Haushaltsdefizit: Wie der Kreis Höxter finanziell wieder auf Kurs kommen will

Kreis Höxter. Die Zwei ist die Zahl des Abends. Denn der Gestaltungsspielraum des Kreises Höxter umfasst genau zwei Prozent. Und das ist, dafür braucht es kein Mathematikstudium, nicht allzu viel. &bdquo;Welcher private Haushalt kann mit so einer geringen Quote des frei verfügbaren Geldes über die Runden kommen?“, fragt UWG-Fraktionsvorsitzender Frank-Günther Zell und antwortet selbst: &bdquo;Keiner.“ Nun hantiert eine Kreisverwaltung aber auch mit etwas mehr Geld als eine herkömmliche vierköpfige Familie. 356,3 Millionen Euro will, wird, muss die Kreisverwaltung gemäß Haushaltsplanung im kommenden Jahr wohl ausgeben. Während voraussichtlich 353,3 Millionen Euro reinkommen. Bleibt ziemlich genau ein Fehlbetrag von drei Millionen Euro. Im kommenden Jahr wird der Kreis ins Sparschwein greifen müssen, um dieses Minus zu decken. &bdquo;Bei einer Fortschreibung dieses Defizitvolumens wäre das gesamte Eigenkapital unseres Heimatkreises, das Ende 2024 wohl noch 25,5 Millionen Euro beträgt, bereits in vier Jahren aufgezehrt“, erklärt Hermann Loges, Chef der Bürger für Höxter im Kreistag. Deswegen geht es den Kreistagsfraktionen vor allen Dingen darum, den Haushalt zu konsolidieren. Das ginge auf verschiedenste Weise. Per Umlage mehr Geld einnehmen? Denn nicht nur die Summen unterscheiden einen Kreishaushalt von Privathaushalten: Die zehn Städte des Kreises zahlen eine Kreisumlage, über die zum Beispiel das Jugendamt finanziert wird. Unter dieser ächzen die durch die Bank finanziell angeschlagenen Städte zusehends. &bdquo;Auch unseren kreisangehörigen Städten droht der finanzielle Kollaps und wir als Umlagehaushalt können diese nicht ohne weiteres mit einer ständig steigenden Kreisumlage belasten“, sagt Josef Lammers, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Kreistag. Zur Wahrheit gehört an dieser Stelle, dass der Kreis wiederum Umlagen an den Landschaftsverband LWL zahlt. Etwa 54 Prozent des Kreisetats werden so quasi einfach weitergereicht. Lesen Sie auch: Dem Kreis Höxter fehlen 18,1 Millionen Euro Von den Städten mehr Geld zu nehmen, scheint also keine gute Möglichkeit, zumal vier Einwendungen seitens der Bürgermeister gegen den Haushaltsentwurf des Kreises vorliegen, wie Josef Lammers erinnert. Führen Sparsamkeit und Verzicht ans Ziel? Was wird einem Privatmenschen gemeinhin geraten, wenn er finanzielle Probleme hat? Zu sparen. Sparen funktioniert glücklicherweise bei einem Kreis wie in der Familie ähnlich: Die freiwilligen Leistungen kommen auf den Prüfstand, seien es Kulturförderungen oder ein Ausflug in den Freizeitpark. Im Falle des Kreises kommen jetzt aber wieder die zwei Prozent ins Spiel. Denn nur in diesem Bereich könnte der Kreis sparen. &bdquo;Das scheint eine ausweglose Situation zu sein, zumal die Gemeindeprüfungsanstalt uns attestiert hat, dass wir eine Haushaltskonsolidierung aus eigener Kraft nicht stemmen können“, sagt Marion Ewers, Vorsitzende der FDP. Sie betont auch, dass &bdquo;alles Sparen auch Grenzen“ habe. Zum Beispiel, wenn es darum geht, die Infrastruktur in Schuss zu halten. &bdquo;An Bildung, kommunaler Infrastruktur, wie Straßen, Gebäuden, Schulen, Sportplätzen und so weiter hängt die Zufriedenheit der Bevölkerung direkt ab“, betont Ewers. &bdquo;Fakt“ sei jedoch, dass &bdquo;wir eine politische Debatte brauchen, was wir uns noch leisten können, wollen und sollen“. Zum Thema: Finanziell desaströse Lage: Der Kreis Höxter ist weitgehend fremdbestimmt Hermann Loges (BfH) steigt mit seiner Haushaltsrede in diese Diskussion mit ein und plädiert für das &bdquo;Soziale“. Ein Punkt, an dem manch anderer wohl gerne den Rotstift ansetzen würde. Loges betont, &bdquo;dass soziale Organisationen, wie die Caritas, die Diakonie, um nur zwei zu nennen, wichtiges staatliches Handeln ergänzen und dabei wichtige Arbeit mit Menschen und für Menschen leisten“. Aus seiner Sicht &bdquo;verpflichten uns die grundlegenden Werte, die unsere Gesellschaft prägen und tragen, zu sozialem Verhalten nicht nur der Menschen untereinander, sondern auch als wesentlicher Teil des staatlichen Handelns.“ Er könne einem Kreishaushalt nur dann zustimmen, wenn übergeordnete Werte, die alle auch das &bdquo;Soziale“ einforderten, &bdquo;weitgehend eingehalten“ werden. Was seiner Auffassung nach der Fall sei. Auch Frank Oppermann warnt im Namen der SPD-Fraktion davor, an den Schwächsten zu sparen. Die Landesregierung habe mit einem Einsparvolumen von rund 80 Millionen Euro &bdquo;ein regelrechtes Sparprogramm der sozialen Kälte“ aufgelegt. &bdquo;Diese Kürzungen treffen nicht nur die Kommunen, sondern auch die Menschen, die auf diese Leistungen angewiesen sind – Familien, Kinder, Seniorinnen und Senioren“, unterstreicht der Sozialdemokrat. Bund und Land in die Pflicht nehmen? Es gibt also vermeintlich freiwillige Ausgabenposten, an denen der Kreis schlicht nicht sparen kann oder aus Sicht der Fraktionen unter keinen Umständen sparen sollte. Und ohnehin scheint das Verzichten allein wenig erfolgversprechend zu sein. Wenn sparen nichts oder nicht genug bringt und auf den unteren Ebenen nichts zu holen ist, dann mag der Blick nach &bdquo;oben“ schweifen. Beziehungsweise in den Westen Düsseldorf und in den Osten nach Berlin. &bdquo;Lassen Land und Bund die Kommunen, Städte und Landkreise in ihrem Überlebenskampf fallen und alleine?“, fragt AfD-Fraktionsvorsitzender Norbert Senges und fordert Einwendungen. Und &bdquo;vielleicht auch den Mut“ zu haben, &bdquo;die eine oder andere Kette zu sprengen, welche uns erdrückt“. Auf Kuschelkurs sind aber auch die anderen Fraktionen nicht mehr. &bdquo;Somit fordern wir von der CDU-Kreistagsfraktion schon seit Jahren eine Anpassung im GFG“, wiederholt Josef Lammers. Das Gemeindefinanzierungsgesetz regelt unter anderem, wie viel Geld per Schlüsselzuweisung vom Land an die Kommunen fließt oder wie sehr die Kommunen am Steuereinkommen des Landes beteiligt werden. &bdquo;Eine deutliche Anhebung der Verbundmasse von 23 Prozent um mindestens ein Prozent ist zwingend nötig, besser und gerechter wäre ein Einsetzen in den alten Stand von 28,5 Prozent“, sagt Lammers. Lesen Sie auch: Wie viel Geld bleibt den Menschen im Kreis Höxter zum Leben? Frank Oppermann stößt für die SPD ins selbe Horn. &bdquo;Außerdem erwarten wir, dass bei der Zuweisung neuer Aufgaben durch das Land auch eine angemessene Finanzierung sichergestellt wird“. Wie es auch vorgeschrieben sei. &bdquo;Wenn das nicht geschieht, fordern wir die Verwaltungen in Stadt und Kreis auf, gegen die Landesregierung vor Gericht zu ziehen. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass die Kommunen immer wieder auf den Kosten sitzen bleiben, während das Land sich aus der Verantwortung stiehlt.“ Aber, Hand aufs Herz, wie wahrscheinlich ist es, dass es plötzlich Geld regnet? &bdquo;Es wurden schon einige Brandbriefe an die Landesregierung geschrieben – hoffen wir, dass der Funke überspringt“, sagt Frank-Günther Zell. Der auch, weil die Großprojekte B64-Ausbau zwischen Höxter und Hembsen sowie der Ausbau der B252 zwischen Peckelsheim und Warburg ins Stocken geraten sind, fürchtet: &bdquo;Liegen wir für die Landesregierung zu weit abseits?“ Alles andere als stockend laufe hingegen der Windkraft-Ausbau. Lokale Wertschöpfung und so mehr Geld durch Windkraft? Im Kreis Höxter als ländlicher Flächenkreis wird sich im Vergleich zu urbaneren Gegenden ein Großteil der Energiewende abspielen. Neue und weitere Windräder werden gebaut werden, genau so wie Photovoltaikanlagen. Ein, wie Josef Lammers betont, &bdquo;erheblicher Eingriff in Natur und Landschaftsbild“. Und für diese Eingriffe die Fraktionen gern eine Art Schmerzensgeld. In den Worten von Marion Ewers: &bdquo;Das muss auch belohnt und anerkannt werden“. Die Energiewende, ein typisch grünes Thema. Und auch eines, dem Fraktionsvorsitzende Martina Denkner den Großteil ihrer Rede widmet. &bdquo;Durch eine gestärkte privatwirtschaftliche Wertschöpfung vor Ort können kommunale Gebietskörperschaften mehr Steuern und mehr Abgaben einnehmen. Und da wird es natürlich interessant: Welche Branche hat da bei uns die Nase vorn?“, fragt sie und, wie in einer Haushaltsrede üblich, liefert gleich die Antwort hinterher: &bdquo;Der Bringer in Sachen Wertschöpfung hier bei uns ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien.“ Passend dazu: Landrat warnt vor massiven Veränderungen durch Windkraft im Kreis Höxter Denkner zitiert Untersuchungen der Uni Kassel. Forscherinnen und Forscher haben die Potenziale der Windkraft in den Kommunen Nordhessens unter die Lupe genommen: &bdquo;Für die Kommunen in Nordhessen bedeutet das ein Einnahmepotenzial von zwei Milliarden Euro insgesamt. Da würden sich die Kommunen hier im Kreis Höxter sicher auch drüber freuen.“ Kommunen in finanziellen Schwierigkeiten könne geholfen werden, ist Denkner überzeugt. Sie führt als Beispiel die Stadt Lichtenau an, die sich dank der Windkraft finanziell berappelt hat. Und sie verweist auch auf den Kreis-Haushalt, über den der Kreistag abzustimmen hat: &bdquo;Gebühreneinnahmen für WEA-Genehmigungen in 2025 voraussichtlich drei Millionen Euro.“

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