russland greift die Ukraine an. Mehr oder weniger über Nacht steigen die Energiepreise, teils in astronomische Höhen. In den Wochen und Monaten danach wird auch alles andere immer teurer. &bdquo;Mit den nicht refinanzierbaren inflationsbedingten Personal- und Sachkostensteigerungen hat sich die finanzielle Situation (. . .) weiter enorm verschlechtert“. Zuletzt 15 Millionen Euro investiert So weit, so verständlich. Aber baut das Holzmindener Krankenhaus nicht gerade erst? Auch dieses Thema spricht das Krankenhaus in seiner Mitteilung selbst an. 15 Millionen Euro aus Eigenmitteln seien in den vergangenen Jahren in das Haus in Holzminden investiert worden. Unter anderem seien der Funktions- und OP-Bereich erneuert und modernisiert worden. Aktuell wird das Hauptgebäude erweitert. &bdquo;Wir haben in den letzten Jahren nichts unversucht gelassen und viel Zeit, Geld und Know-how investiert, um unser Krankenhaus in Holzminden unter schwierigsten Rahmenbedingungen wirtschaftlich zu stabilisieren“, wird Horneber zitiert. Während der Mehrheitsgesellschafter, wie gesagt, &bdquo;nichts unversucht“ ließ, wirft er der Politik Unterlassen vor. &bdquo;Wir erleben deutschlandweit bei mittlerweile über 50 Krankenhäusern und nun leider auch in Holzminden das, wovor viele Expertinnen und Experten und auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft seit langem gewarnt haben: ein unkoordiniertes Krankenhaussterben und einen kalten Strukturwandel. Die Gesundheitspolitik hat den Zeitpunkt, an der sich die Welle an Krankenhauspleiten hätte aufhalten lassen, verstreichen lassen“, lässt sich Horneber weiter zitieren. Statt Soforthilfen für den Inflationsausgleich auf den Weg zu bringen, werde auf die geplante Krankenhausreform verwiesen. &bdquo;Dieses Vorgehen fügt dem Gesundheitssystem und damit der medizinischen Versorgung der Bevölkerung in Deutschland irreparablen Schaden zu.“ Und nicht nur denen, sondern unter Umständen auch 400 &bdquo;hoch engagierten“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von ihrem Arbeitgeber am Montag in einer Versammlung informiert wurden. An die denkt auch Holzmindens Landrat Michael Schünemann in seinem Statement zur Krankenhaus-Insolvenz. &bdquo;Ich weiß, dass so eine Nachricht ein fürchterlicher Schlag ist, den es zu verdauen gilt. Ich bin aber ebenso überzeugt davon, dass es für die Beschäftigten gute Lösungen geben wird, die sie nicht im Regen stehen lassen.“ Kommt es jetzt zur endgültigen Schließung? Was danach klingt, als würde die Klinik geschlossen, muss das nicht unbedingt meinen. Schünemann macht klar: &bdquo;Die Insolvenz muss nicht zwingend eine endgültige Schließung bedeuten, ist aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider auch nicht auszuschließen.“ Entschieden ist – zumindest offiziell – also nichts. Auch nicht, was Infrastruktur betrifft, die auf ein Krankenhaus angewiesen ist. Den Rettungsdienst zum Beispiel. &bdquo;Das Krankenhaus ist nicht nur für die Stadt Holzminden, sondern für den gesamten Landkreis ein essenzieller Strukturfaktor in der Daseinsvorsorge. Die gesamte medizinische Versorgung der Region baut in wesentlichem Maße auf unserem Krankenhaus auf“, sagt Schünemann. Auf den Worst-Case, dass das Krankenhaus geschlossen werden könnte, scheint sich die Lokalpolitik derweil vorzubereiten. &bdquo;Wir (. . .) müssen in alle Richtungen planen, um für unsere Bevölkerung im Landkreis den bestmöglichen medizinischen Versorgungsstand aufrechtzuerhalten.“ Im ersten Schritt seien am Montag die Fraktionsvorsitzenden des Kreistages und die Hauptverwaltungsbeamten der Kommunen über die Situation unterrichtet worden. Die Katholische Hospitalvereinigung Weser-Egge (KHWE) mit rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kreis Höxter der mit Abstand größte Gesundheitsversorger im Kreis Höxter, zeigt sich im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“ erschüttert über die Insolvenz in der Nachbarschaft. Es ist bereits die zweite Insolvenz, seit Ende Juli die St.-Vincenz-Kliniken in Paderborn Insolvenz anmelden musten. KHWE-Sprecherin Isabell Waschkies sieht die Insolvenz in Holzminden als ein &bdquo;weiteres Beispiel für das politische Versagen auf Bundesebene“. Die KHWE nähme weiterhin, wie bisher auch, ihre Verantwortung und den Versorgungsauftrag für die Menschen der Region sehr ernst: &bdquo;Bereits heute behandeln wir eine Vielzahl von Patienten aus dem Landkreis Holzminden“, stellt sie klar. Millionendefizit im Kreis Höxter? Zu möglichen Konsequenzen oder zu Details der Insolvenz im Nachbarkreis wollte sie sich zunächst nicht äußern. Bereits nach der Insolvenz in Paderborn hatte die KHWE-Sprecherin klargestellt, dass die Politik der Bundesregierung sich auch auf die Klinikstandorte der KHWE in Bad Driburg, Brakel, Steinheim und Höxter auswirken werde. Welche Konsequenzen das sein werden, sei &bdquo;nach dem aktuellen Verhandlungsstand nicht absehbar und wird von der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung abhängen“. Da Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unverändert Finanzierungshilfen zur Kompensation inflationsbedingter Kostensteigerungen und Tariferhöhungen ablehne, &bdquo;rechnen auch wir für 2023 mit einem Millionendefizit“.

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