Städte im Kreis Höxter schlagen Alarm: Windkraftausbau völlig unkontrolliert

Kreis Höxter. Während bei Investoren und Betreibern von Windkraftanlagen Goldgräberstimmung herrscht, grassiert in einigen Rathäusern, aber auch in der Kreisverwaltung das blanke Entsetzen. Ein neues Gerichtsurteil öffnet dem völlig ungeregelten Ausbau der aktuell bis zu 285 Meter hohen Anlagen Tür und Tor. Vor allem Borgentreich und Marienmünster haben sich bei ihren Planungen auf falschen Expertenrat verlassen und völlig verkalkuliert. Nun haben die beiden Bürgermeister einen Brandbrief nach Berlin geschickt. Adressaten: CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und die anderen Fraktionschefs der demokratischen Parteien. Auch Landrat Michael Stickeln hat wieder einmal zu Stift und Papier gegriffen, um die Landespolitik vor den Folgen zu warnen. Der Hintergrund der &bdquo;Katastrophe“ im Kreis Höxter Dass es jetzt ausgerechnet Marienmünster und Borgentreich besonders hart treffen könnte, liegt an einer Entscheidung der Stadträte vor ziemlich genau einem Jahr. Sie hatten nach vielen Jahren Planung in die Neuausweisung eigener Windvorrangzonen gestoppt und sich ganz auf den neuen Regionalplan Wind für OWL verlassen, in dem für den gesamten Regierungsbezirk Flächen ausgewiesen werden sollen. Das Problem: Dieser Regionalplan soll erst im kommenden Jahr gültig werden. Lesen Sie auch: Windkraftplanung: Vollbremsung in Marienmünster - Zögern in Nieheim Rechtsexperten gingen damals aber davon aus, dass Anträge für Windräder außerhalb dieser Regionalplan-Zonen zurückgestellt werden können, weil ja seit Oktober 2023 inoffiziell bekannt ist, um welche Gebiete es sich handelt. Eine entsprechende Regelung kassierte allerdings das Oberverwaltungsgericht ein, weshalb die schwarz-grüne Landesregierung in Düsseldorf kurzfristig das Landesplanungsgesetz anpasste. Dies hat das Oberverwaltungsgericht jetzt als &bdquo;offensichtlich rechtswidrig“ eingestuft mit der Folge, dass in Marienmünster und Borgentreich fast überall Windräder gebaut werden können. .responsive23-w5n4D9SCVPsBvSKu-map-windenergie-owl-in-betrieb { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-w5n4D9SCVPsBvSKu-map-windenergie-owl-in-betrieb { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-w5n4D9SCVPsBvSKu-map-windenergie-owl-in-betrieb { padding-top: 142.86%; } } Kreis Höxter fürchtet Niederlage vor Gericht Der bisherige Beschluss bezieht sich zwar auf den Fall in Werl, Marienmünster erwartet in diesen Tagen aber eine Entscheidung zu einem ähnlich gelagerten Fall in Bredenborn, wo die Stadt aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Dorf das sogenannte &bdquo;städtebauliche Einvernehmen“ mit Blick auf die Regionalplanung verweigert hatte. Der Kreis stellte die Genehmigung auf Anweisung der Bezirksregierung daraufhin für ein Jahr zurück, wogegen der Antragsteller klagte. &bdquo;Dies ist sozusagen ein Schutzmechanismus, um den sogenannten Wildwuchs von Anlagen einzudämmen“, erklärt Kathrin Weiß, Leiterin des Fachbereichs Umwelt, Bauen und Geoinformationen des Kreises Höxter. Nun fürchtet man im Kreis Höxter ebenfalls eine Niederlage vor Gericht. &bdquo;Wir sind super enttäuscht“, erklärt Josef Suermann im &bdquo;NW“-Gespräch. Auch von der Arbeit der Landesregierung. &bdquo;Wenn eine solche gesetzliche Regelung vom OVG einkassiert wird, ist sie möglicherweise handwerklich schlecht gemacht.“ Denn das Gericht entscheide ja nicht willkürlich. Er spricht von einem Vertrauensverlust in die Gesetzgebung – auf die sich auch Marienmünster und Borgentreich verlassen haben. Windkraft-Lobby spricht von bundesweiter Bedeutung Und weil das Oberverwaltungsgericht im Beschluss gleich noch feststellt, dass &bdquo;grundsätzlich Überwiegendes dafür“ spreche, dass die landesrechtliche Aussetzungsvorschrift gegen eine Vorschrift des Bundesimmissionsschutzgesetzes verstößt, spricht die Windkraft-Lobby von einem Urteil mit bundesweiter Bedeutung. Weil andere Bundesländer ähnliche Regelungen haben oder einführen wollen. Während Landrat Michael Stickeln im Brief an die grüne Energieministerin Mona Neubaur von einer &bdquo;besorgniserregenden Entwicklung“ schreibt, warnen Borgentreichs Bürgermeister Nicolas Aisch und sein Amtskollege aus Marienmünster, Josef Suermann, in ihrem Schreiben, dass sich die Lage durch das Urteil in den Kommunen dramatisch verändert habe: &bdquo;Es droht ein Wildwuchs von Windenergieanlagen auf dem gesamten Gemeindegebiet beider Kommunen und darüber hinaus in der gesamten Republik. Von Steuerung kann hier keine Rede mehr sein“, heißt es in dem Brief, der der &bdquo;Neuen Westfälischen“ vorliegt. Dass dies nicht nur Angstträume der Verwaltungschefs sind, zeigte sich in den vergangenen Tagen. Seitens der Projektierer werde überall in beiden Stadtgebieten ungehemmt von der Möglichkeit der niederschwelligen &bdquo;Vorbescheide“ außerhalb der kommunal und regional geplanten Windenergiegebiete Gebrauch gemacht. Inzwischen sind schon 41 Anlagen außerhalb der geplanten Regionalplanflächen beantragt – und fast täglich kommen neue hinzu. Gesellschaftlich und politisch unabsehbare Folgen Stickeln fürchtet, dass die bisherige verlässliche Planungsgrundlage für den Windenergieausbau erheblich infrage gestellt ist. &bdquo;Eine solche Rechtslage könnte gravierende Auswirkungen auf die Planungssicherheit der Kommunen haben und auch die Akzeptanz der Windenergieprojekte in der Bevölkerung weiter gefährden“, warnt Stickeln Anlagen müssten an Standorten genehmigt werden, an denen sie planerisch nicht gewünscht sind. &bdquo;Hinzu kommt, dass eine Gesetzesinitiative zur Änderung des Baugesetzbuches auf Bundesebene im Raum steht, deren Umsetzung die Steuerungsmöglichkeiten für den Windenergieausbau ebenfalls erheblich schwächen könnte“, ergänzt Weiß. Lesen Sie auch: Landrat warnt vor massiven Veränderungen durch Windkraft im Kreis Höxter Gerade im ländlichen Raum, der für die Energiewende eine maßgebliche Rolle spiele, sei ein akzeptanzgesteuerter Windenergieausbau, bei dem die Belange der Bürgerinnen und Bürger vor Ort so weit wie möglich berücksichtigt werden, von entscheidender Bedeutung, schreiben Aisch, Suermann und Stickeln fast wortgleich. Landrat des Kreises Höxter warnt vor großem Vertrauensverlust Der Landrat fordert, dass die Menschen in den betroffenen Dörfern und Städten nicht nur miteinbezogen werden müssten, sondern auch direkt partizipieren. &bdquo;Ein ungeregelter Ausbau an ungeeigneten Standorten könnte das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine verlässliche Politik der etablierten Parteien hingegen erschüttern.“ Ob er damit auch die Entwicklung in der Willebadessener Ortschaft Löwen meint, die sich massiv gegen eine Umzingelung durch Windräder wehrt und bei der Europawahl plötzlich zu 28,5 Prozent die rechtspopulistische AfD wählte, ist offen. Lesen Sie auch: Planung für Windkraft: Auch die Stadt Willebadessen schiebt Frust Zumindest warnen Aisch und Suermann vor ähnlichen Entwicklungen: &bdquo;Wenn nun nicht ganz schnell ein bundesrechtlicher Rahmen geschaffen wird, der eine rechtssichere Steuerung des Windkraftausbaus ermöglicht, werden wir in der Bürgerschaft die Akzeptanz für die Energiewende und das Vertrauen in die Politik verlieren und die Wähler werden dies an der Wahlurne quittieren“, schreiben die Bürgermeister. Immer informiert bleiben: Erhalten Sie die aktuellen News der NW Höxter jetzt per WhatsApp!

Meistgelesen