Trotz Flehens und Bettelns: Beverunger Discounter weist Kundin mit Bedürfnis ab

Beverungen/Kreis Höxter. Aldi, Lidl und Netto sanieren und modernisieren ihre Filialen überall im Kreis Höxter, um, wie sie sagen, ihren Kundinnen und Kundinnen ein modernes Einkaufserlebnis zu bieten. Vorbei ist die Zeit, da die Discounter auf jeglichen Komfort verzichteten und einfach nur mit den Preisen überzeugen wollten. Längst werben sie auch mit &bdquo;Luxus“-Eigenmarken, Bio-Produkten, gesunden Rezeptideen oder - für Supermarktverhältnisse - ansprechendem Filialdesign. Kunden-WCs suchen Notdürftige aber wohl in den meisten Märkten vergebens. Wie eine &bdquo;NW“-Leserin, die beim Einkauf in einem Discounter in Beverungen ein menschliches Bedürfnis überkam. Also sprach die Frau in ihrer Not jemanden vom Personal an. &bdquo;Die Frage, ob ich die Toilette für Beschäftigte benutzen könnte, wurde mit Nein beantwortet“, schildert sie: &bdquo;Ich habe gesagt bitte, bitte, bitte und musste weinen.“ Doch es blieb dabei. &bdquo;Begründung: Es sei ihnen aus rechtlichen Gründen verboten.“ Aber stimmt das? Von der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld erfährt die &bdquo;NW“, dass es &bdquo;keinen generellen gesetzlichen Anspruch auf Toilettennutzung für Kunden“ gibt. Die meisten Geschäfte und Lokale müssten auch kein Kunden-WC vorhalten. Welche Geschäfte und Betriebe müssen eine Toilette vorhalten? &bdquo;Anders stellt sich dies aber dar, wenn die Verkaufsstätte eine Gesamtverkaufsfläche von mehr als 2.000 Quadratmeter aufweist“, erklärt Oliver Horst von der IHK. &bdquo;Dann greifen in NRW die Regelungen der Sonderbauverordnung des Landes. Demnach muss dann eine ausreichende Anzahl an Toiletten vorhanden sein“. Aber keine Regel ohne eine gute Ausnahme. &bdquo;Es können unter Umständen aber auch vorhandene Toiletten in der Nähe angerechnet werden, wenn diese für die Kundinnen und Kunden zugänglich sind, das kann zum Beispiel in Shoppingcentern oder Bahnhöfen und so weiter der Fall sein.“ Lesen Sie auch: Vandalismus auf öffentlichen Toiletten – Stadt Beverungen zieht Konsequenzen Bei Betrieben mit Verkaufsflächen zwischen 2.000 und 3.000 Quadratmetern können auch Personal-WCs auch für Kundinnen und Kunden zur Verfügung gestellt werden, eigens für Kunden gedachte stille Örtchen sind dann nicht notwendig. &bdquo;Aber ein deutlich wahrnehmbarer Hinweis auf die Toilettenräume.“ Ein Schild zum Beispiel. Bei gastronomischen Betrieben gelten noch einmal andere Regeln Werden Toiletten angeboten, müssen die Toilettenräume barrierefrei sein, und mindestens ein WC müsse rollstuhlgerecht ausgestaltet sein. Das gilt auch, wenn Geschäfte die Toiletten freiwillig anbieten, wie Oliver Horst erläutert. Noch einmal komplizierter wird es bei gastronomischen Betrieben. Generell gilt: &bdquo;In einem Restaurant oder einem Café muss dann eine Kundentoilette vorhanden sein, wenn der Gastraum mehr als 200 Gästen Platz bietet.“ Bei kleineren Gaststätten wird oftmals die Vorhaltung von Gästetoiletten als Auflage erteilt. Ein Gäste-WC muss hingegen oft nicht zwingend vorhanden sein, wenn der Gastraum kleiner als 50 Quadratmeter ist, nur alkoholfreie Getränke angeboten werden oder wenn es nur Essen und Getränke zum Mitnehmen gibt, also keine Tische vorhanden sind. &bdquo;Hier kann dem Betreiber aber ebenfalls die Auflage erteilt werden, Toiletten einzurichten.“ Discounter haben Hausrecht und können frei entscheiden Der Discounter in Beverungen hat eine Verkaufsfläche von rund 800 Quadratmetern. Er ist also nicht verpflichtet, Kunden-Toiletten anzubieten. Aber was ist mit der Personal-Toilette? &bdquo;Inwieweit Einzelhändler Kunden die Nutzung von Personal-WCs ermöglichen, steht letztlich in ihrem Ermessen beziehungsweise diese Entscheidung fällt unter das Hausrecht“, erklärt Oliver Horst. Zum Thema: Wo Eltern im Kreis Höxter öffentliche WCs, Wickel- und Stillräume finden &bdquo;Dabei ist zu beachten, dass in vielen Betrieben auch sachliche Gründe gegen die Nutzung der Personal-WCs durch Kunden sprechen können – etwa, wenn die Personal-Toiletten nur durch Lager- oder andere interne Betriebsräume erreicht werden können“, schränkt Horst ein. Gleichwohl: Kulant und kundinnenfreundlich wäre es zweifelsfrei gewesen, der Leserin ein stilles Örtchen anzubieten. Die Beverunger Kundin hat es mit ihrem Bedürfnis übrigens kurz vor knapp in ein benachbartes Café geschafft. &bdquo;Im allerletzten Moment“, wie sie betont. Die rechtlichen Vorgaben hält sie mit Blick auf eine immer älter werdende Gesellschaft für nicht mehr zeitgemäß. Zukünftig, sagt die 63-Jährige mit Galgenhumor, werde sie wohl &bdquo;mit Pampers“ einkaufen gehen müssen.

Meistgelesen