Fördergelder zu knapp: Kita-Alternative im Kreis Höxter lohnt sich kaum noch

Kreis Höxter. Wie wird man Tagesmutter oder -vater? Wie läuft ihr Alltag und werden sie im Kreis Höxter angemessen bezahlt? Fragen, die der Verein Kitap, Kindertagespflege Höxter – ein Zusammenschluss von rund 45 Tagespflegepersonen im Kreis Höxter –, klären wollte, um auf ihre wichtige Aufgabe der Betreuung aufmerksam zu machen. Immerhin betreuen die insgesamt 77 Tagespflegemütter und -väter im Kreis Höxter 30 Prozent der U3-Kinder. &bdquo;Die Resonanz sagt genau das aus, warum wir hier sind“, sagte Vorsitzende Monika Gertkämper beim Infoabend im Höxteraner Rathaussaal. Die Bürgermeister, Kreistagsmitglieder und Vertreter des Jugendhilfeausschusses waren dazu eingeladen worden – gekommen waren lediglich wenige Gesichter aus der einen oder anderen Kreistagsfraktion sowie einzelne Vertreter der Kreisverwaltung. Bürgermeister waren nicht vor Ort. Der Verein Kitap, Tagespflege im Kreis Höxter, hat sich im vergangenen Jahr aus einem bestehenden Netzwerk aus Tagespflegepersonen gebildet. Den Vorsitz hat Monika Gertkämper, gemeinsam mit Katharina Bormann (zweite Vorsitzende), Madeleine Waldeyer (zweite Schriftführerin), Carlo Tischer (Kassenwart) und Karla Schwabe (Schriftführerin) bildet sie den Vorstand. Sie wollen die Kooperation mit der kommunalen Verwaltung und Politik weiter ausbauen und den Tagespflegepersonen im Kreis Höxter eine Stimme geben. Die Finanzierung der Kindertagespflege Denn Tagespflegepersonen arbeiten nur &bdquo;schein-selbstständig“: &bdquo;Wir sind zwar selbstständig, haben aber keine freie Preisgestaltung“, erklärte die Vorsitzende während des Infoabends in Richtung Politik und Verwaltung. Eltern zahlen für die Leistung der Tageseltern den von der Kommune festgesetzten Kita-Beitrag an den Kreis, der Kreis zahlt wiederum einen festgelegten Satz an Geldleistungen an die Tagespflegepersonen. Mehr gibt es nicht, denn in NRW gibt es ein Zuzahlungsverbot, ausgenommen davon sind beispielsweise Vergütungen von angebotenen Mahlzeiten. &bdquo;Das Geld zählt aber als Einnahme und muss am Ende versteuert werden“, klärte Gertkämper auf. Konkret für den Kreis Höxter heißt das, dass Tagespflegepersonen (sozialpädagogische Fachkräfte oder 300 Stunden Ausbildung ohne Qualitätssiegel) beispielsweise 1,78 Euro pro Stunde pro Kind für den Sachaufwand erhalten. &bdquo;Damit sollen die Betriebskosten gedeckt werden.“. Mit 3,66 Euro pro Stunde pro Kind wird die Förderleistung, also die pädagogische Arbeit am Kind, vergütet. Zu wenig, sagt der Verein. Lesen Sie auch: Neues Kitajahr: So stark unterscheiden sich die Elternbeiträge in OWL &bdquo;Die Leistungen sind in den vergangenen fünf Jahren um 0,08 (Sachaufwand) und 0,16 Cent (Förderleistungen) erhöht worden“, zeigte die Vorsitzende auf. &bdquo;Bis vor ein paar Jahren hat das noch gepasst“, doch die Kosten für Miete, Gas, Strom und Lebensmittel seien deutlich höher gestiegen. &bdquo;Allein die Mieten sind bei fast allen um zehn Prozent erhöht worden.“ Zwar gebe es seit diesem Jahr einen Mietzuschuss seitens des Kreises, doch auch der müsse versteuert werden. &bdquo;Viele rechnen sich das aus und beantragen ihn daher gar nicht erst.“ Der Verein Kitap stellt Forderungen &bdquo;Wir finden, da müsste was passieren“, forderte Vorsitzende Monika Gertkämper. Im Vergleich mit den Nachbarkommunen liege der Kreis Höxter bei der kommunalen Förderung für Tagespflegeeltern auf Platz 10 von 15. &bdquo;Es müssen ja nicht die 9,65 Prozent der im KiBiz festgelegten Fortschreibungsrate sein, wir wären schon froh über die Hälfte“, fordert der Verein eine Erhöhung der Geldleistungen. Lesen Sie auch: Zwischen 1,90 bis 7 Euro - Stundensätze für Tagesmütter schwanken stark Eine Umfrage unter den Tagespflegepersonen habe eine Auflistung an Betriebskosten ergeben. Bei fünf betreuten Kindern erhalten sie 1.349,50 Euro, hätten aber Ausgaben von bis zu 2.668 Euro – ein Minus von 1.318,50 Euro, das aufgrund fehlender Rücklagen von den Förderleistungen (bei fünf Kindern zu je 35 Betreuungsstunden: 2.777,20 Euro) aufgefangen werden müsse. Bleiben 1.456,70 Euro Gewinn – allerdings vor Steuern. Lesen Sie auch: Proteste haben nichts genützt: Kitas aus dem Kreis Höxter stehen vor dem Kollaps Die größte Bitte des Vereins sei daher, die Sachkosten und Förderleistungen der wirtschaftlichen Situation anzupassen. &bdquo;Immerhin fangen wir 30 Prozent der U3-Betreuung im Kreis Höxter auf, da bricht etwas weg, wenn Leute von einen auf den anderen Tag nicht mehr als Tagesmutter oder -vater arbeiten“, so die Vorsitzende. Da auch die Kindergartenplätze den Bedarf kaum deckten, stünde der Kreis aufgrund des Rechtsanspruches für einen Betreuungsplatz ab einem Jahr vor einem großen Problem. 77 Kindertagespflegepersonen arbeiten im Kreis Höxter Doch wie wird man Tagespflegeperson? Eine Ausbildung umfasst 300 Stunden nach dem Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege, hinzu kommen 80 Stunden Praktikum. &bdquo;Etwa 50 Prozent der Tagespflegepersonen haben eine sozialpädagogische Ausbildung“, erklärte Gertkämper, etwa Erzieher, Heilerziehungspfleger oder Sozialpädagogen. Im Kreis Höxter gibt es 77 Kindertagespflegepersonen, 41 arbeiten einzeln – betreuen also maximal fünf Kinder – und 36 arbeiten zu zweit oder zu dritt mit maximal neun Kindern in einer Großtagespflegestelle. 59 Kindertagespflegestellen gibt es insgesamt im Kreis Höxter, die bei Vollbelegung 162 (in der Großtagespflege) und 205 (einzeln) Kinder betreuen. Zudem gibt es verschiedene Modelle, die im Kreis Höxter angeboten werden, wie die tiergestützte Tagespflege, es wird Waldpädagogik angeboten und auch bilinguale (Englisch/Deutsch) und inklusive Tagespflege gibt es im Kreis. Im Gegensatz zu Kindergärten können Tagespflegepersonen flexible Zeiten und etwa auch zu Randzeiten oder über Nacht und am Wochenende eine Betreuung anbieten. Sie pflegen eine besonders enge Bindung zu den Kindern und ihren Eltern. Verein Kitap stellt vor: Die Arbeit als Tagesmutter und -vater Die pädagogische Arbeit hat einen großen Stellenwert bei der Tagespflege. &bdquo;Neben schlafen, essen, wickeln, trösten gibt es auch viel Arbeit am Kind“, erklärte Monika Gertkämper, selbst Tagesmutter in einer Großtagespflegestelle in Bad Driburg. Die ersten drei Jahre seien besonders wichtig in der Entwicklung eines Kindes. &bdquo;Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, heißt ein Sprichwort“, so die Vorsitzende. Lesen Sie auch: Kitas im Kreis Höxter fehlt es an Geld und Personal – was das für Eltern bedeutet So werde die Fein- und Grobmotorik gefördert, ein erstes mathematisches Verständnis erlernt (&bdquo;viele oder wenige Spielzeuge“) und auch Werte und Normen mit auf den Weg gegeben (&bdquo;Wir beißen nicht, das tut weh“). &bdquo;Es ist wichtig, kindgerecht im Gespräch zu bleiben, damit sich diese Dinge manifestieren“, so die Tagesmutter. Hinzu kommen Sprachentwicklung, Gesundheitsförderung und die Förderung der Kreativität, etwa durch Basteln, Malen und Musik. Hinzu komme natürlich die persönliche Bindung, die zum Kind aufgebaut werden muss. &bdquo;Ein Kind, zu dem ich keine Bindung habe, kann ich nicht trösten“, so Gertkämper. Lesen Sie auch: Mini-Kindergärten: Kindertagespflege als Erfolgsmodell? Neben der eigentlichen Betreuung der Kinder gehört auch die Elternarbeit zum Alltag der Betreuungspersonen. &bdquo;Wir sind im stetigen Austausch mit den Eltern, führen viele Gespräche auch zur Entwicklung der Kinder“, erklärte die zweite Vorsitzende Katharina Bormann. Diese Entwicklung müsse dokumentiert werden. Auch die Pflege der Außenanlagen und das Putzen der Räume, der Einkauf von Spielzeug, Lebensmitteln, Verbrauchsmaterial und – falls angeboten wird – das Vorbereiten der Mahlzeiten gehöre zum Berufsalltag. Tagespflegepersonen: Aufgaben als Unternehmer Hinzu kommen unternehmerische Aufgaben nach der regulären Betreuungszeit. &bdquo;Nach der Arbeit fängt die Arbeit erst an“, sagte Gertkämper. Denn neben der Weiterbildung durch Fortbildungen und Netzwerktreffen müssen Kindertagespflegepersonen auch Kennenlerngespräche führen und Werbung für sich und ihr Angebot machen. &bdquo;Mund-zu-Mund-Propaganda ist toll, reicht aber nicht immer. Viele haben einen Instagram-Account, um auf sich aufmerksam zu machen“, machte Gertkämper deutlich. Denn die Tagesmütter und -väter sind darauf angewiesen, auf sich aufmerksam zu machen. &bdquo;Ohne neue Eltern keine Kinder, ohne Kinder keinen Job und kein Geld, mit dem wir unseren Lebensunterhalt finanzieren“, fasste die Vorsitzende zusammen.

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