Landwirte im Kreis Höxter: „Das A und O für uns ist, dass wir Gewinn generieren“

Kreis Höxter. Im ersten Teil des großen &bdquo;NW“-Interviews hatte Antonius Tillmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, erklärt, warum die Landwirte ein Jahr nach den Bauernprotesten vorerst keine neuen Demos planen. Im zweiten Teil sprechen er und seine Stellvertreter, Johannes Claes, über Tierhaltung, Nachwuchsprobleme und den aktuellen Windkraftboom. Geht eigentlich im Kreis Höxter der Fleischkonsum zurück? Antonius Tillmann: Nach dem Veggie-Hype und dem veganen Hype, den wir zwischenzeitlich hatten, merken wir: Der Fleischkonsum nimmt eher wieder zu. Unsere Wahrnehmung ist, das Fleischessen nicht mehr so hinterfragt wird, wie sich das einige wenige Prozent unserer Gesellschaft vielleicht auch wünschen. Wie sieht es mit dem Nutztierbestand im Kreis Höxter aus? Tillmann: Der ist nach wie vor rückläufig, das ist allein schon dem Generationswechsel geschuldet. Wenn niemand da ist, der den Betrieb weiterführt, dann werden natürlich Ställe geschlossen. Und nicht alle Ställe können von anderen Betrieben übernommen werden. Das ist einfach nicht immer wirtschaftlich. Dadurch gibt es kontinuierlich weniger Tierbestand. Den kann ich nur durch Nachwuchs kompensieren. Wie sieht es bei Ihren Kindern denn aus? Johannes Claes: Mein Sohn ist zurzeit in der landwirtschaftlichen Ausbildung an der landwirtschaftlichen Fachschule, will im Sommer 2025 als Agrarbetriebswirt den Abschluss machen. Ich bin in der Milchviehhaltung – und dann steht die Frage bei uns an, ob sich eine Investition lohnt. Denn der Betrieb ist aktuell in einer Größe, die für eine Familie reicht. Aber wenn mein Sohn voll einsteigen will, brauchen wir natürlich eine Perspektive für zwei Familien. Denn im Rentenalter bin ich noch nicht, das dauert noch etwa zehn Jahre. Die Zwischenzeit muss man natürlich überbrücken. Wenn er aber jetzt erst zehn Jahre außerhalb der Landwirtschaft arbeiten würde, würde er wahrscheinlich nicht mehr zurückkehrt. Tillmann: Wir brauchen auch klare Rahmenbedingungen, damit junge Leute sagen: Ja, ich glaube daran. Wir haben einen europäischen Markt und ein Stück auch einen Weltmarkt. Da müssen wir auch mithalten. Nach wie vor ist es so, dass in Osteuropa Tierhaltungsanlagen massiv gefördert werden mit EU-Geldern, während in Deutschland vornehmlich mit deutschen Steuergeldern Auflagen gefördert werden, die uns das Bauen deutlich teurer machen. Passend zum Thema: Bewegte Zeiten für die Landwirte im Kreis Höxter Der Nationalpark ist vom Tisch. Wie ist es bei der Landwirtschaft um den Naturschutz bestellt, Stichwort Vertragsnaturschutz? Claes: Das A und O für uns ist ja, dass wir, wenn wir eine Fläche bewirtschaften, einen Gewinn generieren. Denn wir sind ein Wirtschaftsunternehmen, ohne Gewinn funktioniert das Ganze ja nicht. Es nützt uns nichts, wenn wir Auflagen erhalten, ohne dabei Gewinn zu machen. Da muss eine Lösung gefunden werden. Tillmann: Ich favorisiere sehr kooperativen Naturschutz, dass wir als Landwirte da produktionsintegrierten Naturschutz betreiben können. Da kann ich natürlich auch als Milchviehhalter eine kleine Fläche, die extensiv bewirtschaftet ist, irgendwie mitbewirtschaften. Das Jungvieh oder die Trockensteher können das alte Futter mitverwerten. Aber eben nur einen Teil. Was wir brauchen, ist ein kreisweites Konzept, das zeigt, wo was gemacht werden soll. Als Beispiel nehme ich mal die Flurbereinigung Großeneder. Denn sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie Naturschutz und Landwirtschaft miteinander verbunden werden können. Die Eder hat dadurch deutlich mehr Platz erhalten. Wir brauchen Pläne darüber, wo wir was machen können, damit hinterher auch ein Ziel erreicht wird. Beispiel Blühflächen, die wir auch anlegen. Das haben wir natürlich auch oft an Straßen angelegt, nach dem Motto: Hier seht ihr, wie schön das ist. Aber das war für die Insekten suboptimal, denn die Insekten können dann vor den Autoscheiben landen. Besser ist möglicherweise näher am Waldrand. Wir brauchen ein Vernetzungssystem. Die Flächen sind ja da. Ebenfalls interessant: Nationalpark-Absage auch in Kleve: In Höxter gibt es neue Pläne für Schutzgebiet Ein Teil der Flächen wird für Windkraftanlagen genutzt? Tilmann: Machen wir uns nichts vor: Irgendwo muss die Energie herkommen. Bei der Windkraft habe ich den geringsten Flächenverbrauch. Wenn ich über Freiflächenphotovoltaik die gleiche Menge Strom erzeugen möchte, brauche ich 40 Mal mehr Fläche als bei Windkraft. Für die Grundeigentümer, das sind oft keine Landwirte mehr, sind die Windenergieanlagen natürlich auch ein schönes Zubrot, weil es da auch ein wenig an Pachtzahlungen gibt. Den Flächenverlust, den wir dadurch erleiden werden, gibt es zwar, aber damit können wir einigermaßen leben. Ich habe auch keine Lösung, wie wir ganz ohne das auskommen. Ist es nicht so, dass die meisten Windparks auf landwirtschaftlichen Flächen entstehen? Tillmann: Landwirte bewirtschaften ja nur noch 35 Prozent unserer eigenen Flächen, der Rest ist ja gepachtet. Damit haben wir natürlich auch Windkraftanlagen, in Bonenburg haben wir einen Windpark, ich bin der Einzige in Bonenburg, der aktiver Bewirtschafter im Windpark ist bei uns im Ort. Alles andere sind Grundeigentümer, die aber selbst nicht bewirtschaften. Da sind die Interessen unter Umständen schon etwas unterschiedlich. Eine Veränderung der Landwirtschaft wird es geben, massiv, das weiß ich auch. Wir müssen klar feststellen: Dinge verändern sich – und wenn wir in unserer modernen Welt weiterleben wollen, müssen wir auch damit klarkommen, dass es nicht so bleibt, wie es ist. Passend zum Thema: Nach massiver Kritik im Kreis Höxter: Kommt die Rettung aus dem Windkraft-Chaos? Es gibt ja da in Willebadessen und Warburg schon großen Streit. . . Tillmann: Die Bezirksregierung hat meiner Meinung nach nicht die glücklichste Position bezogen meiner Ansicht nach. Die Kommunen Warburg, Willebadessen und Brakel haben selbst ihre Windvorrangszonen ausgewiesen und die hat Bezirksregierung seinerseits klar gemacht: Wenn ihr das macht, wird das auch Bestand haben. Dass dort nun im Nachhinein Kriterien geändert wurden und über diese von den Kommunen ausgewiesenen Flächen noch zusätzliche Flächen erlaubt, halte ich persönlich für ein Unding. Das untergräbt auch komplett die politische Glaubwürdigkeit und das kann einfach nicht sein. Warum lässt man den Leuten vor Ort nicht die Freiheit, zu sagen: Okay, damit können wir leben. Lesen Sie auch den ersten Teil des Interviews: Ein Jahr nach den Bauernprotesten in Höxter: Sind die Probleme gelöst?

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